Das Wahlplakat von Arndt Klocke an der Inneren Kanalstraße zur Landtagswahl in NRW 2022

Köln | Die Landtagswahl in NRW zeigt überdeutlich wie stark sich in Köln die politische Lage nachhaltig zu Gunsten der Grünen veränderte. Die Wähler*innen in Köln zählen die Grünen zu der politischen Kraft, die Direktmandate gewinnen kann und damit zu den großen Parteien. Ein Analyse Andi Goral.

Die Europawahl 2019, der politische Beobachter*innen allderdings nicht eine so hohe Bedeutung zumessen, setzte das erste Signal: Die Kölner Grünen wachsen zu einem echten Machtfaktor in der Stadt Köln heran und standen an der Schwelle vom Juniorpartner zur führenden Kraft zu werden. Die Kommunalwahl 2020 bestätigte dies und die Grünen gewannen viele direkte Kommunalmandate, wurden stärkste Fraktion im Stadtrat und räumten auch bei den Bezirken und dort nicht mehr nur in der Innenstadt ab. Bei der Bundestagswahl gelang es dem grünen Bundestagsabgeordneten Sven Lehmann dann das erste grüne Direktmandat in Wahlkreis Köln II, im Kölner Süden zu holen.

Bei der Landtagswahl am 15. Mai nun gleich vier Direktmandate für die Kölner Grünen und allen ist eines gemeinsam: Die Kölner Grünen erringen mehr Erststimmen als Zweitstimmen in den Wahlkreisen, in denen sie das Direktmandat erringen. Seit dem 8. Dezember 2021 ist Lehmann parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und seit dem 5. Januar 2022 Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.

Erst- und Zweitstimmenanteile bei den grünen Sieger*innen:

Köln I: Eileen Woestmann
Erststimmenanteil 33,60 %
Zweitstimmenanteil 32,30 %

Köln II: Frank Jablonski
Erststimmenanteil 35,90 %
Zweitstimmenanteil 33,85 %

Köln III: Arndt Klocke
Erststimmenanteil 41,56 %
Zweitstimmenanteil 39,33 %

Köln VI: Berivan Aymaz
Erststimmenanteil 37,01 %
Zweitstimmenanteil 34,94 %

Dies bedeutet zweierlei: Die Wählerinnen der Grünen geben den Grünen beide Stimmen und wählen nicht mehr strategisch die Direktkandidatinnen der SPD oder CDU, die bislang immer die Direktmandate holten. Ein Beispiel aus Köln I und der Landtagswahl 2012: Dr. Sabine Müller kämpfte für die Grünen als Direktkandidatin und holte damals 20,72 Prozent der Erststimmen. Ihre Partei holte aber in Köln I damals 22,25 Prozent. Das bedeutet, dass grüne Wähler*innen damals strategisch bei der Erststimme noch eine andere Partei wählten, und nicht darauf vertrauten, dass die Grünen das Direktmandat gewinnen können.

Schon bei der Landtagswahl 2017 deutete sich in allen Kölner Wahlkreisen eine Umkehr an, denn schon damals gewannen die grünen Direktkandidtinnen mehr Prozente als die Partei Zweitstimmen holte, wenngleich der Unterschied noch gering war. Aber schon 2017 deutete sich an, dass Kölner Wählerinnen den Grünen zutrauten Direktmandate zu gewinnen. Aber die Partei stürzte über ihre Schulministerin bei der Landtagswahl 2017 und errang ein miserables Wahlergebnis in Köln und auf Landesebene.

Jetzt bei der Landtagswahl 2022 schlägt dieser Trend und Entwicklung bei den Direktmandaten allerdings wesentlich deutlicher durch. Wählerinnen der anderen Parteien haben so viel Vertrauen in die grünen Kölner Direktkandidatinnen, dass sie ihnen ihre Stimme geben. In Köln hat bei den Wähler*innen ein Mindshift in der Wahrnehmung der Grünen stattgefunden: Sie sind eine starke Partei – die stärkste – die Direktmandate spielend gewinnen kann. Damit profitieren die Grünen von ihrer eigenen Stärke und vom politischen Vertrauensvorschuss von Wähler*innen auch anderer Parteien. Ein Trend der zeigt wie nachhaltig sich die Kölner Grünen in breiten Bevölkerungsschichten etabliert und festgesetzt haben.