Report-k.de: Am 10. Juli findet die Bürgerbefragung zum Godorfer Hafen statt. Befürworten Sie das Projekt oder sind Sie dagegen?
Jörg Frank, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Fraktion: Die Kölner Grünen rufen die Kölnerinnen und Kölner auf, mit NEIN zum Godorfer Hafenausbau zu stimmen. Wir kämpfen von Beginn an – also seit 25 Jahren- gegen den Ausbau.

Mit welcher Beteiligung und welchem Ergebnis rechnen Sie?
Da eine solche Einwohnerbefragung zu einem unbestreitbar anspruchsvollen Thema stattfindet, wäre jede Antwort sehr spekulativ. Ich wünsche mir vor allem ein Ergebnis und kein Scheitern am Quorum und hoffe, dass die Ausbaugegner gewinnen.

Welches Argument ist das stärkste für einen Ausbau? Welches das stärkste dagegen?
Der Ausbau des Godorfer Hafens ist nicht verantwortbar, weil 20 Hektar Naturschutzgebiet ohne Not unwiederbringlich zerstört würden. Hingegen könnten im Hafen Niehl I deutlich mehr Container wasserseitig umgeschlagen werden. Das im Auftrag der Hafengesellschaft HGK von Planco Consulting erstellte Gutachten hat ermittelt, dass 45.000 qm mittel- und 110.000 qm langfristig in Niehl zusätzlich genutzt werden könnten. Damit könnten selbst die sehr optimistischen Bedarfsprognosen der HGK AG befriedigt werden.   

In der Diskussion wurde immer wieder ein Logistikkonzept für Köln und die Region gefordert, bevor man die Bürger zum Ausbau befragt. Wie ist Ihre Position dazu und warum?
Natürlich wäre es von Vorteil, ein auf die Zukunft gerichtetes regionales Konzept zu haben, bevor man weitere Investitionsentscheidungen trifft, zumal ab 2012 HGK AG und Neuss-Düsseldorfer-Häfen mit einer regionalen Logistik-Gesellschaft an den Start gehen. Der Kölner Rat hat die Erarbeitung eines solchen Konzepts 2010 auf unsere Initiative in Auftrag gegeben. Doch SPD und CDU wollten seine Fertigstellung nicht abwarten. Stattdessen soll jetzt abgestimmt werden, andernfalls hätten SPD und CDU ein neues Planverfahren für den Godorfer Hafenausbau per Ratsbeschluss euingeleitet. Offenbar fürchten sich beide vor den Ergebnissen eines regionalen Konzepts.

Gab es Gespräche mit den Betreibern des Bonner Hafens?
Meines Wissens haben HGK AG und Stadtverwaltung Köln bislang den Bonner Hafen weder in ihre Überlegungen einbezogen noch Kooperationen ausgelotet. Der kürzlich ausgeschiedene HGK-Chef Dr. Bender hat den Bonner Hafen eher als unliebsame Konkurrent bewertet.

Ist nach Ihrer Auffassung der Godorfer Hafen derzeit vollständig ausgelastet und warum wird die bestehende Infrastruktur nicht für den Containerverkehr ertüchtigt? Experten sagen, dass dies günstiger und einfach möglich wäre.
Der Godorfer Hafen hat sich für den Umschlag von Chemie- und Massengütern bewährt. Er ist z.B. durch ein Leitungssystem direkt mit Chemie-Unternehmen im Kölner Süden verbunden. Diese Ausrichtung sollte beibehalten werden. Dafür hat der Hafen eindeutige Lagevorteile.

Die Gegner des Ausbaus von Godorf halten immer dagegen, dass es im Hafen Niehl, auch durch den kombinierten Ladeverkehr und ein neues Terminal, im Kölner Norden ausreichende Reserven gibt. Vorhandene Kapazitäten würden nur verschoben. Wie viel Reserven hat Niehl, auch und gerade in Verbindung mit dem Ausbau des kombinierten Ladeverkehrs, LKW, Schiene?
Eine deutliche stärkere Nutzung des Hafen Niehl I für wasserseitigen Containerumschlag liegt in Verbindung mit dem neuen KLV-Terninals Nord, das gebaut werden soll, auf der Hand. Durchschnittlich 70% des Containerumschlags im Hafen sind landseitig, haben also mit dem Schiff-Umschlag nichts zu tun. Dieser könnte dann verlagert werden und schafft so Freiraum. Auch der nun begonnene Ausbau des KLV-Terminals Eifeltor vergrößert die Containberumschlags-Kapazitäten um 67%.

Rechnet man alle Kölner Kapazitäten, aber auch den Neusser, Leverkusener und den Bonner Hafen dazu, wie viele Jahre und wie viel mehr Container können transportiert werden, bis das System an seine Grenze käme?
Diese Frage soll das regionale Logistikkonzept untersuchen. Verlässliche Daten liegen dazu nicht vor.

