Selten steht das „Wie“ einer künstlerischen Komposition im Fokus einer Ausstellung. Wilhelm Leibl, bekannt geworden durch seine realistische Malerei, widmet sich mit seinen Zeichnungen, von denen 20 in die Ausstellung Eingang gefunden haben, eben diesem Aspekt seiner Malerei. Denn, wie Thomas Ketelsen – Leiter der Graphischen Sammlung des Wallraf, betont, die Zeichnungen haben die Malerei Leibls in vielerlei Hinsicht vorbereitet. Dies wird insbesondere auf den rund 14 Skizzen Leibls zur Vorbreitung seiner „Wildschützen“ (1886) sichtbar. Drei Jahre lang habe Leibl, „der langsame Künstler“, dieses Gemälde vorbereitet, so Ketelsen. Während der Künstler aus Mangel eines Kaufinteresses das Gemälde recht bald nach Abschluss zerstört hat, sind seine Zeichnungen erhalten geblieben. Diese bilden zum Teil präzise, zum Teil skizzenhaft einzelne Abschnitte des zukünftigen Gemäldes ab: dabei steht die Haltung der vier Schützen im Fokus der mit Bleistift entstandenen Zeichnungen.

„Gezeichnet, wie radiert“
Andere Zeichnungen lassen bereits den realistischen, mehr noch den veristischen Stil Leibls vermuten: die Zeichnung mit dem Titel „Tante Josepha“ aus dem Jahr 1868/69 zeigt die Detailtreue Leibls Kunst, und zwar nicht nur an seinen Motiven, sondern auch im Hinblick auf die Licht- und Raumkompositionen seiner Werke. Ähnlich ‚naturgetreu’ ist auch das Selbstbildnis des Künstlers gestaltet: ebenfalls mit Feder gezeichnet, mehr noch aber „gezeichnet, wie radiert“, so Ketelsen,  besticht auch diese Zeichnung durch eine präzise Strichführung.

Ton in Ton
Diese Präzision lässt Leibl in den 1890er Jahren mitunter hinter sich, zumindest in seinen Zeichnungen: Werke wie „Das Mädchen mit der Pelzhaube“, „Bauernmädchen mit Hut“, „Mädchen am Herd“ und „Bauernstube mit altem Bauern und zwei Mädchen“ unterstreichen das moderne Element in Leibls künstlerischem Schaffen. Die Farbe Schwarz, die der Ausstellung ihren Namen gibt, entfaltet hier ihre Intensität: mit Kreide und Kohle erschafft Leibl eine Komposition, deren Elemente ineinander überzugehen scheinen. Die abgebildeten Personen, zwar erkennbar, verschmelzen mit dem Bildhintergrund. „Damit wird der Raum nur angedeutet“, erklärt Ketelsen. Zusätzlich bekommt das Medium Papier einen besonderen Stellenwert: „es wird in den Gestaltungsprozess integriert“, so Ketelsen, und erfülle eine gewissermaßen inhaltliche Funktion. Das sei eine eigentümlich moderne Technik, wie man ihr später etwa bei Cezanne oder Monet begegnet.

„Zum Leidwesen der Kritiker“
Mit vergleichsweise nur wenigen Zeichnung (etwa 300) ist Wilhelm Leibl nicht unbedingt als „Zeichner“ bekannt geworden. Wie wichtig die Zeichnungen gleichwohl für seinen künstlerischen Schaffensprozess sind, zeigt diese Ausstellung im Graphischen Kabinett des Wallrafs. Denn sie zeigen, dass die Kunst nicht nur auf das „Was“, sondern manchmal vor allem auf das „Wie“ zu antworten vermag, oder mit den Worten Leibls: „(…) meinem Prinzipe gemäß kommt es nicht darauf an „Was“, sondern „Wie“, zum Leidwesen der Kritiker, Zeitungsschreiber und des großen Haufens denen das „Was“ aber etwas ist, was erstens sehr wenige verstehen, zweitens aber auch kaum beschrieben werden kann (…).“   

Infobox:
Wilhelm Leibl und die Farbe Schwarz
25. November bis 12. Februar 2012
Wallraf-Richartz-Museum
Obenmarspforten (Am Kölner Rathaus)
Köln

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag: 10:00 bis 18:00 Uhr
Donnerstag: 10:00 bis 21:00 Uhr
Feiertag:10:00 bis 18:00 Uhr

Eintritt: 8,50, erm. 6 Euro

Katalog zur Ausstellung „Weilhelm Leibl und die Farbe Schwarz“: 6 Euro

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