Köln | Dirigent und Pianist Daniel Barenboim hat am Samstag im Historischen Rathaus Köln den Konrad-Adenauer-Preis erhalten. Damit werde der 76-Jährige für sein Engagement für Frieden und Volksverständigung gewürdigt, so die Stadt Köln.

Daniel Barenboim war zwischen 1991 und 2006 Chefidirigent des Symphonieorchesters in Chiacgo und zwischen 2006 und 2011 Hauptgastdirigent der Mailänder Scala. Zudem ist er seit der Jahrtausendwende Chefdirigent der Berliner Staatsoper.

Vor 20 Jahren gründete er zusammen mit Edward Said das „West-Eastern-Divan Orchestra“. Das Symphonieorchester besteht aus jungen israelischen und arabischen Musikern und verpflichtete sich der palästinensich-israelischen Verständigung. Zwar war das Orchester anfangs nur als einmaliger Workshop gedacht, es wurde aber wegen des eintretenden Erfolges weitergeführt.

Zudem setze sich Barenboim auch auf internationaler Ebene für die Versöhnung zwischen verschiedenen Kulturen ein, heißt es in der Begründung. Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte: „In Zeiten, in denen einige bei uns in Deutschland und in der Welt die Grenzen wieder heraufbeschwören, in Zeiten, wo gesellschaftliche Gruppen den Nationalismus und das Trennende betonen, wollen wir in Köln jemanden ehren, der das Verbindende sucht, der für Verständigung und Frieden in der Welt steht.“

Barenboim, selber jüdischer Herkunft und in Argentinien geboren, zog erst 1992 nach Deutschland. Nun lebe er wieder voller Sorge in Deutschland, erklärte der Dirigent in seiner Rede bei der Preisverleihung: „Es gibt heute einen hoch-gefährlichen neuen Antisemitismus in Deutschland und die Reaktionen darauf, sowohl gesellschaftlich als auch politisch, sind längst nicht stark genug. Ich hätte Anfang der 90er Jahre nicht geglaubt, dass Antisemitismus und Fremdenhass, die Verherrlichung der Nazi-Vergangenheit und ein aggressiver, völkischer Nationalismus 2019 in Deutschland wieder salonfähig sein würden. Was täglich in Deutschland geschieht sind keine „Alarmzeichen“, für diese ist es längst zu spät. Wir müssen Antisemitismus und Fremdenhass geschlossen und entschieden entgegentreten, jeden Tag.“

Zudem spielte Barenboim auf den palästinensich-israelischen Nahostkonflikt an. Nach den Parlamentswahlen in Israel hängt die Regierungsbildung dort noch in der Schwebe, denn Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat nur noch bis Mittwoch Zeit, eine neue Koalition zu finden. Unabhängig davon, wie die neue Regierung in Israel am Ende aussehe, müssten die Israelis endlich verstehen, dass ihre eigene Sicherheit mit dringend nötiger Gerechtigkeit für das palästinensische Volk zusammenhänge: „Es kann wirklichen, dauerhaften Frieden nur dann geben, wenn die unrechtmäßige Okkupation der palästinensischen Gebiete endlich endet. Auch dafür muss sich Deutschland einsetzen, denn es hat eine Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk, hier wie dort.“

Mit Okkupation meint Barenboim die Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel. Dazu gehören das Westjordanland, Ost-Jerusalem und der Gazastreifen. Während die Palästinensische Autonomiebehöre in diesen Gebieten einen unabhängigen, palästinensischen Staat anstrebt, besetzt Israel diese seit dem Sechs-Tage-Krieg im Jahr 1967. Die Stadt Köln unterhält bereits seit Jahren mit Bethlehem, Teil der Palästinensischen Gebiete, sowie der israelischischen Stadt Tel Aviv-Yafo, Städtepartnerschaften in beide Länder.

Nach dem Anschlag in Halle, dem Mord an den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und Jahre nach den NSU-Anschlägen, zu denen auch der Nagelbombenanschlag auf der Kölner Keupstraße zählt, wolle Oberbürgermeisterin Henriette Reker so ein Zeichen gegen eine „erstarkte Rechte in Deutschland“ setzen.

Benannt ist der Preis nach Konrad Adenauer. Vor seiner Amtszeit als erster Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland war er zudem Obergürgermeister der Stadt Köln. Die Stadt Köln verlieh den Konrad-Adenauer-Preis bereits zum achten Mal.

Autor: Sean Magin