Köln | Kaum ein Tag verging in den letzten Wochen, ohne dass man Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin im Fernsehen sehen oder irgendwo zitiert finden konnte. Auch andere Ökonomen wie Clemens Fuest vom Ifo-Institut in München oder Lars Feld vom Walter-Eucken-Institut in Freiburg waren oft mit ihren Meinungen präsent, wenn es darum ging, die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie abzuschätzen.

Doch wie wichtig sind Ökonomen wie Fratzscher & Co, die so genannten Wirtschaftsweisen oder andere Wissenschaftler wirklich? Diese Frage versucht die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) mit ihrem alljährlichen Ökonomenranking zu beantworten. Dieses versucht den Einfluss zu bemessen, den Ökonomen hierzulande haben, also nicht nur deren wissenschaftliche Leistung, sondern ihr Gewicht in den Medien und social media, bei der Politik und in der Wissenschaft.

Ein Vorzug des F.A.Z.-Ökonomenrankings liegt dabei darin, dass es den Einfluss ganz unterschiedlicher Organisationen vergleichbar macht – auch wenn es gleichsam eine eingebaute Schieflage in Richtung Konjunkturforschung gibt. Vertreten sind die bekannten Wirtschaftsforschungsinstitute, natürlich die so genannten Wirtschaftsweisen, einige Max-Planck-Institute, die staatlichen und privaten Hochschulen und (so gut wie keine) Banken und Finanzdienstleister.

Besonders stark sind auf dem F.A.Z.-Ökonomenranking die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute DIW in Berlin und ifo in München vertreten; das DIW gleich neunmal, neben seinem Präsidenten Marcel Fratzscher ist hier etwa auch die bekannte Klimaökonomin Claudia Kemfert gerankt, das ifo-Institut siebenmal, mit ifo-Präsident Clemens Fuest auf Platz 2 und seinem Vorgänger Hans-Werner Sinn auf Platz 7.

Vertreten sind auch alle Wirtschaftsweisen, also die Mitglieder des Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Lars P. Feld (4), Veronika Grimm (34), Monika Schnitzler (48), Achim Truger (17) und Volker Wieland (40).

Ein unterschiedliches Bild zeigt sich bei den staatlichen und privaten Hochschulen. Die Universität Mannheim etwa, die allgemein als die beste deutsche Wirtschaftshochschule gilt, ist mit vier Wissenschaftlern vertreten, die beiden großen Berliner Universitäten (FU Berlin und Humboldt-Universität) überhaupt nicht. Präsenz und auffallende Abwesenheiten auch bei den privaten Hochschulen. Die Hertie School of Governance in Berlin ist mit drei Stimmen, darunter Präsident Henrik Enderlein (62), präsent, die ESMT Berlin, eine private Business School mit ihrem Präsidenten Jörg Rocholl (71).

Auffallend die Abwesenheit der Banken, Versicherungen und sonstigen Finanzdienstleister auf diesem Ranking – obwohl fast alle Banken mehr oder minder große Research-Abteilungen unterhalten. Lange vorbei die Zeiten, als ein Norbert Walter, seinerzeitiger Chefvolkswirt der Deutschen Bank, einer der bekanntesten und sichtbarsten Ökonomen des Landes war. Die Deutsche Bank erscheint auf dem F.A.Z.-Ökonomenranking überhaupt nicht, die Commerzbank auf dem vorletzten Platz.

Köln ist in diesem Jahr mit fünf Ökonomen dabei, darunter gleich drei Wirtschaftswissenschaftler vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW), aber nur ein Professor von der Universität Köln. Michael Hüther, der IW-Direktor, liegt auf Platz 8 (Vorjahr 14), der Uni Köln-Professor Axel Ockenfels auf Platz 27 (Vorjahr 31). Interessant der Fall von Thomas Mayer (Platz 32, Vorjahr 33), immer noch gerne als „ehemaliger Chefvolkswirt der Deutschen Bank“ tituliert, obwohl er die Bank bereits 2012 verließ. Mayer ist beim Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch untergekommen und hat es geschafft, eine relativ starke Medienpräsenz zu haben.

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Deutschlands einflussreichste Ökonomen 2020

1. Ernst Fehr (Uni Zürich)
2. Clemens Fuest (Ifo-Institut München)
3. Marcel Fratzscher (DIW & Humboldt-Universität Berlin)
4. Lars Feld (Walter-Eucken-Institut Freiburg)
5. Jens Südekum (Düsseldorf Institute for Competition Economics/Uni Düsseldorf)
6. Gabriel Felbermayr (Institut für Weltwirtschaft Kiel)
7. Hans-Werner Sinn (Ifo-Institut München)
8. Michael Hüther (IW Köln)
9. Bruno Frey (Uni Basel)
10. Ottmar Edenhofer (PIC Potsdam)

Quelle: F.A.Z.-Ökonomen-Ranking 2020
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Einige von Deutschlands Top-Ökonomen haben auch bereits mit eigenen Büchern auf die Coronavirus-Pandemie reagiert. Hier eine Auswahl:

Marcel Fratzscher
Die neue Aufklärung
Wirtschaft und Gesellschaft nach der Corona-Krise
Piper Verlag 22,00 €

Clemens Fuest
Wie wir unsere Wirtschaft retten
Der Weg aus der Corona-Krise
Aufbau Verlag 18,00 €

Hans-Werner Sinn
Der Corona-Schock
Herder Verlag 18,00 €
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Autor: Von Christoph Mohr
Foto: Michael Hüther (IW Köln) landete auf Platz 8