"Wenn trotz der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt immer noch jeder fünfte Einwohner Kölns Hartz IV Empfänger ist oder andere Sozialleistungen bekommt, so müssten nicht nur im Rathaus, sondern auch bei Unternehmen und Bildungseinrichtungen die Alarmglocken läuten," kommentierte der Kölner DGB
den Armutsbericht der Sozialdezernentin. "Armut hat im Einzelfall viele Ursachen, aber eines ist ganz sicher: Arbeitslosigkeit, Armutslöhne, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und mangelnde Bildungschancen sind die Hauptursachen. Darum kann die Armut nachhaltig nur bekämpft werden, wenn
wieder deutlich mehr Menschen auf Dauer eine ihre Existenz sichernde Arbeit haben als dies jetzt der Fall ist," forderte der Kölner DGB-Chef: "Dafür brauchen wir auf sechs Feldern endlich Fortschritte:

1. Wir müssen in allen Branchen einen Mindestlohn von 7,50 Euro und angesichts der hohen Lebenshaltungskosten und Mieten auch noch mehr durchsetzen. Immer noch verdienen in einigen Dienstleistungsberufen die Menschen weniger als 7,50 die Stunde.

2. Wirtschaft und Verwaltung müssen es vor allem Alleinerziehenden ermöglichen, Vollzeitstellen zu besetzen, indem sie Kindererziehung und Beruf miteinander vereinbaren können. Dazu gehören in erster Linie familienfreundliche Arbeitszeiten vor allem am Tage und mehr Kinderbetreuung.

3. Minijobber müssen zumindest mehr sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeit leisten können. Fast 60 000 Menschen in Köln haben nur einen Minijob. Viele wollen mehr Stunden arbeiten. Dies muss möglich sein.

4. Arbeitgeber müssen deutlich mehr Langzeitarbeitslose einstellen. Während Fachkräfte weiter gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, liegt die Eingliederungsquote von Langzeitarbeitslosen durchschnittlich bei 4%. Es kann nicht sein, dass viele Menschen trotz aller Bemühungen und
Qualifizierungsmaßnahmen nicht aus dem Hartz IV System herauskommen.

5. Die Leistungen des Sozialstaates müssen wieder armutsfest sein. Kinder dürfen kein Armutsrisiko mehr sein. Darum müssen die Leistungen der Bildung und Erziehung kostenlos sein, Studiengebühren gehören ebenso abgeschafft wie, zumindest für die unteren Einkommensschichten, die Beiträge zu den
Kindertagesstätten.

6. Wir müssen ganz entschieden die Bildungsarmut bekämpfen. Darum brauchen wir ein integriertes Schulsystem, das jedes Kind individuell fördert."

Der DGB Vorsitzende erinnerte auch daran, dass selbst hoch qualifizierte Menschen arm seien. Selbständige hangeln sie sich von einem schlecht bezahlten Auftrag zum nächsten, als Praktikanten, mit Werkverträgen oder nur befristeten Verträgen müssten sie sich unter Wert verkaufen und könnten ihre
Zukunft kaum kalkulieren.

[nh; Quelle: DGB]