Köln | Der Artikel wird laufend aktualisiert | Es ist fünf Minuten vor Sechs. Die Sozialdemokraten singen Geburtstagsständchen unter anderem für die Ratsabgeordnete dos Santos Hermann. Martin Börschel erklärt noch einmal, dass man anpeile alle Kölner Direktmandate zu holen. Nur wenige Minuten später kennt der Jubel keine Grenzen. Rot-Grün im Land geht gestärkt aus der Wahl hervor. Gegen 19 Uhr flimmern über die Rathausbildschirme die ersten Ergebnisse für Köln. Martin Börschel hatte mit seiner Prophezeihung  am Ende Recht: Bei allen Direktmandaten punkteten die SPD Kandidaten. Die CDU erlebt einen Wahlabend mit einem desaströsen Wahlergebnis. In Ehrenfeld fehlen den Piraten nur 36 Stimmen, dann hätten sie die Volkspartei CDU überholt. Der CDU Vorsitzende Petelkau macht Röttgen verantwortlich. Die CDU ist gesamtstädtisch jetzt nur noch die dritte politische Kraft. Die Grünen haben die CDU überholt. 

14.5., 00:30 Uhr > Das Kölner Ergebnis in der Zusammenfassung

Betrachtet man die Zweitstimmen in Köln kann man klar als Sieger die SPD, FDP und die Piraten benennen, denn ihnen gelang es Stimmen hinzuzugewinnen. Der größte Verlierer in Köln ist die CDU, aber auch die Grünen mussten Federn lassen und konnten dennoch an der CDU vorbeiziehen und die Linke. Auch die als rechtspopulistische Bürgerbewegung pro NRW verliert. Die bekannten Provokationen der Partei, durch das Zeigen der Karikaturen und die damit bekannte und einhergehende Medienberichterstattung hat dieses Mal den Rechten geschadet. Die Linke stürzt auf 3,39 Prozent ab und verliert mehr als drei Prozent. Die FDP dagegen kann mehr als zwei Punkte hinzugewinnen. Die CDU verliert mehr als acht Prozent. Die Grünen verlieren zwar knapp einen Prozentpunkt, haben jetzt aber mit ihrem Bündnispartner im Rat und im Landtag der SPD zusammen 55 Prozent der Kölner Wählerinnen hinter sich. Die Wahlbeteiligung war in Köln ein wenig höher als 2010. Die Piraten erreichen 8,11 Prozent.

Die CDU hatte im letzten Landtag drei Direktkandidaten aus Köln mit Dr. Martin Schoser, Christian Möbius und Andrea Verpoorten, die sie alle verlor. Der SPD Vorsitzende Ott nannte den Gewinn aller Kölner Direktmandate gegenüber report-k.de „Sieben auf einen Streich“, Westernfans können dann in Zukunft vielleicht von den glorreichen Sieben sprechen. Die Kölner Grünen werden über die Landesliste wieder drei Vertreter in den Landtag entsenden: Arndt Klocke, Andrea Asch und Arif Ünal. Ursula Heinen-Esser, die derzeit für die CDU in Berlin ein Bundestags-Mandat inne hat und bei Norbert Röttgen im Umweltministerium Staatssekretärin ist, hat vor der Wahl erklärt, dass sie von der Spree an den Rhein wechseln wolle. Mit Platz drei auf der Landesliste dürften ihre Chancen nicht schlecht stehen. Für die Piraten sitzen zwei Kölner im Landtag Daniel Schwerd und Stefan Fricke und die FDP entsendet erstmals seit 1995 mit Yvonne Gebauer wieder eine Kölner Liberale in den Landtag.

Auch die Detailergebnisse sprechen eine deutliche Sprache

Im Hahnwald haben die Liberalen die CDU als stärkste Kraft überholt, die dort um die 15 Prozent verlor und Rodenkirchen hat die CDU an die SPD verloren. Auch in den anderen traditionellen CDU Hochburgen verlor die Partei ihren Führungsanspruch. Arif Ünal brachte es in seiner Analyse eigentlich auf den Punkt, als er feststellte, dass er die CDU Direktkandidatin Heinen-Esser nie auf der Straße im Wahlkampf gesehen habe. Die SPD und die Grünen, sicher auch durch den Wake up call, der Piraten machten in den letzten Tagen noch Werbung auch Online, bei der CDU Fehlanzeige. Ministerpräsidentin Kraft erklärte im Wahllokal sogar noch, dass sie jetzt noch Online-Wahlkampf machen werde. Es scheint fast so, als habe die CDU den Anschluss an die neue Zeit verpaßt und parallel gelingt es ihr anscheinend nicht ihre Stammwählerschaft zu mobilisieren.

