Das Bild zeigt den Europäischen Gerichtshof

Luxemburg | dts | aktualisiert | Die bereits seit 2017 ausgesetzte deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist nicht mit europäischem Recht vereinbar. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg folgte am Dienstag seiner Linie, wonach eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht erlaubt ist. Konkret ging es in dem Verfahren um die Klagen von zwei Internetdienstanbietern gegen die Datenspeicherpflicht.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte in der Frage den EuGH eingeschaltet. Die Luxemburger Richter hatten in der Vergangenheit schon mehrere Urteile zur Vorratsdatenspeicherung in verschiedenen Ländern gesprochen. Die Rechtsauffassung war dabei stets, dass EU-Staaten Kommunikationsdienstleister nicht zu einer flächendeckenden und pauschalen Speicherung von Internet- und Telefon-Verbindungsdaten verpflichten dürfen.

Gewisse Ausnahmen hatte der Gerichtshof in der Vergangenheit aber bereits zugelassen, wie zum Beispiel die Beschränkung auf bestimmte Personengruppen oder Orte. Auch ein vorübergehendes Speichern, wenn es um eine Bedrohung der nationalen Sicherheit geht, ist laut EuGH möglich. Zudem wäre eine Speicherung der IP-Adressen von Internetnutzern unter Umständen möglich.

Das Urteil vom Dienstag dürfte noch für Streit in der Ampelkoalition sorgen. Während sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für ein enger gefasstes Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ausspricht, ist die FDP strikt dagegen. Auch die Grünen hatten sich bereits ablehnend geäußert.

Justizstaatssekretär: Vorratsdatenspeicherung „endgültig beerdigt“   

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Benjamin Strasser (FDP), hat das Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung begrüßt. „Mit dem Urteil des EuGH zur deutschen Vorratsdatenspeicherung ist das anlasslose und massenhafte Sammeln von Daten durch die Sicherheitsbehörden endgültig beerdigt“, sagte Strasser den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben). „Im Koalitionsvertrag haben wir uns auf eine anlassbezogene und richterlich genehmigte Speicherung von Daten geeinigt.“

Das wolle man jetzt „schnellstmöglich umsetzen“. Sofern bei den Sicherheitsbehörden ein Anfangsverdacht hinsichtlich eines Tatverdächtigen bestehe, könnten mit dem geplanten Gesetz Daten dieser Person für das Ermittlungsverfahren erhoben werden, sagte Strasser. „Mit diesem Quick-Freeze-Verfahren geben wir den Sicherheitsbehörden im Kampf etwa gegen Kindesmissbrauch und Terrorismus ein neues Werkzeug an die Hand.“

Wichtig sei nun, dass geprüft werde, „inwiefern die Polizei mehr Personal und eine bessere technische Ausstattung benötigt, um diese rechtstaatlich erhobenen Daten künftig auch zügig auszuwerten zu können“, so der FDP-Staatssekretär.

SPD-Chefin will endgültige Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung   

Nach dem EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland fordert die SPD-Vorsitzende Saskia Esken die endgültige Abschaffung des Instruments. „Eine präventive, allgemeine und anlasslose Vorratsdatenspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten ist mit dem Europarecht unvereinbar“, sagte Esken am Dienstag der „taz“. Grundsätzlich teile sie das Ziel und unterstütze die Strafverfolgungsbehörden, schwere Straftaten im Internet aufzudecken.

„Dazu gilt es jetzt die Vorgaben des Koalitionsvertrages umzusetzen. Ich erwarte, dass die Bundesregierung zeitnah ein Quick-Freeze-Gesetz vorlegen wird.“ Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist in Deutschland seit Jahren umstritten und war zuletzt wegen offener Rechtsverfahren ausgesetzt.

Der EuGH erklärte am Dienstag nun die deutsche Variante für rechtswidrig, sie verstoße gegen europäisches Recht. Allerdings sei eine „gezielte“ und zeitlich begrenzte Vorratsdatenspeicherung möglich, wenn eine „ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit“ vorliege, so das Gericht. Anders als Esken hatte sich ihre Parteikollegin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser zuletzt für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen, insbesondere im Kampf gegen Kinderpornografie.

Faeser wollte sich zu dem EuGH-Urteil erst am Nachmittag äußern. Die Ampel hatte in ihrem Koalitionsvertrag keine definitive Absage an die Vorratsdatenspeicherung vereinbart. Festgehalten aber wurde, dass diese „rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss“ ausgestattet werden soll.

Esken plädierte am Dienstag als Alternative zur Vorratsdatenspeicherung neben dem „Quick Freeze“-Verfahren auch für die Einführung einer sogenannten Login-Falle. Damit würde man ein „grundrechtsschonendes Instrument“ schaffen, um Täter schwerer Straftaten besser identifizieren zu können, sagte Esken der „taz“. „Darüber hinaus benötigen die Strafverfolgungsbehörden dringend bessere personelle und technische Ausstattung, um effektiv gegen Rechtsverletzungen vorgehen zu können.“

red01