Kölns Sozial- und Umweltdezernentin brachte es auf den Punkt: “Wir sollten mal für einen Tag den Ton am Fernsehern abdrehen, damit die Hörenden merken was dies bedeutet.” Man könnte auch weitergehen und von einem Skandal sprechen, gerade bei den öffentlich rechtlichen Sendeangeboten, die gebührenfinanziert sind und für alle Menschen die gleichen Informationen zur Verfügung stellen müssen. Das diese erst auf Druck reagieren, war schon bei der ersten Auseindersetzung vor 25 Jahren festzustellen. Damals ging es darum wenigstens Informationssendungen wie etwa die Tagesschau zu untertiteln. Damals sammelte man 600.000 Unterschriften. Aber auch mit dem bestehenden Angebot ist man nicht zufrieden. Denn die Untertitel sind oft zu langsam und es müsste parallel eine Übersetzung in Gebärdensprache geben, damit auch wirklich alle an den Nachrichten teilnehmen können.  Auch die Qualität der Untertitel wird bemängelt, sie sei schlecht und oft unvollständig. Heute geht es den Gehörlosen aber nicht nur um die Informationssendungen. Sie fordern 100 Prozent aller Sendungen zu untertiteln. Und damit haben sie Recht.

Besonders scharf kritisiert man die privaten Sender, wie RTL. Die untertiteln fast gar nichts. Ganz anderes dagegen etwa CNN, die komplett untertiteln. Das es also anders geht ist deutlich sichtbar. Allein es scheint der Wille in den Gremien zu fehlen. 200.000 Unterschriften hat die Initiative deutschlandweit aktuell für 100 Prozent Untertitelung gesammelt. Man will nicht mehr ewig auf Information warten, sondern sie zeitgleich mit allen teilen. Vor allem bei wichtigen aktuellen Informationen fühlt man sich ausgeschlossen. Zwar bietet das Internet heute schon Möglichkeiten, aber gerade ältere Gehörlose nutzen das Internet noch zu selten. Zudem verstehen Teile der Gehörlosen die Schriftsprache der Hörenden nicht so gut.

Aber nicht nur im Fernsehen gibt es Probleme, auch im Kultur-, medizinischen oder auch im beruflichen Bereich werden Gehörlose immer wieder diskriminiert. Cornelia von Pappenheim aus München gelang es jetzt mit den Kammerspielen Programme für Gehörlose zu organisieren.  Hermann Riekötter, Vorsitzender des Landesverbandes der Gehörlosen NRW, macht klar, dass es viel zu wenig Dolmetscher gebe und immer wieder das Budget fehle, diese einzusetzen. So wünscht sich Lela Kotarac, die ertaubt ist, dass der Gesetzgeber tätig wird und Veranstalter verpflichtet Gebärdensprachen-Dolmetscher einzusetzen und das dies nicht nur Usus ist bei Großveranstaltungen wie der 850 Jahr Feier in München. Auch weil Gehörlosigkeit erst durch einen Dolmetscher sichtbar wird. Übrigens können Gehörlose auch nicht an einer Kölner Ratssitzung teilnehmen, denn auch hier gibt es keine Übersetzung.

Die Kölner Sozialdezernentin Marlies Bredehorst versprach zumindest beim WDR und den anderen in Köln ansässigen Fernsehsendern darauf hinzuwirken Untertitel zum Standard werden zu lassen. Es war sicher eine der leisesten Demonstrationen in Köln. Die Demonstration und die Kulturtage der Gehörlosen machten aber auch eindeutig klar, dass es auch in der dieser ach so aufgeklärten Gesellschaft immer noch große Defizite gibt und die Forderung nach 100 Prozent Untertitel so schnell wie möglich umgesetzt werden muss. Denn Informationsfreiheit und der ungehinderte Zugang zu Information ist gerade der Motor einer Demokratie.

Wie wichtig den Gehörlosen und sie unterstützenden Hörenden ihr Anliegen ist, mag daran ermessen, dass kein Einziger, trotz unwetterartiger Regengüsse die Kundgebung auf dem Roncalliplatz verließ. Einer der Redner traf die richtigen Worte: “Der Himmel weint, weil wir nicht fernsehen dürfen”. Dafür bekam er viele Hände die sich in ihren weißen Handschuhen drehten und ganz weit in den Himmel reckten. Und das bedeutet Applaus.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung