Das Symbolbild zeigt Jacken vom Deutschen Roten Kreuz

Berlin | dts | Der Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hat bei Pandemie, Ahrtal-Flut und Flüchtlings-Unterbringung das staatliche Krisenmanagement kritisiert. „Deutschland kann Krise, aber wir könnten deutlich besser sein, wenn wir das Know-how und die Ressourcen, über die wir verfügen, besser einsetzen würden“, sagte Christian Reuter der „Welt am Sonntag“. Im Bevölkerungsschutz zehre man von den knappen Reserven, die Deutschland in der Vergangenheit aufgebaut habe.

„Das haben wir bei der Pandemiebekämpfung, der Flüchtlingsaufnahme 2015 oder der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr vor Augen geführt bekommen. Vieles von dem, was heute fehlt, hatten wir bereits einmal und es wurde nach Ende des Kalten Krieges aufgegeben, weil wir dachten, auf einer Insel der Glückseligkeit zu leben“, so Reuter. Die ausgerufene „Zeitenwende“ müsse auch für den Zivilschutz gelten, verlangte er.

„Statt der 700 Millionen Euro pro Jahr dafür, die jetzt im Bundeshaushalt stehen, müssten es zwei Milliarden sein, um alles Nötige finanzieren zu können.“ Eigentlich wolle Deutschland in der Lage sein, im großflächigen, nicht militärischen Katastrophenfall ein Prozent der Bevölkerung zu versorgen. „Tatsächlich haben wir gerade mal die erste Einrichtung zur Versorgung von 5.000 Menschen in Betrieb genommen“, so Reuter.

Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, sieht darüber hinaus in Krisenfällen ein Führungsproblem und Schwächen bei der Abstimmung der verschiedenen staatlichen Ebenen: „Wir unterstützen daher die Einrichtung eines gemeinsamen Kompetenzzentrums der Länder und des Bundes. In diesem müssen die Kreise und Städte von vornherein gesichert eingebunden sein“, sagte Sager der „Welt am Sonntag“. Nötig seien zudem wieder ein flächendeckendes Sirenennetz, übergreifende Katastrophenschutzübungen und eine bessere Ausrüstung der Einsatzkräfte.

Experten bewerten das Krisenmanagement in Deutschland auch mit Blick auf die Pandemie-Bekämpfung kritisch. „Von einer wohlhabenden Industrienation wie Deutschland erwartet man erstklassiges Krisenmanagement, aber wir sind allenfalls im oberen Drittel“, sagte Krisenforscher Frank Roselieb. „Die Österreicher setzen Maßnahmen schneller um und kommen zu pragmatischeren Lösungen. Und die dänische Regierung hat es viel besser als die Bundesregierung verstanden, Vertrauen in ihre Krisenpolitik zu wecken und die Leute hinter sich zu versammeln“, so Roselieb. „Was Deutschland in Ausnahmesituationen stark macht, sind die vielen Hilfsorganisationen, die vielen freiwilligen Helfer und die robusten Unternehmen“, sagte Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung. „Die Politik, vor allem die Bundesregierung, trägt da mit ihren häufigen Planänderungen und dem Zickzackkurs in Krisen eher zur Desorientierung bei.“