Gelegen an einer ehemals von den Römern entlang des Rheins gebauten Fernstraße, die die germanischen Provinzen mit Italien verband, entwickelte sich der Waidmarkt nach einem halben Jahrtausend zum Handwerker- und Händlerviertel. Prominentester Anwohner war der Kölner Weinhändler und Ratsherr Hermann von Weinsberg, dessen Aufzeichnungen die bedeutendste Quelle zur Stadtgeschichte des 16. Jahrhunderts sind. Seinen Namen verdankt der Waidmarkt dem „Waid“, den die Färber entlang des nahegelegenen „Blaubachs“ zum Blaufärben von Textilien benutzten.

Köln ist ein Kontinuum
Die Idee für eine Zusammenarbeit des Kölnischen Stadtmuseums mit dem römisch-germanischen Museum entwickelte sich entlang der archäologischen Neuentdeckungen nach dem Einsturz des Stadtarchivs. Grundsätzlich entstand der Gedanke zu einer gemeinsamen Ausstellung aber noch vor der Katastrophe, denn, so der Direktor des Stadtmuseums, Mario Kramp: „Köln ist ein unentwirrbares Kontinuum.“

Das wird gezeigt
Gezeigt wird unter anderem die für den Waidmarkt charakteristische Handwerkskunst. Doch nicht nur Originale, auch auf Relikte von „Produktpiraterie“ wird hingewiesen: so beispielsweise eine Töpferarbeit, die geschickt den Eindruck vermittelt, in Italien verarbeitet worden zu sein. Einen wichtigen Platz in der Ausstellung nimmt Hermann von Weinsberg ein, dessen Anwesen in einer Miniaturausgabe im oberen Stockwerk des Museums in Augenschein genommen werden kann. Ein anderes Zeugnis, aus einer späteren Zeit, ist die Darstellung der öffentlichen Toiletten, die dem anliegenden Polizeipräsidium ein Dorn im Auge waren. Denn diese hatten den Ruf, ein beliebter Treffpunkt für Homosexuelle zu sein. 1966 gab es in einer dieser Toiletten eine Razzia. Festgenommen wurde auch der damalige Regierungspräsident Franz Grobben, der infolge des Skandals bald zurückgetreten ist.
Der § 175 des Strafgesetzbuches im Adenauer-Deutschland stellte sexuelle Handlungen unter Männern unter Strafe.



Der Geruch des Waidmarktes
Einen eindrucksvollen Beitrag zur Ausstellung und zum Gesamteindruck des Weidmarktes hat der Parfümeur Uwe Manasse geleistet: Er hat die Gerüche reproduziert und somit die Originalatmosphäre des Viertels eingefangen.

Kölnisches Stadtmuseum
"Orte Kölner Geschichte"
„Drunter und drüber – der Waidmarkt“
8. Oktober 2011 bis 18. Februar 2012
Di. 10.20 Uhr, Mi.-So. 10-17 Uhr, Mo. geschlossen
Eintritt: 3,50 €, ermässigt 1,50 €
Zeughausstraße 1-3
Köln-Innenstadt

Zur Ausstellung erscheint im J.P.Bachem Verlag ein Begleitband, der im Museum für 14,95 € erworben werden kann.

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