23:58 Uhr > Die direkt gewählten Kölner Kandidaten:

Wahlkreis Köln I: Ingrid Hack, SPD
Wahlkreis Köln II: Lisa Steinmann, SPD
Wahlkreis Köln III: Gabriele Hammelrath, SPD
Wahlkreis Köln IV: Andreas Kossiski, SPD
Wahlkreis Köln V: Jochen Ott, SPD
Wahlkreis Köln VI: Stephan Gatter, SPD
Wahlkreis Köln VII: Martin Börschel, SPD

23:55 Uhr > Das Kölner Endergebnis um 23:29 Uhr

CDU: 19,31 %
SPD: 35,44 %
Grüne: 19,56 %
FDP: 9,83 %
Die Linke: 3,39 %
Die Piraten: 8,11 %
Sonstige: 4,36 %

23:45 Uhr > Die Piraten feiern im Herbrands

Die Kölner Piraten feierten im Herbrands, da man ihnen im Rathaus keinen Raum zur Verfügung stellen wollte. Report-k.de war vor Ort als der Kölner Parteivorsitzende Daniel Schwerd gerade aus Düsseldorf eintraf und sich den jubelnden Anhängern stellte. Ein spannender Aspekt des Wahlergebnisses in dem Stadtteil in dem die Piraten feierten war, dass die Volkspartei CDU fast gleichauf mit den Piraten ist. Die CDU hat hier nur 36 Stimmen Vorsprung. Hier lesen Sie den Artikel zur Wahlparty der Piraten bei report-k.de >

21:40 Uhr > Megafeier im Nordtrakt des Spanischen Baus

Es ist 21:01 Uhr und bei der FDP sind die Lichter im Spanischen Bau schon ausgegangen. Bei der Linken brennt noch Licht, aber die Reihen sind schon stark ausgedünnt. Im Nordflügel des Spanischen Baus allerdings fließt das Kölsch in Strömen, bei SPD und Grünen. Die Stimmung ausgelassen, heiter, fröhlich und kraftstrotzend. Bei der CDU im Konrad Adenauer Saal sitzt man oder steht noch zusammen. Die Stimmung gedrückt.

Andreas Kossiski, SPD Direktkandidat und DGB Regionsvorsitzender Köln: „Das Ergebnis ist eine große Freude und Verantwortung. Ich werde beim DGB auf eine Teilzeitstelle wechseln, der DGB hält ein entsprechendes Modell vor. Wir haben in Köln einen tollen Wahlkampf geführt und unsere Basis war hochmotiviert zu gewinnen. Das war ein klares Signal für Hannelore Kraft.“

Stephan Gatter, SPD Direktkandidat: „Ich freue mich sehr für Lisa Steinmeier, dass sie in Lindenthal gegen Dr. Martin Schoser gewonnen hat. Das die CDU so abstürzt hätte ich nicht gedacht. Mit den vielen Direktmandaten aus dem Rheinland haben wir in Düsseldorf jetzt eine stärkere Stimme und Gewicht.“

Barbara Moritz, Fraktionsvorsitzende der Kölner Grünen im Rat: „ Ich bin total erleichtert das die Landesregierung steht und jetzt ruhiger regieren kann. Vom Kölner Ergebnis bin ich total begeistert. Wenn man in Zukunft in Köln von den beiden großen Parteien spricht, dann sind das SPD und Grüne. Das Ergebnis ist bitter für die CDU als große Volkspartei. Ich glaube man muss in Köln ein neues Wording finden“.

Andrea Asch, MdL für die Kölner Grünen: „Das Ergebnis ist eine Bestätigung für unsere Politik in Düsseldorf. Wir konnten in den vergangenen 20 Monaten grüne Themen setzen, wie den Schulkonsens und das Klimaschutzgesetz. Ich habe damit gerechnet, dass es knapp wird, vor allem wenn es die Linke in den Landtag geschafft hätte.“

Katharina Dröge, Kreisvorsitzender der Kölner Grünen: „Das ist großartig. Das Wahlergebnis zeigt dass unsere Stadt sich in die richtige Richtung bewegt. Wir haben unser Ergebnis halten können und dass obwohl der Wahlkampf auf die beiden Spitzenkandidaten Kraft und Röttgen zugespitzt war und wir eine neue Konkurrenzsituation mit der Piratenpartei hatten. Gerade in einer Universitätsstadt wo man anders als auf dem platten Land davon ausgehen kann, dass die Piraten uns Stimmen klauen. Trotzdem haben wir ein super Ergebnis geschafft und sind richtig froh.“

