Mit großer Betroffenheit und Trauer hat Oberbürgermeister Jürgen Roters die Nachricht vom Tod Jean Jülichs aufgenommen. In einem Brief an Jülichs Frau Karin spricht Roters allen Angehörigen im Namen der Stadt Köln und ganz besonders auch persönlich sein tiefempfundenes Beileid aus. Jülich ist heute Morgen gestorben. „Ihr Mann gehörte zu den großen Kölnern, die durch ihr Handeln Spuren hinterlassen und Maßstäbe gesetzt haben. Das gilt besonders für sein Engagement als Zeitzeuge, der seine Erlebnisse während der NS-Zeit durch nimmermüden Einsatz den nachfolgenden Generationen vermittelte. Jean Jülich besuchte Schulen, unterstützte aktiv Ausstellungs- und Musikprojekte und warnte vor den Gefahren, die jedem totalitären Regime innewohnen. Er wird immer ein Vorbild für die Jugend sein und einen festen Platz im Gedächtnis der Stadt haben. Jetzt müssen wir alles daran setzen, dass sein Lebenswerk niemals in Vergessenheit gerät", so Roters im Brief.

Jean Jülich kam am Anfang mehr zufällig zu den Edelweißpiraten. Eigentlich eher unpolitisch trifft er in Sülz auf eine Gruppe junger Leute mit langen Haaren, die sich regelmäßig treffen. Sie kleiden sich anders, Jean Jülich bezeichnete das als „lebende Litfaßsäulen“, sie betrieben Opposition, prügelten sich mit der HJ. Sie besorgten sich Informationen, taten sich mit ehemaligen Zwangsarbeitern, die entflohen waren, zusammen, planten subversive Aktionen, wie dem Sprengen des Glasdaches einer Rüstungsfabrik. Nachts gingen Sie auf Raubzüge, um sich Ihr Essen zu besorgen. Denn untergetauchten Zwangsarbeiter bekamen keine Essensmarken. Sie wurden verhaftet. Im ELDE-Haus sah Jülich, als er in den Keller hinabgestoßen wurde, einen blutüberstömten Mann. Die gleichen Gestapo Männer, die schon seinen Vater verhaftet hatten, quälten nun ihn. 5 seiner Freunde wurden in der Schönsteinstraße öffentlich am Galgen hingerichtet. Jean Jülich selbst sagte: wir waren junge Menschen die aus dem Bauch heraus gehandelt haben, die gefühlt haben, da stimmt was nicht.

Aktualisiert 21.101.2011, 11:35 Uhr
Stimmen zum Todesfall
Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Landschaftsversammlung Rheinland, würdigte ihn als "großen Freigeist und Widerständler". Der LVR verlieh den Edelweißpiraten 2007 für ihren Kampf gegen das Vergessen den "Rheinlandtaler". Mit dieser Auszeichnung würdigte er nicht nur das Engagement der Gruppe, sondern eine Lebenshaltung. Diese war viele Jahrzehnte Vorbild für die Menschen – nicht nur im Rheinland. Gerade durch ihr Auftreten als Zeitzeugen ermöglichten die Edelweißpiraten Jugendlichen, unter anderem in Schulen und bei Jugendverbänden, einen direkten Zugang zum Thema Widerstand im Dritten Reich.

Benjamin Wernigk, Mitglied im Kreisvorstand der Linken: "Wir hoffen, dass sein Kampf gegen Faschismus nie in Vergessenheit gerät. Mit seinem bewundernswerten Engagement bis ins hohe Alter hat er jedoch ein sehr vielversprechendes Fundament dafür gelegt, dass auch jüngere Generationen in Köln und anderswo die Erinnerung an die Edelweißpiraten aufrecht erhalten und sich auch heute dem braunen Hass entgegenstellen werden." Torsten Löser, Sprecher des Kreisverbandes, ergänzt: "Unser besonderes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen und allen noch lebenden Mitstreiter_innen der Edelweißpiraten. Jetzt ist der Rat der Stadt Köln erst recht gefordert, Jean Jülich und die Edelweißpiraten zu Ehrenbürgern der Stadt Köln zu ernennen."

Kölner SPD-Parteichef Jochen Ott und Ratsfraktionsvorsitzender Martin Börschel: „Wir sind traurig einen Freund verloren zu haben. Jean Jülich war  ein Kämpfer für Freiheit und Demokratie. In seinem Wirken, ob bei den Edelweißpiraten, im Karneval und im Alltag,  war er  Vorbild  für die Menschen und nicht zuletzt beispielgebend, insbesondere für  junge Generation. Die Sozialdemokratie,  der er über 34 Jahre als Mitglied angehörte, ist stolz darauf Jean Jülich in  unseren Reihen gewusst zu haben. Jean Jülich hat Spuren hinterlassen in der Stadt Köln und im Herzen der Menschen, unabhängig ihrer sozialen Herkunft , Religion oder Nationalität. Wir werden ihn nicht vergessen.“

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