Köln | Das Museum für angewandte Kunst Köln (MAkk) hat sich in diesem Jahr dem Schwerpunkt Architektur verschrieben. Am kommenden Wochenende setzt sich das Haus durch eine Inszenierung des Kölner Multimediakünstlers und Komponisten Thomas Witzmann mit sich selbst auseinander. Wer jetzt denkt, wie öde, der irrt. Witzmann inszeniert die Architekturgeschichte multimedial, lässt einen Chor dazu Bierlieder singen und will die tollen Räume des Museums durch Musik auf neue Art erfahrbar machen. Museumsdirektor Dr. Petra Hesse ist heute schon voller Vorfreude auf das kommende Wochenende wenn die Uraufführung stattfinden wird.

Zum Hintergrund und der Idee

An der Stelle des heutigen Museums stand ursprünglich ein Minoritenkloster, von dem heute nur noch die Kirche religiösen Zwecken dient. Schon im Mittelalter wurde in dessen Kreuzgang Kunst präsentiert – somit folgt das MAKK einer langen Tradition. 1861 eröffnete auf dem Grundstück des Klosters das erste Walraff-Richartz-Museum – der Kreuzgang wurde in das neue Gebäude integriert. Nachdem das Museum und große Teile des Kreuzganges im zweiten Weltkrieg zerstört worden waren, wurde an ihrer Stelle das heutige MAKK errichtet. Nun sucht das Museum auf ausgefallene Art die Auseinandersetzung mit diesem geschichtsträchtigen Ort für die Kunst und die Architektur, die sie seither beheimatete.

Konsequenter Bruch mit Konventionen

Durch das Vermischen von Live-Performance, Musiktheater und Videokunst verwandelt Witzmann den Eingangsbereich des Museums zu einem Ort unterschiedlicher Erlebniswelten. Dabei dient der lichtdurchflutete Raum gleich mehrfach dem Schaffensdrang des Künstlers:
Zum einen als Projektionsfläche für eine Videodokumentation zur Entstehungsgeschichte der Gebäude seit dem Mittelalter. Parallel folgt man einer Gesprächsrunde zum Bau des MAKK nach dem Krieg. Hierfür hat der Künstler O-Töne von Zeitzeugen eingefangen, u.a. auch von Maria Schwarz, der Witwe des Architekten. Diese bemerkt scherzhaft, ihr Mann habe etwas schaffen wollen, „dass einmal genauso schöne Ruinen geben wird, wie das alte Gebäude.“ An der Stelle des MAKK war zuvor das erste Wallraf-Richartz-Museum für 70 Jahre beheimatet – in einem neogotischen Prachtbau. Klanglich untermalt wird diese 30-minütige Dokumentation durch Trinklieder aus dem Zeitraum des 14. Jahrhunderts bis zur Gegenwart – live vorgetragen von einem Chor. Durch diesen Verfremdungseffekt möchte Witzmann einen neuen Blickwinkel auf das eigentlich nüchterne, sehr sachliche Video erreichen und schlägt eine Brücke zur Ausstellung etwa der Trinkgefässe, ohne die Artefakte selbst zu zeigen. Gleichzeitig erführen die beiden unvereinbar scheinenden Elemente eine gemeinsame Aufwertung, so der Künstler.
Zum anderen ist der Empfangsbereich Schauplatz einer Inszenierung der besonderen Art: Der Chor, begleitet von Bassklarinette, Altsaxophon und Tuba wird, folgt man der Dramaturgie Witzmanns, die „Stufenberg“ getauften Treppen des MAKK herunter schreiten . Unten angekommen, bahnt sich der etwa 40 Akteure starke Chor seinen Weg durch die unten sitzenden Zuschauer. Im „Vorbeigehen“ kommt es dann zu einer kurzen Interaktion mit dem Publikum. Schließlich kulminiert die Veranstaltung mit dem unverhüllten Blick auf die Reste des historischen Kreuzgangs direkt hinter dem Museumsbau, welcher in einem besonderen Licht präsentiert werden soll.

Architektur mit allen Sinnen erfahren

Ziel dieser „Hybrid-Veranstaltung“, so Witzmann, sei die Vermittlung von Kunst, Musik und Architektur im Wandel der Zeit – und dies mit mehreren Sinnen gleichzeitig. Zu diesem speziellen Zweck fiel die Wahl auf das MAKK als Ort der Umsetzung. „Wenn ich ein Gebäude zum ersten Mal betrete frage ich mich immer: Was will das Gebäude von mir? Was will es mir sagen?“, so Witzmann. Im Falle des MAKK scheint dies ein längerer Dialog gewesen zu sein. Nach zweijähriger intensiver Vorbereitung, in seinem digitalen Atelier und Studio, ist nun Premiere.

Infobox:

Die Veranstaltung unter dem Namen „Einfallswinkel/Brechung“ findet vom 14. bis 16. September im Gebäude des Museums für angewandte Kunst Köln statt. Beginn ist jeweils 20.00 Uhr; Eintrittpreis 15,- €, ermäßigt 10,-€.
In einem Publikumsgespräch stellt Thomas Witzmann am Sonntag, 9. September 2012 um 11.00 Uhr allen Interessierten sein Konzept vor.
Karten gibt es an der Museumskasse und der Abendkasse.

Autor: dd
Foto: Künstler Witzmann erklärt im Eingangsbereich des Museums sein Konzept