Die Oberbürgermeisterin der Stadt Köln Henriette Reker bei der Vorstellung des städtischen Haushaltsplanentwurfs für die Jahre 2023/24 am 16. August 2022 im Weißen Saal des Historischen Rathauses.

Köln | Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Stadtkämmerin Dörte Diemert stellten ihren Doppelhaushalt für die Jahr 2023 und 2024 vor. Ein Doppelhaushalt, mit dem vor allem Reker trotz angespannter Haushaltslage noch einmal Akzente setzen will. Dabei ist der Haushalt für das Jahr 2024 extrem scharf auf Kante genäht und es fehlen nur 0,02 Prozentpunkte vor den 5 Prozent Entnahmequote beim Eigenkapitalund sollte dies zweimal hintereinander passieren, dann droht die Haushaltssicherung. Und eines bleibt: Köln verbraucht mehr als es sich eigentlich leisten kann und zehrt sein Eigenkapital auf.

Kölns Stadtkämmerin Prof. Dr. Dörte Diemert bei der Vorstellung des Haushaltsplanentwurfs 2023/24 im Weißen Saal des Historischen Rathauses Köln am 16. August 2022.

„Die urbane Transformation in Köln vorantreiben – hin zur einer Klimametropole, einer Mobilitätsmetropole, einer Bildungsmetropole und weiterhin starken Wirtschaftsmetropole.“

Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln

Haushalt in „schwierigen Zeiten“

Ein Haushaltsplan ist ein Plan und wird später mit Leben gefüllt, beziehungsweise die Mittel werden später ent- und eingenommen. Damit aber Politik, Stadtverwaltung, Organisationen und Institutionen planen können, benötigen sie diesen Rahmen. Reker und Diemert sprechen von schwierigen Zeiten. Nach und in Zeiten der Corona-Pandemie kommen mit Ukraine-Krieg und seinen Folgen die nächsten Herausforderungen auf die Stadt zu. Dabei sprudeln die Gewerbesteuereinnahmen und das taten sie bereits im I. Quartal dieses Jahres. Daher rechnet die Stadt mit rund 126 Millionen Euro Mehreinnahmen in 2023 ohne den Hebesatz anzutasten. Auf die Frage dieser Internetzeitung ob Reker und Diemert nennenswerte Neuansiedelungen einkalkulieren oder die Einnahmen sich durch gestiegene Preise erhöhen, zeigte sich, dass die Steigerungen auf die allgemeine Entwicklung zurückzuführen sei. Neuansiedelungen von großen Unternehmen nannte die Stadt nicht. Auch der Einkommenssteueranteil soll um rund 52 Millionen Euro steigen. Insgesamt weist der Haushaltsplanentwurf für 2023 einen Ansatz von 5,5 Milliarden und für 2024 von 5,8 Milliarden Euro an Ausgaben aus.

Drei Punkte griffen Diemert und OB heraus, wo die Stadt mit unerwarteten Kosten konfrontiert wurde: Die Nettobelastung für die Unterbringung von Geflüchteten liegt als Auswirkung des Ukraine-Krieges bei rund 44,5 Millionen Euro für die Jahre 2023 und 2024. Für die gestiegenen Energiepreise rechnet die Stadt in ihrem Bereich mit Mehraufwendungen von 7,8 Millionen Euro in 2023 und in 2024 mit 9,0 Millionen Euro sowie in den Folgejahren bis 2027 mit je 13 Millionen Euro. Auch die Zinswende der EZB schlägt zu Buche: Hier rechnet die Stadt mit einer Mehrbelastung von 10 Millionen Euro jährlich. Dabei macht vor allem Diemert klar, dass die wirtschaftliche Entwicklung weiter unklar sei und auch die Dynamik in den Märkten nicht prognostizierbar sei und damit weitere Risikovorsorgen nötig werden könnten.

Mit dem Doppelhaushalt sieht Diemert die Stadt gut gerüstet, da Nachtragshaushalte leichter und schneller aufzustellen seien, als ein kompletter Haushalt. Damit sei, selbst bei weiteren Krisen, ein flexibles Reagieren möglich, so Diemert.

Reker will urbane Transformation voranbringen

Reker will in den verbleibenden Jahren dieser Wahlperiode die urbane Transformation voranbringen sowie die Lebensqualität und den Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft sicherstellen. Wichtig seien ihr der Umbau zu einer Klimametropole, aber auch die Themen Bildungs- und Wirtschaftsmetropole. Die Stadt stehe vor großen Herausforderungen, da sie eine Krise nach der anderen Krise managen müsse. Im Deutschen Städtetag wolle sie sich dafür einsetzen, dass Bund und Länder die Kommunen bei den Energiekosten entlasten. Denn über den Kommunen und auch Köln hänge das Damoklesschwert der Haushaltssicherung, die für Köln vermieden werden müsse. Sie möchte als Stadtoberhaupt die Politik dabei unterstützen, das Ziel einer klimaneutralen Kommune bis 2035 zu erreichen. Hierfür seien 108 Millionen Euro im Haushaltsplanentwurf eingestellt.

