Mit Kölner Unterstützung wird im Berliner Martin Gropius-Bau Kunst der USA und UdSSR aus Zeiten des Kalten Krieges gegenübergestellt.

Köln | Darauf hätte man auch in Köln kommen können: Unter dem Titel „The Cool and the Cold. Malerei aus den USA und der UdSSR 1960-1990 Sammlung Ludwig“ organisiert das Berliner Ausstellungszentrum Martin Gropius-Bau eine umfangreiche Gruppenausstellung aus den Beständen der Sammlung Ludwig aus sechs verschiedenen Museen, darunter dem Museum Ludwig in Köln. Nachdem die Ausstellung wegen der Corona-Schließungen nicht eröffnet werden konnte, ist sie nun für 17. September 2021 bis 09. Januar 2022 angekündigt.

30 Jahre nach dem Ende der Teilung der Welt in Ost und West, in dem es kaum Austausch zwischen den Künstlern gab, stellt die Ausstellung Arbeiten von Künstlern aus den USA und der damaligen Sowjetunion gegenüber.

Gezeigt werden rund 120 Arbeiten, unter anderem von Jo Baer, Erik Bulatov, Ivan Čujkov, Helen Frankenthaler, Jasper Johns, Ilja Kabakov, Lee Lozano, Natalja Nesterova, Viktor Pivovarov, Jackson Pollock und Andy Warhol.

Ob die Ausstellung die geweckten Erwartungen einlösen kann, also ob die Gegenüberstellung der Arbeiten US-amerikanischer und sowjetischer Künstler aus der Zeit des Kalten Krieges wirklich Erkenntnispotenzial hat, wird erst die Ausstellung selbst zeigen können.

Im typischen Katalogtext-Speak heißt es in der Ankündigung: „Untersucht wird, wie Künstlerinnen und Künstler zur Zeit des Kalten Krieges auf politische wie ästhetische Fragen ihrer Epoche reagierten und Vorstellungen individueller und gesellschaftlicher Freiheit verhandelten; im Spannungsfeld von Pop Art bis Konzeptkunst aus drei Jahrzehnten wird Kunst als Ausdruck von und Kommentar zu Ideologien lesbar.“

Die Ausstellung erinnert auch noch einmal daran, dass Peter Ludwig und seine Frau Irene keineswegs nur das waren, was man man heute als „Großsammler“ bezeichnen würde, die große Künstler-Namen wie Trophäen aneinanderreihen. Zu jener Zeit durchaus umstritten, kaufte und sammelte Peter Ludwig auch Künstler aus der damaligen DDR und eben der Sowjetunion.

Noch wichtiger als die Ausstellung selbst ist der Hintergrund des Familientreffens der Ludwig-Museen. Eine solche Ausstellung, die Bestände aus den verschiedenen Ludwig-Museen zusammen bringt, hat es bislang nicht gegeben.

Wie aus Berlin zu erfahren ist, stammen die ausgestellten Arbeiten aus sechs verschiedenen Ludwig-Museen, dem Ludwig Forum für Internationale Kunst in Aachen, dem Museum Ludwig Köln, dem mumok – Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig in Wien, dem Ludwig Museum – Museum of Contemporary Art in Budapest. De, Ludwig Museum im Russischen Museum, Sankt Petersburg und dem Kunstmuseum Basel.

Aus Köln kommen insgesamt 28 Werke für diese Ausstellung nach Berlin. Wie das Museum Ludwig auf Anfrage mitteilt, leiht das Kölner Museum u.a. Arbeiten von Roy Lichtenstein (Red Barn II, 1969), Ilya Kabakov (Reihe, 1969) und Komar & Melamid (Stalin und die Musen, 1981/82) nach Berlin aus. Aus Basel kommt ein großformatiger Roy Lichtenstein (Hopeless, 1963), eine Blondine mit Tränen in den Augen, verwandt mit einem der berühmtesten Bilder des Museum Ludwig (M-May be, 1965).

Peter Ludwig, der Namensgeber auch des Kölner Museums, hatte zeit seines Lebens bis zu seinem plötzlichen Tod 1996 nicht nur eine der größten privaten Kunstsammlungen zusammen gebracht. Mehr als 14.000 Kunstwerke umfasst die Sammlung, die im Ansatz eine „Weltkunst“-Sammlung ist, von der ägyptischen und der antiken über die mittelalterliche Kunst bis zur Gegenwartskunst.

Diesen sehr beträchtlichen Sammlungsbestand übergaben Peter Ludwig und später seine Frau Irene nicht einem einzigen Museum, sondern verteilten ihn gleichsam weltweit. So tragen gleich ein Dutzend Museen in Deutschland und der Welt seinen Namen, so in Aachen, Bamberg, Basel, Budapest, Havanna (Kuba), Koblenz, Köln, Oberhausen, Peking, Saarlouis, Sankt Petersburg und Wien. Darüber hinaus gibt es noch mehr als ein Dutzend Museen, die mit mehr oder minder umfangreichen Dauerleihgaben bedacht worden sind, in Köln beispielsweise das Museum Schnütgen (mittelalterliche Kunst), das Rautenstrauch-Joest-Museum (präkolumbische Kunst), das Museum für Ostasiatische Kunst (alt-chinesische Kunst) und das Museum für Angewandte Kunst. Das Ganze wird von einer Stiftung in Aachen überdacht, Peter Ludwigs Lebensmittelpunkt.

Der (ursprüngliche) Name dieser Stiftung, Ludwig Stiftung für Kunst und internationale Verständigung, war durchaus Programm. Ludwig sammelte nicht nur „Weltkunst“, er schuf mit seinen Musumsgründungen in Budapest (1989), Havana (1994), Sankt Petersburg (1995) und Beijing (1996) auch ein einzigartiges internationales Netzwerk.Doch mit dem plötzlichen Tod Peter Ludwigs im Jahre 1996 wurde aus der Vision nichts mehr. Eine Zeit lang sah es so aus, als ob Marc Scheps, von 1991 – 1997 Direktor des Museum Ludwig Köln, wo er u.a. die Ausstellung „Kunstwelten im Dialog“ verantwortete, und seit dem Tod von Peter Ludwig Direktor der Peter und Irene Ludwig-Stiftung, der ideale Sachwalter der Vision Peter Ludwigs sein würde. Doch so kam es nicht.

Heute ist die Vision Peter Ludwigs nicht einmal mehr in Ansätzen erkennbar. Es gibt keine erkennbare Kooperation zwischen den Museen, ganz zu schweigen vom Ansatz der internationalen Verständigung, wo doch gerade die Ludwig-Präsenz eben auch an für die Kunstfreiheit „problematischen“ Orten wie Budapest, Havanna, Peking oder Sankt Petersburg eine Steilvorlage ist. Nicht einmal ein Gesamtverzeichnis aller von Peter und Irene Ludwig gesammelten Kunstwerke gibt es, weder print noch digital.

Die Stiftung führt heute ein merkwürdig anmutendes Schattendasein in Aachen. Auch ihre zukünftige Ausrichtung scheint ungewiss. Corona-Zufall oder schlechtes Zeichen: Brigitte Franzen, die Ausstellungsmacherin der Berliner Schau (zusammen mit Benjamin Dodenhoff (Ludwig Forum Aachen), bislang Chefin der Peter und Irene Ludwig Stiftung, hat die Stiftung zwischenzeitlich verlassen. Sie ist seit Anfang 2021 Direktorin des Senckenberg-Naturmuseums in Frankfurt. Besondere Verantwortung liegt damit bei der Vorsitzenden des Kuratoriums lsabel Pfeiffer-Poensgen, im Hauptjob Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.

— — —

Shootingstar Stephanie Rosenthal

Wie das Haus der Kunst in München ist auch der Martin-Gropius-Bau in Berlin ein Ausstellungsort ohne eigene Sammlung, kein Museum. Was zählt, sind hier die Ausstellungen.

Chefin ist seit Anfang 2018 die Kunsthistorikerin Stephanie Rosenthal und seitdem so etwas wie ein Shootingstar der deutschen Kunstszene.

Die 1971 in München geborene Kuratorin, studierte in München Kunstgeschichte und promovierte 2013 an der Universität zu Köln über „Die Farben Schwarz in der New York School: Robert Rauschenberg, Ad Reinhardt, Frank Stella und Mark Rothko“.

Es folgten Stationen am Haus der Kunst in München und der Hayward Gallery in London, dann als Juryvorsitzende der Kunstbiennale Venedig 2019, der nach der documenta in Kassel wichtigsten Kunstschau der Welt.

In Berlin zeigte Stephanie Rosenthal u.a. die in Deutschland noch weniger bekannten Künstler Otobong Nkanga, Zheng Bo und Lee Mingwei. Große Aufmerksamkeit weit über die Kunstwelt hinaus erregte die Zusammenarbeit mit der international sehr erfolgreichen südkoreanischen Boyband Bangtan Boys, kurz BTS, die die Performance-Reihe „Rituale der Fürsorge“ sponsorte.

Untrügerisches Zeichen: Auf der ArtReview Power 100, der weltweit viel beachteten Rangliste der international einflussreichsten Menschen der Kunstszene, taucht Stephanie Rosenthal aktuell auf Platz 45 auf – als einzige deutsche Museumschefin.

Autor: Von Christoph Mohr
Foto: Der Gropius-Bau in Berlin