Arif Ünal, Kölner Direktkandidat für die Grünen: „Ja ich habe mit dem Ergebnis gerechnet. Wir haben vier bis fünf Wochen Wahlkampf bei den Menschen vor Ort gemacht. Gerade bei den Menschen mit Migrationshintergrund haben wir ganz positive Reaktionen bekommen. Ich habe nirgendwo Frau Heinen-Esser gesehen, die wohl glaubte, dass es reichte Bundestagsabgeordnete zu sein. Das erklärt glaube ich auch, dass ich das bessere Ergebnis habe. Zudem bin ich jeden Freitag drei Stunden in meinem Landtagsbüro in Kalk für die Menschen da und es kommen auch meist sieben bis acht Bürger mit ihren Anliegen zu mir.“

Jochen Ott, MdL und Vorsitzender Kölner SPD: „Sieben auf einen Streich haben wir vorher verkündet und jetzt auch eingelöst. Das Ergebnis ist der Wahnsinn und wir stehen jetzt in einer hohen Verantwortung. Durch die vielen Direktkandidaten, die wir im Rheinland geholt haben, werden wir eine Stärkung des Rheinlandes im Düsseldorfer Landtag erleben. Mit unserer Kampagne das Internet vergisst nicht haben wir gezeigt, dass das was die Piraten sagen, von uns längst gelebt wird.“

Bernd Petelkau, CDU Vorsitzender in Köln zum schlechten Abschneiden seiner Partei in Köln: „Das Kölner Ergebnis kann man nicht vom schlechten Landesergebnis abkoppeln. Damit haben wir es nicht geschafft unsere Wähler zu motivieren zur Wahl zu gehen. Jetzt müssen wir sehen, dass wir in Zukunft nah am Bürger sind. Wir hatten damit gerechnet, dass wir zumindest das Direktmandat von Dr. Schoser in Lindenthal gewinnen. In der Summe der Erststimmen liegen wir immer noch vor den Grünen, dennoch ist das Ergebnis unbefriedigend.“

20:21 Uhr > Die ersten Stimmen aus Köln

Das Ergebnis der Direktkandidaten in Köln kann sich aber noch verschieben, denn bei den aktuell von der Stadt Köln vorgelegten Zahlen handelt es sich nicht um eine Hochrechnung, sondern nur um die Addition der ausgezählten Stimmbezirke. Vor allem die Briefwahlbezirke in denen traditionell die CDU stark ist fehlen noch. Dennoch zeigen sich in manchen Bezirken schon fast erdrutschartige Verluste der Kölner CDU.

Die Stimmen aus dem Rathaus

Reinhard Houben, FDP: „Als wir vor knapp 60 Tagen im Landesvorstand zusammen gesessen waren mit 2 Prozent in den Umfragen und mir hätte jemand gesagt wir holen um die 8,5 Prozent, dem hätte ich gesagt: Du spinnst. Für die Kölner FDP ist dies ein ganz besonders großer Erfolg, denn mit Yvonne Gebauer haben wir seit 1995 zum ersten Mal wieder eine Kölnerin im Landtag. Dort wird sie einen schulpolitischen Schwerpunkt setzen, denn mit diesem Thema war sie schon im Kölner Rat sehr aktiv. Es war die Kombination, warum wir gewonnen haben. Christian Lindner war der ideale Botschafter für unsere Themen. Aber auch die Themen waren richtig, denn alleine mit einem Spitzenkandidaten kann man nicht bestehen.Wenn die Mehrheiten so bleiben und Rot-Grün mit der Verschuldung so weitermacht und damit den finanziellen Verfassungsbruch fortsetzt, werden wir eine starke Opposition zu Rot-Grün im Landtag sein. Und übrigens Norbert Röttgen war unser bester Wahlkämpfer.“

Angelika Link-Wilden, Die Linke: „Wir sind in einer Art Schockstarre nach diesem erschreckenden Wahlergebnis. Das es knapp werden wird, dass wir reinkommen, dass wussten wir, aber dass wir in einer Liga mit Schleswig-Holstein liegen, damit haben wir nicht gerechnet. Es ist uns nicht gelungen, dass Themen wie die Abschaffung der Studiengebühren oder die direkte Abwahl von Oberbürgermeistern in in Nordrhein-Westfalen von uns stammen.“

Torsten Löser, Die Linke: „Ich sehe zwei Gründe. Die Wähler wollten klare Verhältnisse schaffen und haben sich für stabile Mehrheiten entschieden und die Gesamtstimmung folgt dem Bundestrend. Zudem haben die Piraten Protestwähler, die sonst Links wählen, gezogen.“

Anne Lütkes, Kreisvorsitzende der Kölner Grünen: „Wir sind einfach glücklich. Es ist ein klares Ergebnis und wir können Rot-Grün fortsetzen. Das ist gut für die Kommunen und damit auch für Köln. Aber dies war auch ein Arbeitssieg, der am Ende von Erfolg gekrönt war.“

Niklas Kienitz, Direktkandidat der CDU im Bezirk Ehrenfeld, Nippes: „Die Stimmung bei den Wahlkämpfen auf der Straße war nicht so schlecht, wie das Wahlergebnis. Offenbar lag das auch am Spitzenkandidaten.“

Winrich Granitzka, Fraktionsvorsitzender der Kölner CDU: „Dies ist eine bittere Niederlage. Der Spitzenkandidat hat auch die CDU Anhänger nicht so überzeugt. Ich zolle Norbert Röttgen aber meinen Respekt, dass er die Niederlage als „meine Niederlage“ bezeichnet hat. Wir in Köln konzentrieren uns jetzt auf die Kommunalwahlen in zwei Jahren.“

Bernd Pettelkau, der Vorsitzende der Kölner CDU: „Ich begrüße es, dass Norbert Röttgen die Verantwortung übernimmt und seinen Rücktritt vom Parteivorsitz erklärt hat. Ich gehe davon aus, dass das Erststimmen-Ergebnis besser ist, als das der Zweitstimmen, wo wir an die FDP und Piraten abgegeben haben. Für 2014 heißt in Köln unser klarer Kurs, dass wir wieder die stärkste Kraft im Kölner Rat werden und damit Schluss machen mit dem Chaos um die Oper und dem Haushaltsdefizit. Es war nach unserer Auffassung ein Fehler, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht in die größte Stadt Nordrhein-Westfalens kam. Aber das war eine Entscheidung des Landesvorsitzenden der seinen Wahlkreis in Bonn hatte.“

Jürgen Roters, Oberbürgermeister, SPD: „Das war ein klarer Punktsieg mit einem deutlichen Unterschied. Hannelore Kraft war eine überzeugende Spitzenkandidatin die mit ihrer Geradlinigkeit das Vertrauen der Bevölkerung gewonnen hat. Überzeugt hat auch, dass die Menschen verstanden haben, dass neben dem nötigen Schuldenabbau der Blick dennoch auf die Zukunft gerichtet sein muss. Nur alleine Schulden abzubauen ist nicht der richtige Weg. Wir bekommen jetzt eine Kommunalfreundliche Landesregierung mit einer starken Stimme für Köln, die weiß, dass man nicht nur alleine den armen Kommunen, wie Oberhausen oder Hagen auf Lasten der großen Städte helfen darf“

19:21 Uhr > Thomas Hegenbarth: „Sensationelles Ergebnis“

Die Piraten in Köln feiern ihr Wahlergebnis heute Abend im Herbrand’s in Ehrenfeld. Fort haben sich laut Thomas Hegenbarth rund 130 Anhänger versammelt. Großer Jubel brach aus, ls die ersten Prognosen verkündet worden. „Das ist ein sensationelles Ergebnis. Schließlich sind wir alle Ehrenämtler“, freute sich Hegenbarth. In Köln liege man nach derzeitigen Prognosen sogar noch leicht über dem Landesschnitt. Mit dem Parteivorsitzenden Daniel Schwerd und Stefan Fricke werden wahrscheinlich zwei Kölner Kandidaten in den Landtag einziehen. „Das ist auch für Köln ein gutes Zeichen“, so Hegenbarth. „Heute wird noch gefeiert, morgen wird wieder gearbeitet“, kündigte der Pirat dann an. So habe man bereits vor der Wahl Kölns Stadtkämmerin Gabriele Klug zu einem Vortrag über die Kölner Stadtfinanzen eingeladen.

Der Wahltag in Köln

Der Wahltag verlief ruhig in Köln, so Stadtdirektor Guido Kahlen gegenüber report-k.de. Das Ersatz-Wahllokal, der Bus, konnte an seinem Standort in Deutz bleiben. Alles verlief planmässig und lediglich 100 Wahlhelfer aus der Reserve mussten einspringen. Bemerkenswert ist, wobei dies natürlich auch am Muttertag liegen kann, dass es ein Plus von 3,7 Prozent bei den Briefwahlen gibt. Insgesamt haben 133.984 Menschen in Köln per Brief gewählt. Kahlen tippt darauf, dass die Wahlbeteiligung etwas höher als 2010 liegen könne. Das Klima bei den Wahlvorständen war gut und die ausgegebenen Unterlagen wurden als verständlich gelobt, so der Stadtdirektor. Die mobilen Teams wurden lediglich vier Mal angefordert um offene Fragen zu klären.

Autor: Andi Goral
Foto: Große Freude bei der Kölner SPD schon um 18 Uhr