Und auch den Umbau hin zu einer nachhaltigen Mobilitätsmetropole will die Stadtverwaltung sich etwas kosten lassen:

So viel Geld soll in nachhaltige Mobilität fließen:

2023: 147 Millionen Euro

2024: 192 Millionen Euro.

Reker macht deutlich, dass die Mobilitätswende gelingen müsse. Aber hier sieht sie Köln und ihre Verwaltung auf einem guten Weg, denn die Strukturen einer nachhaltigen Mobilität seien mittlerweile in der Stadtverwaltung verankert.

Reker will in kluge Kölner Köpfe investieren und schon in den Kindertagesstätten damit beginnen. Hier sollen 80 Millionen Euro zusätzlich fließen. 790 Millionen Euro sind für den Schulbau 2023/24 reserviert. Der Rat hatte einen entsprechenden Beschluss schon gefasst. Hier handelt es sich aber nicht um eine freiwillige Leistung der Stadt Köln, sondern um eine Pflichtaufgabe. Viel erhofft sich Reker von der Schulbaugesellschaft, die gegründet wird und von der sie kreative Wege erwartet, um das Thema Schulbau voranzutreiben. Reker sprach auch davon, dass das Geld für den Schulbau da sei und der Rat in der Pflicht sei, die Dinge auf den Weg zu bringen.

Die Wirtschaftsmetropole Köln sieht Reker als resilient gegen Krisen an, durch den Branchenmix, den es in der Stadt gebe. Reker will die digitale Infrastruktur vorantreiben und die urbane Transformation, mit der sie die Lebensqualität der Kölner:innen verbessern will. Und sie verweist auf die Kölner Qualitäten wie Solidarität, humanitäre Hilfe und den Zusammenhalt der Gesellschaft. Ihren politischen Umgang mit der aktuellen Situation beschreibt Reker so: Derzeit gleite die Stadt von einer Krise in die nächste Krise. Für sie zähle dabei Probleme zu erkennen und realistisch zu begleiten.

Wie viel Geld erhält Köln vom Land NRW?

Die Kölner Kämmerin plant bei den Zuweisungen des Landes NRW im Nebel. Denn die neue schwarz-grüne Landesregierung hat ihre Modellrechnung für ihre Zuweisungen an die Kommunen noch nicht vorgelegt. Dabei geht es etwa um Schlüsselzuweisungen des Landes NRW aus dem kommunalen Finanzausgleich. Anders als etwa bei der Gewerbesteuer, wo die Kölner Daten über Plan sind, sind die Zahlen zu den Zuweisungen nicht belastbar. Entsprechend plant Köln hier mit weniger Einnahmen als noch 2022. Bei den Schlüsselzuweisungen sind dies: 2023 rund 59 Millionen Euro und 2024 rund 38,2 Millionen Euro weniger als im Plan 2022.

Hebesätze unverändert

Die Stadt Köln tastet ihre Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer nicht an. Diemert spricht von einem klaren Signal, dass Köln hier setze.

Die Hebesätze in den Haushaltsplänen:
• Grundsteuer A: 165 Prozent
• Grundsteuer B: 515 Prozent
• Gewerbesteuer: 475 Prozent

Die Ausgaben steigen

Die Ausgaben steigen weiter und so plant die Stadtverwaltung, wie die Grafik zeigt. Betroffen sind fast alle Produktbereiche, so etwa die Ausgaben für die Grundsicherung, aber auch für Schulmieten oder die Kindertagesbetreuung. Auch die Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten und deren Betreuung steigt weiter an. Grundsicherung, Kindertagesbetreuung oder Flüchtlingsunterbringung schlagen mit mehr als einer Milliarde Euro zu Buche. Für den Breitbandausbau und die Digitalisierung gibt die Stadt mehr als eine halbe Milliarde Euro aus, wie auch für die Schulmieten. Für die Rad- und Gehwegunterhaltung und Attraktivierung des öffentlichen Straßenraums plant die Stadt in 2023 mit 334 Millionen Euro. Steigerung gibt es auch in den Bereichen Sicherheit und Ordnung auf 382 Millionen Euro in 2023, der Kultur auf 277 Millionen Euro oder dem Bauen und Wohnen auf 258 Millionen Euro. Auffällig dabei ist, dass vor allem die Ausgaben in die öffentliche Sicherheit deutlicher steigen, als etwa im Umweltschutz, der Kultur und Wissenschaft und der Natur- und Landschaftspflege. Am deutlichsten steigt der Sektor Bauen und Wohnen um rund 60 Millionen Euro bezogen auf 2023.

