Ältesten bekannten Wolldeel gefunden
In einem mongolischen Felsgrab aus dem 7. bis 11. Jahrhundert wurden nun zwei unterschiedliche Gewänder aus der reiternomadischen Kultur entdeckt. Damit liegen nun erstmals originale Beispiele von Bekleidung aus dem 11. Jahrhundert vor, die bis heute nur aus Abbildungen bekannt sind. Die Textilien wurden nun zur Fachhochschule Köln gebracht. Maike Piecuch und Laura Peters, beide Masterstudentinnen an der FH Köln, gelang es unter Leitung von Prof. Dr. Annemarie Stauffer, aus den vielen Einzelteilen einen Seidenkaftan aus chinesischem Damastgewebe und den ältesten bis heute bekannten Wolldeel (Mantel aus Wollfilz) zu rekonstruieren. "Die Seide wurde in üppigster Weise verarbeitet – der Kaftan besteht vollständig aus Seide", schwärmt Stauffer. "Das lässt Rückschlüsse auf die hohe Position und den Reichtum seines Besitzers zu und zeigt, dass man einen Zugang zu Handelsgütern und Zugang zu China hatte. Allerdings wissen wir noch nicht auf welchen Wegen der Seidendamast in die Nordmongolei kam", sagte Stauffer weiter. Damast war damals kein übliches Handelsgut und nur Chinesen konnten damals Damastseide weben. Möglicherweise war der Seidendamast ein wertvolles Geschenk.


Der wohl älteste bekannte Wollmantel [Foto: J. Vogel | LVR-Landesmuseum Bonn]


Hochfunktionell geschneidert
"Wir wussten", so Stauffer, "dass die Ärmel der Reitergewänder in unterschiedlicher Weise getragen werden konnten. Erst jetzt wissen wir, wie das Gewand konkret geschneidert war und getragen wurde. Es hat sehr lange Ärmel, durch Schlitze unter den Armen konnten die Arme zum Reiten aus den Ärmeln gezogen und diese mit einem Knopf am Rücken befestigt werden." Höchste Schneiderkunst belegt auch der zweite Textilfund, der Wollmantel. Er besteht aus einzelnen zusammen genähten Bahnen. Das Besondere sind die Feinheit und die Verarbeitung des Tuchs. Zur endgültigen Bestimmung, aus welcher Wolle der Mantel besteht, sind weitere Forschungen durch intensive Analysen, Recherchen und Abgleichen mit Spezialdatenbanken erforderlich. Der Mantel ist hochfunktionell geschneidert: Oben eng anliegend, unten weit geschnitten (damit man aufs Pferd steigen konnte), und so genäht, dass der Reiter nicht auf den Nähten sitzen musste und seine Beine geschützt waren. Zudem hatte er eine Kapuze zum Schutz gegen die Witterung. Und das alles in einer sehr feinen Faser, schön und gleichmäßig verarbeitet.


Ausschnitt des Seidenkaftan
[Foto: FH Köln/ Thilo Schmülgen]


Gewänder in Ausstellung zu sehen
Auch alle anderen Kölner können die Gewänder sehen. Sie werden in der Ausstellung »Steppenkrieger – Reiternomaden des 7. – 14. Jahr­hun­derts aus der Mongolei« ab dem 26. Januar 2012 im LVR-Landesmuseum in Bonn zu sehen sein. Die Ausstellung will zeigen, welchen hohen Standard die Kultur der gleichzeitig gefürchteten und bewunderten Reiternomaden hatte – eine Hochkultur, die bislang in der geschichtlichen Betrachtung unterschätzt worden ist. Die neuen Erkenntnisse gelten als Meilensteine der Kulturgeschichte und in der Erforschung der mongolischen Kultur.

Die Erforschung, Rekonstruktion und anschließende Konservierung der Gewänder ist Teil eines Gemeinschaftsprojekts der Fachhochschule Köln, der Universität Bonn, des LVR-LandesMuseums Bonn sowie des Instituts für Archäologie der Mongolischen Akademie der Wissenschaften, das von der Gerda Henkel Stiftung und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.

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