Köln | Nach der Flutkatastrophe in mehreren Teilen Deutschlands plädieren Vertreter der Bundestagsfraktionen von Linkspartei und SPD für die Einführung einer Elementarschadenversicherung für alle Hausbesitzer. Der Versicherungsverband erwartet Rekordschaden nach Hochwasser, lehnt eine Pflichtversicherung ab und verweist auf die bestehenden Angebote der Elementarversicherung, die aber von den Hausbesitzern selbst in gefährdeten Gebieten nicht genutzt würden.

Das berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (Dienstagsausgabe). „Wenn die existierenden Versicherungen die Betroffenen im Regen stehen lassen und der Staat nicht immer und womöglich noch häufiger riesige Summen an Steuergeldern aufwenden kann, könnte eine solche Elementarschaden-Pflichtversicherung künftig entstehende Schäden ausgleichen“, sagte der stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende André Hahn der Zeitung.

Solidarische Versicherung für Elementarschäden

Auch die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich für eine solidarische Versicherung für Elementarschäden aus. „Für alle Menschen in unserem Land, die eine solche Versicherung brauchen, muss es eine bezahlbare Versicherung für Elementarschäden geben“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Hartmann. „Dies gilt sowohl in Zeiten einer großen Katastrophe, wie wir sie gerade erleben, als auch bei kleineren Überschwemmungen.“

Menschen an Flussläufen und Talsperren ohne Elementarschadensversicherung

Insbesondere in Landkreisen mit Flussläufen und Talsperren seien auch schon vor der Katastrophe nicht alle Gebäude in gefährdeten Gebieten mit einer Elementarschadenversicherung privater Versicherungskonzerne abgedeckt gewesen. „Deswegen brauchen wir eine umfassende Versicherungslösung, die neben dem Hochwasser auch alle anderen Elementarschäden abdeckt.“ Daniel Osberghaus vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hatte die Forderung nach schnellen Hilfen für Unwetter-Geschädigte kritisiert.

Versicherungsverband erwartet Rekordschaden nach Hochwasser

Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, rechnet nach der Hochwasser-Katastrophe mit einem Rekordschaden. „Kurzfristig zeichnet sich ab, dass sich 2021 zu einem der schadenträchtigsten Jahre seit 2013 entwickeln könnte. Damals lag der versicherte Schaden bei 9,3 Milliarden Euro“, sagte Asmussen der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgabe).

„Wenn es nicht gelingt, die Erderwärmung unter dem Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimagipfels zu halten, dann werden wir etwa die Versicherung von Naturgefahren nicht in der bestehenden Form fortführen können.“ Asmussen wies darauf hin, dass viele Gebäude in Deutschland nicht gegen Elementarschäden wie Starkregen abgesichert seien: „Selbst in der höchsten Risikozone ist in Deutschland jedes vierte Haus gegen Hochwasser versichert – nur jedes vierte Haus, denn mehr wäre möglich: Nahezu alle Hausbesitzer in Deutschland konnten sich gegen Naturgefahren versichern und werden dies auch weiterhin können.“

Eine Pflichtversicherung lehnt der GDV-Chef dagegen ab: „Eine Pflichtversicherung ist nicht unbedingt eine nachhaltige Antwort auf die vor uns liegenden Herausforderungen. Es mangelt in Deutschland ja nicht an Angeboten für Versicherungsschutz, sondern vielerorts eher an einem verantwortungsvollen Umgang mit Naturgefahren“, sagte Asmussen.

„Wenn jeder Schaden in jedem Fall ersetzt wird, bleiben staatlicher und individueller Naturgefahrenschutz auf der Strecke.“ Asmussen forderte mehr Prävention: „Klimafolgen-Anpassung kommt vielerorts zu kurz. Noch immer wird in Überschwemmungsgebieten gebaut, werden Flächen ungehindert versiegelt, stauen sich auf kommunaler Ebene Investitionen in Präventionsmaßnahmen. Hier gilt es umzusteuern, sonst setzt sich eine Spirale aus weiteren Katastrophen und steigenden Schäden in Gang, die erst teuer und irgendwann unbezahlbar wird.“

Dem Hochwasser-Experten zufolge benachteiligen sie de facto Hausbesitzer mit einer Versicherung und könnten schnell als ungerecht empfunden werden. Florian Toncar von der FDP hält dagegen, dass es bei der derzeitigen Großkatastrophe um den Erhalt ganzer Dörfer oder Städtchen in ihrer bisherigen Form gehe „und damit um eine immense Dimension“. Das rechtfertige ein staatliches Eingreifen.

Autor: dts
Foto: Hochwasserschäden in der Eifel nach den Starkregenereignissen vom 14. Juli.