Sunday Oliseh, hier mit Ex-Mitspieler Andrzej Rudy. Foto: Bopp

Köln | „Mut zum Widerstand – meine Geschichte“!

So lautet der Titel einer Abrechnung mit vielen Protagonisten aus dem Fußballgeschäft. Ex-FC-Fanliebling Sunday Oliseh (47) hat nun seine 348 Seiten umfassende Biografie veröffentlicht und spart darin nicht mit Plaudereien aus dem Nähkästchen.

Der betont stolze und von sich selbst sehr überzeugte Nigerianer, der 1995 ans Geißbockheim wechselte und zwei starke Spielzeiten absolvierte (4 Tore in 54 Spielen), widmet der Zeit in Köln eines der zwanzig Kapitel.

Darin schildert er ausführlich, wie der FC gegen Gladbach und Leverkusen – auch dank seiner Treffer – die Derbys mit 4:0 gewann.

1.FC Köln: Sunday Oliseh kritisiert Peter Neururer und feiert Ex-Präsident Klaus Hartmann (†90)

Oliseh schildert, wie er 1996 als Olympiasieger herzlich in Köln „wie ein Rockstar“ zurück empfangen wurde und lobt neben der so beschriebenen deutschen Mentalität vor allem die Fans des FC, speziell beim Abschied 1997: „Das ganze Stadion, zu meiner erfreuten Überraschung, inklusive der Leverkusener Fans, stand auf mit Bannern und gab mir standing ovations und einen Abschiedsapplaus und wünschte mir Alles Gute für das neue Kapitel Ajax Amsterdam. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Ich habe mich niemals, in keinem Verein, so von den Fans wertgeschätzt gefühlt wie in Köln.“

Mut zum Widerstand. Titel der Biographie von Sunday Oliseh.

Kritik gibt es, wenn überhaupt, nur stellenweise gegen Ex-Coach Peter Neururer.

Dieser, so Oliseh, habe nach der guten Hinserie z.B. im Spiel gegen Dortmund einen verheerenden Fehler begangen: „Zur Halbzeit, an einem sehr kalten Wintertag, stand es 0:0 und wir waren gut im Spiel. Jedoch, als der Schiri zur Pause pfiff, weigerte sich unser Coach, wieder mal mit seiner Liebe fürs Theatralische und die Medienaufmerksamkeit, uns in die Kabine zu lassen. Er bestand darauf, dass wir auf dem Feld blieben.

Er behauptete, dass die Rückkehr in die Umkleide das Momentum brechen würde. Und so standen wir in der Kälte und konnten nicht ins Warme. Als das Spiel fortgesetzt wurde, nach 15 Minuten in der Kälte, waren wir nicht mehr wettbewerbsfähig und verloren 0:3 am Ende.“ Die Mannschaft sei wegen dieser „Unprofessionalität“ absolut „verärgert“ und das Club-Management „angepisst“ gewesen.

Derby-Resümee: Watschn für Christoph Daum

Es dauerte so nicht lange und Ex-Manager Bernd Cullmann habe ihn dann ins Büro geholt und Oliseh gefragt, ob man Neururer entlassen müsse. Doch wie er schreibt, habe sich Oliseh – obwohl auch andere Spieler wie Toni Polster nicht gut auf Neururer mehr zu sprechen gewesen seien – dagegen ausgesprochen, weil in der Vorsaison mehrere Trainerwechsel von Morten Olsen zu Engels und Neururer nichts Gutes bewirkt hatten und der Abstieg nur knapp verhindert werden konnte.

Morten Olsen, designierter neuer Coach von Amsterdam, lud ihn in sein Domizil in Belgien ein, machte ihm einen Wechsel zu Ajax schmackhaft und auch die Scouts des großen AC Milan hätten in jenen Wochen ihn beobachtet.

Den Kölner Ex-Präsidenten Klaus Hartmann (verstorben 2019) aus dieser Zeit beschreibt Oliseh wie auch den späteren Dortmunder Manager Michael Meier respektvoll als „sehr empathische Vater-Figur“, die ihn vom Mailänder Interesse berichtet habe, aber er habe Ajax vorgezogen.

Gern schildert Oliseh, wie der FC dem Lokalrivalen Leverkusen in seinem letzten Heimspiel die Meisterschaft verdarb und verteilt gegen Christoph Daum, damals Bayer-Coach, eine Watschn.

Tränen fluteten meine augen. es war kristall-klar, dass ich die durch coach sammer derzeit vergiftete umgebung verlassen musste

Sunday Oliseh

„Als ich zum letzten Training vor dem Spiel ankam, empfing uns eine Abordnung von FC-Fans mit Bannern am Trainingsplatz. Sie sprachen die Mannschaft im Ganzen an und dann mich persönlich. Sie sagten, sie würden mir immer dankbar sein für das, wie ich mich von Anfang an eingesetzt hatte für den Verein. Aber sie würde es noch ein einziges Mal brauchen, als Abschiedsgeschenk, wenn ich die Mannschaft zum Sieg über Leverkusen führe“, erinnert er sich.

Und weiter: „Als wir im Stadion ankamen, war die Atmosphäre sehr aufgeheizt und die Leverkusener Spieler zeigten uns die kalte Schulter. Als eine provokative Geste hielt ihr Coach Christoph Daum, auf einem Ball sitzend und von seinen Spielern umringt, die Teamansprache im Mittelkreis ab, während wir uns aufwärmten. Die Fans buhten ihn für diese grobe Geste aus.“

Sunday Oliseh: Huldigung an Michael Jackson und Abrechnung mit Matthias Sammer

Neben der detaillierten Beschreibung der großen Siege mit der nigerianischen Nationalelf, den sogenannten „Super Eagles“, geht der zu Spielerzeiten als Diva verschriene Mittelfeldstratege auch auch die beiden Kapitel Borussia Dortmund und Bochum ein.

Was den BVB angeht, ist seine Schilderung eine menschlich brutale Abrechnung mit Ex-Coach Matthias Sammer, der sich laut Oliseh gegenüber ihm und anderen Spielern wie Evanilson sukzessive respektlos und kalt verhalten habe, ihn provoziert und zu Tränen in der Kabine geführt habe.

Sunday Oliseh im Trikot des VfL Bochum 2004. Foto: Bopp

Er verschweigt indes nicht, dass er in seiner Bochumer Zeit den Fehler machte, Mitspieler Vahid Hashemian nach einem Streit die Nase zu brechen und nennt das auch klar im Nachhinein den „größten Fehler“ seiner Karriere. Als Inspiration für sein Leben nennt er den King of Pop Michael Jackson, den er schon als Kind sehr verehrt habe.

Oliseh und seine Biographie: Für Fußballkenner ein heiterer Ausflug in die Bundesliga der 90er und speziell für Fans der „Super Eagles“ eine spannende Insider-Lektüre.