London | aktualisiert | Der Gesetzentwurf zur Blockierung eines sogenannten No-Deal-Brexit hat die erste Hürde im britischen Parlament genommen. 329 Abgeordnete stimmten am Mittwochabend für den Gesetzentwurf, 300 Parlamentarier stimmten dagegen. Die Gesetzesvorlage soll den britischen Premierminister Boris Johnson dazu zwingen, in Brüssel um eine Brexit-Verschiebung bis zum 31. Januar 2020 zu bitten, wenn nicht bis 19. Oktober ein Austrittsabkommen mit der Europäischen Union ratifiziert wird – oder wenn das Parlament bis dahin einem No-Deal-Brexit zustimmt.

Es wird erwartet, dass Johnson nun seinerseits versuchen wird, Neuwahlen für den 14. Oktober anzusetzen. Dafür sind verschiedene Strategien im Gespräch, regulär bräuchte er dafür eigentlich eine Zweidrittelmehrheit, die in weiter Ferne liegt. Der britische Premierminister hat seit Dienstag nicht einmal mehr eine einfache Mehrheit: Nachdem ein Abgeordneter der Conservative Party die Seiten gewechselt hat, führt Johnson nun praktisch eine Minderheitsregierung an.

Schon zuvor waren die „Torys“ auf eine Tolerierung durch die nordirische Democratic Unionist Party (DUP) angewiesen.

Politologe: Boris Johnson hat Kontrolle über Neuwahlen verloren

Der britische Premierminister Boris Johnson hat nach Ansicht des Politologen Anthony Glees keine Möglichkeit mehr, zu bestimmen, ob oder wann Neuwahlen stattfinden. Nun sei es Oppositionsführer Jeremy Corbyn überlassen, zu welcher Zeit und aus welchen Gründen Neuwahlen kommen, sagte der Wissenschaftler am Mittwoch dem Deutschlandfunk. Durch seine Taktik habe Johnson am Dienstagabend die Initiative verloren.

„Es war ein Fehlgriff von ihm“, so Glees. Außerdem könne Corbyn mit den 21 Rebellen aus der Tory-Partei jetzt versuchen, eine nationale Regierung hervorzubringen. Gestern Abend hatte Johnson die Mehrheit im Parlament verloren, nachdem er 21 Abgeordnete der konservativen Partei, die nicht bereit waren dem Willen der Regierung nachzukommen, aus der Fraktion ausschließen ließ. Am Mittwochnachmittag schlug er Neuwahlen für 15. Oktober vor.

Britisches Unterhaus stimmt für Brexit-Verschiebung

Das britische Parlament hat den Gesetzentwurf zur Blockierung eines sogenannten No-Deal-Brexit verabschiedet. 327 Abgeordnete stimmten am Mittwochabend für den Gesetzentwurf, 299 Parlamentarier stimmten dagegen. Die Gesetzesvorlage soll den britischen Premierminister Boris Johnson dazu zwingen, in Brüssel um eine Brexit-Verschiebung bis zum 31. Januar 2020 zu bitten, wenn nicht bis 19. Oktober ein Austrittsabkommen mit der Europäischen Union ratifiziert wird – oder wenn das Parlament bis dahin einem No-Deal-Brexit zustimmt.

„Das ist ein Gesetzentwurf, der die größte demokratische Entscheidung unserer Geschichte, das Referendum von 2016, auf den Kopf stellt“, sagte Johnson nach der Abstimmung. Es sei das erste Mal, dass „der Premierminister mit einem bereits vorgefassten Brief gezwungen wird, bei internationalen Verhandlungen einzuknicken. Ich weigere mich das zu tun“, so der britische Premierminister weiter.

Es gebe jetzt „nur noch einen Weg nach vorn“ für Großbritannien. Es sei an der Zeit, dass das Land entscheiden müsse, ob der Oppositionsführer Jeremy Corbyn oder er „diese Verhandlungen in Brüssel am 17. Oktober führen“ sollen, sagte Johnson.

Brexit-Verschiebung rückt näher: Britisches Pfund legt zu

Während im britischen Unterhaus ein Gesetz weitere Hürden genommen hat, wonach ein harter Brexit vorerst ausgeschlossen wird, hat die Landeswährung Pfund gegenüber dem Euro zugelegt. Am Mittwochabend kostete ein Britisches Pfund 1,1071 Euro und damit über ein halbes Prozent mehr als am Vortag. Die am Mittwoch beschlossene Gesetzesvorlage soll den Premierminister dazu zwingen, in Brüssel um eine Brexit-Verschiebung bis zum 31. Januar 2020 zu bitten, wenn nicht bis 19. Oktober ein Austrittsabkommen mit der Europäischen Union ratifiziert wird.

Nach Ansicht von Amtsinhaber Boris Johnson bringt ein solcher Beschluss die EU aber erst in die Lage, weitere Verhandlungen abzulehnen und Großbritannien weiter in der Union zu halten. Brüssel hatte die Neuverhandlung eines Austrittsabkommen allerdings ohnehin schon ausgeschlossen.

Autor: dts