Junge Frauen mit großem Bildungshunger
Gespannt warteten heute Morgen 20 junge Frauen auf den Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges. Er unterrichtete sie über das deutsche Grundgesetz und musste sich dabei auch mancher unbequemer Frage stellen – etwa warum junge ausländische Frauen, die in Deutschland geboren wurden, nicht die gleichen Rechte hätten wie Deutsche. Angesetzt war die Stunde eigentlich nur auf 45 Minuten. Doch auch nach gut einer Stunde herrschte zwischen Wirges und den jungen Frauen immer noch großer Redebedarf. Spontan wurde die Stunde darum verlängert. Dabei müssen sich die Frauen eigentlich auf ihre Prüfung vorbereiten. Denn sie lernen derzeit für den externen Hochschulabschluss. Vorbereitet werden sie dazu im Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen (BFmF) von staatlich ausgebildeten Lehrerinnen.

Dort sitzen in der Klasse in diesem Jahr 20 Frauen zwischen 18 und 43 Jahren aus sieben Nationen. Sie alle kommen aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen. Einige haben etwa in der 7. oder 8. Klasse die Schule abgebrochen und bereuen das nun. Andere haben früh ein Kind bekommen oder kamen als Heiratsmigrantinnen nach Köln. Sie alle verfolgen jedoch das gleiche Ziel: Sie wollen ihren Hauptschulabschluss nachholen, um dadurch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Ihre Partner und Ehegatten reagieren dabei unterschiedlich auf den Bildungshunger der Frauen, berichtete heute Erika Theißen, Leiterin und Geschäftsführerin des BFmF. So müssten sich einige erst gegen ihre Männer durchsetzen, die meisten würden jedoch unterstützt.

„Wer das schafft, ist für sein Leben gerüstet“
In wenigen Wochen werden die rund 20 jungen Frauen ihren Hauptschulabschluss in der Tasche haben. Ihre schriftliche Prüfung haben sie bereits absolviert. Nun müssen sie sich am 11. Juli noch den kritischen Fragen in einer mündlichen Prüfung stellen. Geprüft werden die Teilnehmerinnen in fünf Fächern: Deutsch, Mathe, Englisch oder die Muttersprache, Geschichte/ Politik und Biologie. Dabei werden alle mündlichen Prüfungen an einem Tag durchgeführt. „Wer das schafft, ist für sein Leben gerüstet“, sagte Theißen. Und bislang hätten fast alle Schülerinnen bestanden. Zwei Frauen aus dem ersten Kurs im Jahr 1997 würden inzwischen sogar promovieren. Auch wer sich nach dem Abschluss nicht zu einer beruflichen Karriere entscheidet, kann im Kurs viel erleben. „Wichtig ist es uns, den Frauen wieder Freude am Lernen zu vermitteln. Schließlich können sie das später auch ihren Kindern mitgeben und sie auf ihrem Weg unterstützten“, so Theißen.

Infobox: 15 Jahre BFmF
Vor 15 Jahren gründete eine Gruppe von muslimischer Frauen den Verein als Selbsthilfegruppe. Heute besuchen jährlich über 1.000 Multiplikatoren die Begegnungs- und Bildungsstätte. Täglich werden dort zehn Integrationskurse und weitere Kurse angeboten. Dabei bietet das BFmF zu allen Kursen auch eine Kinderbetreuung an. Erst das macht es für viele Frauen möglich, die Kurse zu besuchen. Das Programm der Vereins umfasst neben Bildungsangeboten auch Erziehungskurse, kreative Workshops und Familientreffs. „Unser Ziel ist es, Frauen auf ihrem Weg als Mutter oder Berufstätige in Deutschland zu unterstützen“, erklärte Erika Theißen, Leiterin und Geschäftsführerin des BFmF. Seit einigen Jahren hat der Verein seine Angebote auch für Männer geöffnet. So bietet der BFmF etwa einen Erziehungskurs für Väter an.

Wer das BFmF kennen lernen möchte, kann sich morgen von 15 bis 19 Uhr beim Tag der offenen Tür vor Ort informieren.

Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen (BFmF)
Liebigstr. 120b
50823 Köln
0221-800121-0

Cornelia Schlößer für report-k.de | Kölns Internetzeitung