Die Befürworter des Hafenausbaus, malen gerade verkehrstechnisch ein düsteres Bild. Kommt der Hafen nicht, dann sind alle Kölner Straßen mit LKW´s verstopft. Ist das reine Propaganda oder kann das Realität werden?
Mit der LKW-Flut schüren die Ausbaubefürworter Angst. Dabei ist den Befürwortern auch bekannt, dass es sich beim Großteil der LKW-Fahrten um Transitverkehr handelt, der mit den Häfen gar nichts zu tun hat. Er würde auch bei einem Ausbau in Godorf weiter existieren. Allerdings würde die Kombination der KLV-Terminals Eifeltor und Nord sowie Niehl I Entlastung bringen. Außerdem widerlegt die HGK ihre Behauptung selbst, in dem sie in ihren Publikationen darstellt, dass die wesentlichen Kundenbeziehungen des Godorfer Hafens im Süden liegen und die Verkehrswege dahin nicht durch Köln führen.

Binnenschiffe dieseln mit teilweise 30 Jahre alten Motoren durch die Kölner Umweltzone, Feinstaub und Stickoxide inklusive. Was ist an Auspuffgasen aus Binnenschiffen ökologischer als an denen von LKW?
Die Behauptung, dass Binnenschiff sei das mit Abstand umweltfreundlichste Verkehrsmittel ist eine Mär. Bei der Bilanzierung der Luftschadstoffe schneidet das Binnenschiff nicht besser ab als der LKW. Selbst die CO2-Emissionen beim Schiff sind höher als bei der Bahn. Eindeutig ist nur, dass der LKW im Emissionsvergleich die schlechteste Alternative darstellt. Die Zukunft liegt im Gütertransport auf der Schiene. Daher muss der Umstieg von LKW auf Schiene stärker gefördert und dazu die Schieneninfrastruktur ausgebaut werden.

Energiewende ist ein viel gebrauchtes Wort in den letzten Monaten und sie ist eingeläutet. Logistik auf Schienen mit elektrischer Stromversorgung ist ein erprobtes Mittel, dass dazu gut passt, schließlich war ja auch das Stromnetz der Deutschen Bahn AG als Transportkanal im Gespräch. Binnenschifffahrt mit Fahrdrähten über dem Rhein können wir uns da nicht so gut vorstellen und atombetriebene oder mit Brennstoffzelle betriebene Schiffe scheinen in weiter Ferne. Ist es vor diesen Fragen und dem anstehenden Wandel sinnvoll über 60 Millionen Euro in eine Entscheidung aus den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts zu investieren?
Die Ausbauplanung ist 25 Jahre alt. Die reale Entwicklung ist längst darüber hinweg gefegt.  Das unbeirrte Festhalten an ihr zeigt, dass es nicht um Sachargumente geht. Eine krude Mixtur aus Rechthaberei und politischer Gesichtswahrung fesselt die Befürworter.

Werden die angepeilten 67 Millionen Euro reichen?
Aller Erfahrung nach, die es in Köln mit Großprojekten der öffentlichen Hand in den letzten 20 Jahren gibt, wohl kaum.

Die Befürworter zeigen gerne auch langfristige Szenarien auf und denken in Kategorien bis zu 30 Jahren. Kann man heute verlässlich eine solche Prognose abgeben?
Allein schon kürzliche globale Finanzkrise hat gezeigt, wie brüchig Langfrist-Szenarien sind. Besonders wenn es um öffentliche Investitionen und Steuergelder geht, sollten sich Spekulationen dieser Art verbieten.  

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den Plänen und Visionen für den Deutzer Hafen und den Ausbau des Godorfer Hafens?
Der Deutzer Hafen hat keine reale Zukunftsperspektive mehr. Ihm fehlt das Hinterland und Möglichkeiten der Flächenerweiterung. Das wäre nur durch Zwangsevakuierung von Teilen der Wohnbebevölkerung in Deutz und Poll möglich. Soweit geht selbst die HGK-Führung nicht. Bei einer intelligenten Umplanung des Deutzer Hafen-Areals zu einem Wohn-, Gewerbe- und Dienstleistungsstandort können allerdings eine Reihe von Firmen mit wasserseitigem Umschlag, vor allem die Mühle, dort bleiben und müssten nicht verlagert werden.

Wie wird der Godorfer Hafen an die Verkehrsinfrastruktur des Kölner Südens angebunden?
Sofern der Ausbau realisiert würde, wird der zusätzliche Transportverkehr per LKW über die Straßen im Kölner Süden rollen. Laut des von der HGK 2007 in Auftrag gegebenen Gutachtens von Prof. Baum sollen täglich 400 LKW-Fahrten zusätzlich entstehen.  Laut diesem Gutachten würde die vorhandene Straßeninfrastruktur dies verkraften.

Welche weiteren Investitionen sind dafür nötig?
Seitens der HGK AG sind keine vorgesehen.

Wie viele Arbeitsplätze werden in Niehl zusätzlich entstehen und wie viele in Godorf?
Laut Gutachten von Lackner im Auftrag der HGK entsteghen beim Godorfer Hafenausbau zusätzlich 32 Arbeitsplätze, die unmittelbar mit dem Umschlag zu tun haben. Diese würden aber auch bei einer Ertüchtigung des Hafens Niehl I für mehr wasserseitigen Containerumschlag entstehen. Da auch die Ausbaugegner einer Optimierung der Logistik befürworten, zieht das „Arbeitsplatzargument“ der Befürworter nicht.

[ag, cs]