Die DITIB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld

Köln | Zum ersten Mal in der Geschichte Kölns erklang am heutigen Freitag der Muezzin-Ruf an der DITIB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld. Viele Menschen kamen und hörten Imam Mustafa Kader.

Imam Mustafa Kader rief, verstärkt von Mikrofonenen auf der Plattform zwischen Verwaltungs- und eigentlichem Moscheegebäude, zum Gebet. Die DITIB-Zentralmoschee in Ehrenfeld wurde im Jahr 2018 vom türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan eröffnet. Die DITIB ist der türkischen Religionsbehörde unterstellt. Die Stadt Köln ermöglichte den Muezzin-Ruf, der freitags zwischen 12 und 15 Uhr fünf Minuten lang erklingen darf. Im „ZDF“ spricht der Islamwissenschaftler Ahmad Mansour von einer „Symbolpolitik, die falsch ist“. Damit erfolge eine Legitimation eines politischen Islams, der von Ankara gesteuert werde.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker erklärte im Oktober 2021: „Muslim*innen, viele von ihnen hier geboren, sind fester Teil der Kölner Stadtgesellschaft. Wer das anzweifelt, stellt die Kölner Identität und unser friedliches Zusammenleben infrage. Wenn wir in unserer Stadt nebem dem Kirchengeläut auch den Ruf des Muezzins hören, zeigt das, dass in Köln Vielfalt geschätzt und gelebt wird“.

Es waren heute mehr Menschen zur Ehrenfelder Moschee gekommen als in den Wochen zuvor – auch von außerhalb, die diesem historischen Moment beiwohnen wollten. Es gab auf der Straßenseite, die der Moschee gegenüberliegt auch Proteste wegen der Situation der Frauen im Iran und der dortigen Islamischen Republik, wo die Frauen derzeit auf die Straße gehen und dort im Iran „Frau, Leben, Freiheit“ rufen.

„Allah (Gott bzw. Gottheit) ist groß (größer als alles und mit nichts vergleichbar) / Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah / Ich bezeuge, dass Mohammed Allahs Gesandter ist / Eilt zum Gebet / Eilt zur Seligkeit (Heil/Erfolg) / Allah ist groß (größer als alles und mit nichts vergleichbar) / Es gibt keine Gottheit außer Allah

Der Muezzin-Ruf – Allāhu akbar in einer Transkription

Der „#Muezzinruf“ trendet auf Twitter und viele Politiker:innen äußern sich. So schreibt etwa Volker Beck, Grüne: „An #DITIB & @RTErdogan ist es das falsche Signal. Eine Belohnung für den nie aufgearbeiteten Spionageskandal: Verletzung der Rechte deutscher Staatsbürger türkischer Herkunft. In Sachen religiöse Pluralität und Religionsfreiheit ist der #Muezzinruf ein Zeichen der Normalität.“

In der Zeitschrift „Emma“ macht Hellen Vaziry, die 1986 aus dem Iran floh, deutlich, dass der Klang von Kirchenglocken nicht mit dem Muezzinruf vergleichbar sei: „Es ist kein Glaubensakt, sondern ein politischer Akt.“ Und sie sagt: „Dass er (der Muezzin-Ruf) jetzt auch hier in Köln gerufen wird, wird in der Türkei sehr laut zu vernehmen sein.“ Zudem macht sie deutlich, dass in den meisten islamischen Ländern der Muezzin-Ruf durch Lautsprecher verboten, in Köln aber nun erlaubt sei.

Die Reaktionen in den Sozialen Medien sind äußerst ambivalent. Während die einen von Machtdemonstration des politischen Islams sprechen, Populisten gegen den Muezzinruf hetzen, gibt es auch differnzierte Stimmen, die die DITIB kritisieren und die Religionsfreiheit ins Feld führen.

red01