Miguel Freund und Josef Wirges bei der Gedenkveranstaltung in der Körnerstraße am 10, November 2021.

Köln | Vor 83 Jahren, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten in Deutschland die Synagogen. So auch in der Ehrenfelder Körnerstraße und Hunderte waren Zeugen und sahen tatenlos zu. Die Reichspogromnacht markiert das Ende der Hetze und den Beginn der Gewalt.

Die Feuerwehr löschte nicht die Synagoge in der Körnerstraße, sondern nur die Häuser die darum herum standen. Eigentlich wollte Rolly Brings mit seinem Lied „David“ teilnehmen, konnte dies aber aus gesundheitlichen Gründen nicht. Miguel Freund erinnerte an die Novemberpogrome und ordnete diese nicht nur im historischen, sondern auch aktuellen Kontext ein.

Freund spricht davon, dass die Pogrome des 9. November 1938 nicht der Auftakt und der Höhepunkt der Verfolgung der deutschen und schließlich aller europäischen Juden gewesen sei. Freund schlägt den Bogen weiter zum Antijudaismus und sagt dass dieser „Eingang in alle Lebensbereiche und war für den rechtskonservativen Teil der deutschen und auch österreichischen Gesellschaft geradezu konstituiv“. Freund folgert daraus, dass der Antisemitismus der Nazis eine breite Grundlage im Adel, Wehrmacht, der Wirtschaft, im Bürgertum bis hin zu den Arbeitern hatte. Freund sagt die Pogrome waren nicht spontan, sondern diese Erzählung sei Teil der Schuldabwehr in der Breite der Bevölkerung und den Satz „Wir haben davon nichts gewusst“ eine Lüge in der Nachkriegszeit.

Freund: „Die Monstrosität der begangenen Verbrechen, an denen tausende Soldaten, Polizisten, Beamte, Aufseher als Täter und Gehilfen auf allen Ebenen des Staates und natürlich die SS beteiligt waren, ist kaum in Worte zu fassen“.

Mit dem berühmten Zitat Adornos unser „Denken und Handeln so einzurichten, dass Auschwitz sich nicht wiederhole, nichts Ähnliches geschehen könne“, verbindet Freud mit der Frage, ob wir aktuell diesem Anspruch gerecht werden. Denn der Antisemitismus ist wieder allgegenwärtig. Das der Rat der Stadt Köln zum wiederholten Mal am 9. November tagt, kritisiert Freund. Er geht mit den Querdenkern hart ins Gericht und moniert, dass der Kölner Rabbiner sich nicht mehr traue Stadtbahn in Köln zu fahren.

Es sei unsere Pflicht, so Freund, sich nicht nur solidarisch zu zeigen, sondern auch offen und erkennbar gegen Antisemitismus aufzustehen.