Motombo auf dem Vorstellabend der Kajuja am 22. Oktober 2022 im Theater am Tanzbrunnen.

Köln | Am gestrigen Samstagabend trafen sich rund 1.000 Jecke, darunter auch Fachpublikum, zum Vorstellabend der Kajuja Köln im Theater am Tanzbrunnen. Die jungen Bands sind grooviger, alte Hasen wie die Zwei Hillije brillieren und fast kein Redner oder Band verlässt die Bühne ohne Message oder zwei oder drei …

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Kölschraum, Ne Spätzünder und Scharmöör heizten das Auditorium im Theater am Tanzbrunnen an. Und da es bei der Kajuja immer mal wieder eine neue Perle zu entdecken gibt, waren einige bekannte Literaten im Saal, so auch Dr. Joachim Wüst von der Großen Kölner. Auch die befreundeten Karnevalistenvereinigungen wie der Stammtisch Kölner Karnevalisten oder die Chefs von Agenturen wie Alaaaf Horst Müller oder Markus Wallpott von der Kölner Event Werkstatt.

Gerald mit Emilio & Richy beschäftigten sich mit dem Zusammenhang von 9-Euro-Ticket und Verhütungsmitteln, was Menschen alles Alexa fragen können, was geschieht, wenn Menschen Kartoffelwasser trinken und mehr. Gerald ist der klassische Bauchredner und seit vielen Jahren in der Kajuja aktiv und auf den jecken Bühnen des Rheinlands unterwegs.

Bel Air ist neu auf den karnevalistischen Bühnen seit rund einem Jahr. Also gegründet mitten in der Pandemie. Bel Air war zum ersten Mal im Tanzbrunnen auf der Bühne und ein wenig nervös. Die Jungs, die klassischen Kölschpop machen, haben schon viele Standards wie korrekte Publikumsanimation gelernt und setzen diese bereits so um, dass ein Großteil der Jeck:innen prompt mitmacht. Der Name der Band kommt übrigens nicht von der berühmten Eventlocation im Kölner Westen BelAir, die es heute nicht mehr gibt. Der Name stammt von der amerikanischen Sitcom, der Prinz von Bel-Air. Aber das erklären die Musiker im Videobeitrag von report-K:

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Die Rheinmatrosen Minis zeigen sich nach 2 Jahren Corona-Pandemie gut durchchoreographiert und bieten Akrobatik jetzt schon im Segment Kinder- und Jugendtanzgruppen. Bei den Minis tanzen die Jugendlichen im Alter von 3 bis 18 Jahren.

Zwei Hillije, die eineiige Kusängs des Kölschen Fasteleer sind Bernd und Wolfgang Löhr. Die präsentierten zwar nicht ihr neuestes Werk den Schnitzel-Song, sondern ihren legendären Kastenwagen-Song, der mittlerweile einer breiten Jeckenschaft bekannt scheint. Denn die Jeck:innen im Tanzbrunnen konnten mitsingen. Mit im Kajuja-Gepäck war der Song Fliuchzeuchdräjer mit dem die beiden im vergangenen Jahr bei Loss mer singe gut abräumten. Zwei Hillije singen Krätzjer und erzählen Geschichten mit Humor und machen Spaß. Sie sind einige der Wenigen die keine Messages senden, sondern Humor verbreiten. Karneval halt. Die Texte superb und immer voll auf dem Punkt. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den Stehtisch-Fetisch. Mittlerweile haben die beiden ein famoses Repertoire.

Ein Ausschnitt aus dem Auftritt der Zwei Hillije und ein kurzes Gespräch:

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Stadtrand ist die rockigere Variante des Kölschpop. Denn die Texte sind poppig eingängig und das Mitsingen des Refrains gelingt wie bei „Ahle Kess“ schon nach einmal mit dem Publikum üben. Denn Köbes, Kaiser, Königin können sich alle merken, selbst nach einem Gläschen Wein. Stadtrand ist eine professionelle Karnevalskapelle mit viel Bühnenerfahrung. Die Jungs wissen, wie sie mit Wumms im Saal ankommen.

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Dä Knubbelisch ist frei. Zwar trägt er noch an seiner Mütze seinen Namen Knubbelich und die erinnert an Dienst und Justiz. Aber der Karnevalsredner mit bestem Kölschen Zungenschlag hat sich aus der Enge des Klingelpütz in die Weite Prärie der Kneipe begeben. Das tut ihm gut, gepaart mit seinem sehr souveränen Auftritt. Er hat sich freigespielt und es ist ein Genuss ihm zuzuhören.

Bohei präsentiert einen neuen Frontmann und beim Lied Marie eine coole weibliche Stimme. Das findet auch der Tanzbrunnen. Beim Duett wäre es besser, wenn Sänger und Sängerin ein wenig mehr mit dem Publikum interagieren würden, als nur mit sich selbst im hinteren Bühnenraum. Aber bis zum Sessionsstart ist ja noch ein Hauch Zeit. Die Band wurde 2016 gegründet.

Handwerker Peters ist ein bekanntes Gesicht im Kölner Karneval, dass sich gerade neu erfindet: Kai Kramosta. Die Idee mit dem Handwerker gut, die Rolle noch ausbaufähig. Da muss sich einer und die Type noch finden und er hat starke Konkurrenz: Das sind die etablierten Fernsehsatire-Shows, die sich immer wieder mit dem Handwerker und seinen Kund:innen auseinandersetzen. Hier setzt das Publikum einiges voraus und ist verwöhnt. Handwerker Peters hat noch Luft nach oben und er sollte sich entscheiden: Stories aus dem Innenleben des Berufes dürften weniger Menschen interessieren als die Psychologie im Umgang mit Kund:innen, die mehr Menschen kennen, erlebt und einige vielleicht aus durchlitten haben dürften.

King Loui ist eine coole Band in Jogginghosen mit dem groovigen Sound für den Straßenkarneval. Da tanzt der Saal und die Kneipe, wenn der Sound von King Loui, der frisch ist, donnert. „Karneval“ ist ein Sound für die upcoming jecke Generation. Cool. Und zu diesem Sound mooved der Saal genauso wie die Jeck:innen in den Kneipen und Straßen. Sehr fein.

Motombo legt die Latte für gute Unterhaltung dahin, wo sie das Publikum haben will: sehr hoch, sehr gut. Eine absolute Top-Nummer im Kölschen Fasteleer. Die Greesberger haben sich zu einer der richtig guten und exakt getimten und choreografierten Tanzgruppe entwickelt. Sie gehören sicher zu den Top-Five des aktuellen kölschen Tanzes. Der Song Heimat von Planschemalöör gehört mittlerweile zum festen Mitsing-Repertoire des begeisterten Karnevalisten und kam gut an.

Die Rheinmatrosen, Müller & Band und die Rhythmussportgruppe standen auf der Setlist der Kajuja. Diese hat die Redaktion nicht mehr gesehen.

Auffällig ist, dass das Niveau von Jahr zu Jahr steigt. Etwas, was das Publikum zwar immer mit Applaus goutiert sind die Messages der Auftretenden, die inflationär zu beobachten sind. Hier muss die Frage gestattet sein: Ist Eure Message nicht Euer Vortrag, Eure Songs? Ist es nicht die feinfühligere Art Messages hier zu integrieren, als – das Wort sei gestattet – plump um Aufmerksamkeit und Zustimmung mit emotionalisierten Botschaften um die Gunst derer zu buhlen, die der Künstler eigentlich mit seiner Show umgarnen und überzeugen sollte? Dieser Message-Hype erinnert und das ist boring, eher an die letzte Seite von Power Point-Präsentationen von Managementseminaren. Dabei haben die meisten Künstler dies gar nicht nötig, denn ihr seid echt gut geworden.