Berlin | In deutschen Ställen werden deutlich mehr Tiere gezüchtet und Fleisch produziert, als die Bürger verzehren. Der Selbstversorgungsgrad mit Fleisch hat 2015 mit 122 Prozent einen neuen Rekord erreicht. Vor zehn Jahren entsprach die Quote noch mit 99 Prozent dem tatsächlichen Konsum.

Dies geht aus einer Antwort des Bundeslandwirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstagausgaben) vorliegt. Grund für die Entwicklung ist die in Deutschland stark gestiegene Fleischproduktion durch Massentierhaltung und den Export, der sich seit 2005 von 2,3 Millionen Tonnen auf 4,0 Milliarden Tonnen fast verdoppelt hat. Deutschland ist nach den USA und Brasilien der weltweit größte Fleischexporteur.

Die Grünen-Umweltexpertin Bärbel Höhn sorgt sich angesichts der Entwicklung um das Tierwohl und die Umweltschäden: „Wenn wir unser Grundwasser über die Gülledüngung der Felder nicht vollständig ruinieren wollen, müssen die Tierzahlen deutlich reduziert werden.“ Deutschland liefert immer mehr Billigfleisch für den Weltmarkt. Die Folge seien „noch mehr Tierleid in zu engen Behausungen, mehr abgeholzter Amazonas-Regenwald für Futtermittel und mehr Gülle auf deutschen Feldern, die das Grundwasser versauen und das Trinkwasser verteuern. „Der Bundeslandwirtschaftsminister spricht sich jedoch gegen einen Fleischverzicht zugunsten des Klimaschutzes aus. „Ein staatlich verordneter Fleischverzicht ist nicht der goldene Weg zur Klimarettung“, sagte Christian Schmidt (CSU) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er tritt damit einem Ziel im Entwurf des Klimaschutzplans 2050 des Bundesumweltministeriums entgegen, der bis zur Mitte des Jahrhunderts eine Reduzierung des Fleischkonsums nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung vorschlägt – und damit eine Halbierung des Fleischverzehrs.

Diese empfiehlt einen Konsum von 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche und Person. Heute liegt der wöchentliche Fleischkonsum im Schnitt bei 1,1 Kilogramm pro Person. „Auf Basis der Klimaziele zu berechnen, wieviel Landwirtschaft wir uns leisten können, ist angesichts einer weiter wachsenden Weltbevölkerung kein zukunftsfähiger Plan“, sagte Schmidt. Der Landwirtschaftsminister stützt vielmehr die Exportstrategie der deutschen Landwirtschaft: „Denn in unserem exportorientierten Land trägt auch die Landwirtschaft zu Wohlstand und Arbeitsplätzen insbesondere im ländlichen Raum bei.“

Autor: dts