Köln | Der erste zu 100 Prozent mit verflüssigtem Erdgas (Liquified Natural Gas, LNG) betriebene Binnentanker feierte heute seine Deutschlandpremiere im Kölner Rheinauhafen. Künftig soll die „Greenstream“, so der Name des 110 Meter langen Tankschiffes, regelmäßig auf dem Rhein zwischen Rotterdam und Basel pendeln, um Dieselkraftstoff und Heizöl zu verschiffen. 

Mit ihren beiden jeweils 40 Kubikmeter fassenden Gastanks hat die „Greenstream“ eine Reichweite von rund 3000 Kilometern. Die hohe Reichweite ist auch so wichtig, weil es momentan nur eine „Tankstelle“ für das Schiff gibt. Der neue Treibstoff für das Tankschiff kommt bereits in verflüssigter Form aus den Förderländern im belgische Zeebrügge an und wird von dort aus nach Rotterdam gebracht und an einer zentralen Stelle gebunkert.  Um das Erdgas zu verflüssigen, muss es auf minus 162 Grad Celcius heruntergekühlt werden und wird anschließend in einem Tank bei etwa vier Bar Druck aufbewahrt. Dabei verringert sich das Volumen des Gases enorm: ein Liter LNG entspricht laut eines Sprechers von Shell einem Volumen von rund 600 Litern Gas bei Zimmertemperatur und Atmosphärendruck.

Die sieben Millionen Euro teure „Greenstream“ verfügt über vier Motoren, die über die beiden an Bord befindlichen Tanks mit Gas beliefert werden. Dabei arbeiten die Aggregate laut Shell wesentlich effizienter als konventionelle Dieselmotoren, da sie je nach Bedarf einzeln zuschaltbar sind. Auch die Schadstoffbelastung werde laut Shell durch den Einsatz von LNG-betriebenen Aggregaten deutlich verringert. So stießen die Motoren der „Greenstream“ im Vergleich zu Schiffsdieseln kein Phosphor, 99 Prozent weniger Feststoffpartikel, 80 Prozent weniger Stickoxide und 25 Prozent weniger Kohlendioxid aus. Auch die Geräuschentwicklung der Motoren falle geringer aus. Rund 30 Dezibel „leiser“ sei ein LNG-Aggregat.

Auf der „Greenstream“ kommt neben dem neuen Kraftstoff auch ein Antrieb zum Einsatz, der ein 360-Grad-Manövrieren ermöglicht. Außerdem ist das Schiff so konzipiert, dass mit den rund 1000 PS, die die vier Motoren liefern, hohe Geschwindigkeiten von bis zu 31 Kilometer pro Stunde (Leerfahrt, rheinabwärts) erreicht werden können.

„Dieses LNG-betriebene Binnenschiff ist ein Novum für Shell und für die Binnenschifffahrt“, sagte Bettina Pohl-Lütcke, Geschäftsführerin von Shell Energy Deutschland. Shell sehe in LNG als Treibstoff für die Küsten- und Binnenschifffahrt eine große Zukunft, denn LNG könne etwa dazu beitragen, Luftschadstoff-Emissionen der Schifffahrt zu reduzieren und die Energieversorgung von Binnenschiffen auf eine breitere Basis zu stellen. Laut Shell reicht der Vorrat an Gas aus konventioneller und unkonventioneller Föderung (Fracking) noch rund 250 Jahre und stellt damit einen Treibstoff mit viel Potenzial für die Zukunft dar. Shell rechnet mit einer Verdoppelung der Nachfrage nach LNG innerhalb der nächsten 15 Jahre. Bis 2050 werde sich, so Shell, der weltweite Energiebedarf verdoppeln. Gas werde bei der Deckung dieses Bedarfs eine große Rolle spielen.

Martin van Veen, Fracht-Manager bei Shell Trading in Rotterdam, ergänzte: „Der langfristige Aufbau einer neuen LNG-Schiffstreibstoff-Industrie hat das Potenzial, nicht nur Binnenschiffe mit Treibstoff zu versorgen, sondern auch Fähren, Schlepper und sogar Kreuzfahrtschiffe – und dies weltweit.“ So werde Shell zum Beispiel in den kommenden Jahren zwei LNG-Korridore aufbauen, in erster Linie für die Schifffahrt entlang der US-Golfküste und auf den Großen Seen in Nordamerika.“

Der Binnentanker ‚Greenstream‘ wurde auf der niederländischen Peters-Werft entworfen und gebaut, wo sich ihr Schwesterschiff derzeit in Bau befindet. Beide LNG-betriebenen Binnenschiffe sind von Shell gechartert. Ihr Einsatzgebiet soll die Niederlande, Belgien, Deutschland und die Schweiz umfassen.
 
 
 

Autor: dd
Foto: Die „Greenstream“