Deutliche Steigerungen bei den Personalaufwendungen

Der Aufwand für das Personal macht rund ein ¼ des gesamten Haushaltes aus und dieser steigt in der langfristigen Finanzplanung Jahr um Jahr an. Dies, so Diemert läge an mehr Personal und gestiegenen Tariflöhnen. Für 2023 rechnet die Kämmerei mit einer Steigerung um 26 Millionen Euro auf über 1,3 Milliarden Euro.

Die Stadt Köln entfernt sich wieder deutlich von einem ausgeglichenen Haushalt und auch der Doppelhaushalt weist eine hohe Deckungslücke aus, die sich vor allem in 2024 deutlich negativ entwickelt.

So hoch sind die Deckungslücken:

• 2022: 177,6 Millionen Euro (ohne Corona-Isolation)
• 2023: 191,7 Millionen Euro
• 2024: 256,2 Millionen Euro
• 2025: 184,6 Millionen Euro
• 2026: 70,3 Millionen Euro
• 2027: 11,4 Millionen Euro

Aufsummiert ergibt sich in der langfristigen Finanzplanung der Stadt Köln eine Deckungslücke von 891,8 Millionen Euro. Das sind, wie Diemert feststellt: „Tiefrote Zahlen“. Also Geld, das Köln eigentlich nicht hat und nur durch Verzehr seines Eigenkapitals aufbringen kann. Diemert macht deutlich, dass in der mittelfristigen Finanzplanung aus dem Jahr 2022 mit, zumindest für 2023, noch schlechteren Planzahlen gearbeitet wurde. Allerdings sehen die Prognosen für 2024 und 2025 wesentlich düsterer aus. 

Der Verzehr des Eigenkapitals ist dramatisch in Köln. Mit Umstellung von der Kameralistik auf den NKF-Finanzhaushalt sinkt das Eigenkapital deutlich von über 6,25 Milliarden Euro auf knapp über 5,25 Milliarden Euro in 2023. Bis 2027 soll dieses sogar unter 5 Milliarden Euro fallen. Daraus ergeben sich Entnahmequoten und diese sind relevant, ob Köln in die Haushaltssicherung muss oder nicht. Die Regel ist einfach: Entnimmt eine Kommune, in diesem Fall Köln, in zwei Jahren mehr als 5 Prozent ihres Eigenkapitals, dann sieht § 76 der Gemeindeordnung NRW vor, dass die Kommune in die Haushaltssicherung muss.

Die geplanten Entnahmequoten für Köln:
2023: 3,59 Prozent
2024: 4,98 Prozent
2025: 3,77 Prozent
2026: 1,49 Prozent
2027: 0,25 Prozent

Die „Guten“ und die „Bösen“

Die Stadt braucht zudem auf der Seite der Kredite mehr Geld, sowohl im Bereich der Investitionen, wie auch der Liquiditätskredite. Bei den Investitionskrediten spricht Diemert von „guten Krediten“, weil die Stadt damit Vermögen aufbaue, etwa wenn sie baut. In dieser Logik wären dann die Liquiditätskredite die „Bösen“. Und die steigen dramatisch an. Lagen die Liquiditätskredite im Entwurf 2022 noch knapp über einer Milliarde Euro, so steigen sie 2023 nach Plan auf 1,418 Milliarden Euro und schon 2025 überstiegen sie in der mittelfristigen Finanzplanung die Grenze von über 2 Milliarden Euro.

Zu den Investitionskrediten, oder in der Lesart von Diemert „guten Krediten“ legt die Stadtspitze eine Liste vor mit Großprojekten und stellt für deren Realisierung als Gesamtkosten für die Jahre 2023 bis 2027 auf:

• Zentraldepot Museen: 213,7 Millionen Euro
• Sanierung Mühlheimer Brücke: 164,1 Millionen Euro
• Unterhaltung Sportstätten: 142,6 Millionen Euro
• Historische Mitte: 111,9 Millionen Euro
• Investitionsprogramm Klimaschutz: 100 Millionen Euro
• Sanierung Römisch-Germanisches Museum: 81,2 Millionen Euro
• Stadtbahnanbindung Rondorf/Meschenich: 56,5 Millionen Euro
• Neubau der Feuerwache 1: 38 Millionen Euro
• Instandsetzung von Straßen: 36,4 Millionen Euro
• Computertechnologie Schulen: 34,5 Millionen Euro
• Spielplätze: 32,5 Millionen Euro

Mit der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs in den Kölner Rat beginnt nun die Debatte der Politik über die Pläne der Stadtverwaltung

Im Liveblog zur Ratssitzung finden Sie die Reden von Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Stadtkämmerin Prof. Dr. Dörte Diemert im Wortlaut: