Auf Einladung von Oberbürgermeisters Jürgen Roters kommen 14 ehemalige Zwangsarbeiter aus Georgien, Lettland, Litauen und der Ukraine mit Begleitung vom 26. September bis 4. Oktober 2010 nach Köln. Die Gäste waren während des Zweiten Weltkriegs nach Köln verschleppt worden. Hier zwangen die damaligen Machthaber sie zur Arbeit in Rüstungsbetrieben, bei der Reichsbahn, in der Landwirtschaft oder zu Hilfsarbeiten in der zerstörten Stadt. Mit der Einladung der ehemaligen Zwangsarbeiter will die Stadt Köln ein Zeichen setzen und zum Ausdruck bringen, dass sie sich der historischen Verantwortung für diesen Abschnitt ihrer Geschichte bewusst ist. Das Besuchsprogramm beinhaltet politische, wissenschaftliche, kulturelle und touristische Elemente sowie einen Empfang der Gäste durch die Stadt Köln. Den Abschluss bildet eine Kranzniederlegung an den Gräbern der Gestapo-Opfer auf dem Westfriedhof. Heute begrüßt Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes die Gäste in Vertretung von Oberbürgermeister Jürgen Roters im Historischen Rathaus.

Eine Reise in die Vergangenheit
Seit 1989 lädt die Projektgruppe Messelager, eine unabhängige geschichtswissenschaftlich-politische Initiative im Verein EL-DE-Haus, mit finanzieller Unterstützung der Stadt Köln ehemalige Zwangsarbeiter zu einem Besuch in Köln ein. Seit 1990 organisiert das NS-Dokumentationszentrum in Zusammenarbeit mit der Projektgruppe die Besuche. Bereits knapp 600 Menschen nahmen das Angebot bereits an. Für sie  wurde die Reise oftmals zu einer Therapie, erzählte heute Angelika Lehndorff-Felsko, Mitglied der Projektgruppe Messelager. Denn viele von ihnen erzählen auch ihrer eigenen Familie im Rahmen der Reise erstmals über ihre Vergangenheit in der Domstadt. So berichtete ein Gast etwa, dass er nach der Reise erstmals wieder eine Nach durchgeschlafen hätte. Die Einladung zur Reise bedeutet jedoch auch für diejenigen, die sich mehr auf den Weg in ihre Vergangenheit machen, eine Art der Anerkennung, betonte heute Dr. Werner Jung, Direktor des NS-Dok. Sein Haus will das Programm noch bis zum Jahr 2014 fortführen.

100.000 junge Menschen waren als Zwangsarbeiter in Köln
Rund 100.000 junge Menschen wurden zwischen 1939 und 1945 als Zwangsarbeiter nach Köln verschleppt. Offiziell sollten erst jung Menschen ab 16 Jahren zum Arbeiten eingesetzt werden, einige der Zwangsarbeiter waren jedoch auch jünger. „Ich habe meine Jugend hier gelassen“, beschrieb eine Besucherin Lehndorff-Felsko ihre Erlebnisse. Mit 16 Jahren war sie nach Köln gekommen. Als sie 1945 wieder in ihre Heimat zurückkehrte, blieb keine Zeit für eine Ausbildung. Aus Not musste die junge Frau auch dort direkt in das Arbeitsleben einsteigen. Die jungen Menschen wurden in Waggons oft ohne Essen und Klo nach Deutschland gebracht. Das dauerte zwischen zwei Tagen und zwei Wochen. Hier wurden sie an Großbetriebe und Fabriken „verkauft“, wie sie oftmals berichten. Dabei suchten die Fabrikanten ihre Arbeiter meist nach Körperbau aus.

Programm soll bis 2014 fortgeführt werden
Für das NS-Dokumentationszentrum ermöglichen die besuche auch eine Erweiterung des eigenen Wissens. Viele Gäste stellen sich für Interviews zur Verfügung oder schenken dem Haus Fotos aus der Zeit. Inzwischen umfasst die Datenbank des NS-Dok Namen von rund 25.000 Kölner Zwangsarbeitern. Einige ihrer Geschichten wurden inzwischen auch in die Dauerausstellung aufgenommen. Zudem arbeitet Angelika Lehndorff-Felsko derzeit an einem Buch über die Zwangsarbeit in Köln. Es soll die Erinnerungen der jungen Menschen schriftlich fsthalten und voraussichtlich 2014 zum 25-jährigen Jubiläum des Besuchs-Programms herausgegeben werden.

Weitere Artikel zu diesem Thema bei Report-k.de:
September 2009: Ehemalige Zwangsarbeiter zu Besuch – Köln stellt sich seiner unbequemen Vergangenheit >>>

Mai 2009: Ehemalige Zwangsarbeiter zu Besuch – „Ich kämpfte gegen meinen Papa“ >>>

September 2008: Ehemalige Zwangsarbeiter zu Gast in Köln – aus Weißrussland verschleppt >>>

September 2007: Ehemalige Zwangsarbeiter zu Besuch – Versöhnungsbrot nach 63 Jahren >>>

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung