10 Jahre Selbstenttarnung des NSU - Gedenken an die Opfer auf dem Wiener Platz der Initiative Keupstraße ist überall am 4. November 2021

Köln | „Kein Vergeben, Kein Vergessen, Kein Schlussstrich“ so die Initiative Keupstraße ist überall, die heute am 4. November an die Opfer des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) auf dem Wiener Platz erinnerte, Es ist der 10. Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU.

Der 4. November ist der Tag an dem die beiden Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Eisenach in ihrem Wohnmobil im Eisenacher Stadtteil Stregda nach einem Banküberfall starben. Beate Zschäpe sprengte die Wohnung des NSU-Trios in Zwickau in die Luft. Damit begann die Selbstenttarnung des NSU. Die Aktivist*innen der Initiative Keupstraße ist überall kritisieren zu Recht, dass nach der Enttarnung die Täter und die Täterin im Fokus stehen, aber nicht die Opfer. Die Gedenkveranstaltung begann mit einer Schweigeminute für die 10 Opfer: Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter.

Es sind rund 200 Menschen zum Gedenken gekommen. Sie werden umringt von 12 Polizeifahrzeugen. Sogar Bereitschaftsbeamte mit Helm am Gürtel und schwer bewaffnet mit Schlagstock, Waffen ziehen auf. Dazu kommen vier Motorradstreifen. Als die Menschen die zum Gedenken kamen zur Schweigeminute aufriefen röhren die Dieselmotoren der Polizeifahrzeuge einfach weiter. Den Polizeibeamten vor Ort fehlt es an der nötigen Sensibilität, so hat es den Anschein.

Dabei wäre es gut gewesen, wenn die Beamten der Erzählung, die dann folgte zugehört hätten. Auch das taten sie nicht. Denn die Aktiven von Keupstraße ist überall erzählten nicht nur aus dem Leben der Opfer, erinnerten an das doppelte Leid der Angehörigen durch die Täter-Opfer-Umkehr, die von Beamten der Ermittlungsbehörden verursacht wurde. Ruhig wurden die Fakten vorgetragen, auch die berechtigten Vorwürfe an Sicherheitsbehörden, Medien und die Politik. Offen bleiben die Fragen zur Auflösung des NSU-Komplexes und auch das ist gut, dass diese immer wieder öffentlich gestellt werden. Was geschah in der Probsteigasse etwa in Köln? Wer wird bis heute geschützt? Warum haben die Richter in München das Verfahren gegen 3 Angeklagte entpolitisiert?

In der schriftlichen Erklärung zur Kundgebung schreiben die Aktivistinnen: „Auch 10 Jahre nach der sogenannten Selbstenttarnung des NSU sind wir von einer lückenlosen Aufklärung weit entfernt! Das Versprechen, alle Helfershelferinnnen und Hinterleute einer gerechten Strafe zuzuführen, wurde gebrochen. Als Konsequenz daraus müssen migrantisierte Menschen weitere Anschläge von Neonazis befürchten. Auch die Zunahme des gesamtgesellschaftlichen Rassismus liegt in der Verantworung des Staates, der faschistische Gewalt verharmlost und selber schürt, wenn er die Flucht- und Migrationsbewegungen durch rassistische Rhetorik delegitimiert.
Wir rufen alle antifaschistisch orientierten Menschen auf, den Betroffenen zuzuhören und sich solidarisch der rassistischen Normalität entgegenzustellen. Kein vergeben, kein vergessen, kein Schlussstrich!“

Denn nach dem NSU-Komplex war und ist nicht Schluss. Der Rechtsterror ging weiter: Das tödliche Attentat auf Walter Lübke, Hanau, Halle, NSU 2.0 oder rechte Gruppen in der Bundeswehr oder der Polizei.