Berlin | Mit harten Attacken in Richtung der FDP und nur wenig Selbstkritik haben die Grünen am Samstag die gescheiterte Jamaika-Sondierung aufgearbeitet. Die FDP sei eine „rechte, bürgerliche Protestpartei“ und „wohlstandschauvinistisch“, sagte Grünen-Unterhändler Jürgen Trittin. Strategie der FDP sei es, rechts von der Union Stimmen einzusammeln.

Auch Parteichef Cem Özedmir warf der FDP vor, deren Ausstieg aus den Verhandlungen sei nicht inhaltlich, sondern rein taktisch begründet gewesen. Kritik an der eigenen Parteiführung gab es nur vereinzelt und von der Basis: Wenn sich Union, FDP und Grüne auf die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geeinigt hätten, wäre dieser Parteitag sicher ein anderer geworden, sagte ein Delegierter, nachdem sich das Sondierungsteam zuvor ausführlich selbst gefeiert hatte. Eine Rednerin warf den Grünen-Sondierern vor, die Zahl von maximal 200.000 Flüchtlingen in den Verhandlungen akzeptiert zu haben, auch wenn sie letztlich flexibel und nicht wirksam geworden wäre.

Hierbei handele es sich um „rechte Symbolpolitik“, für die sich die Grünen hätten einspannen lassen.

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Özdemir ruft Grüne zur Kompromissbereitschaft auf

Auf dem Sonderparteitag nach den geplatzten Jamaika-Verhandlungen hat Parteichef Cem Özdemir die Grünen zur Kompromissbereitschaft aufgerufen. „Das Wesen der Demokratie ist der Kompromiss“, sagte Özdemir unter Bezug auf ein Zitat von Willy Brandt. Für die Grünen gelte die Parole „erst das Land und dann die Partei“, was bei den Verhandlungspartnern nicht immer der Fall gewesen sei.

Mit der Erhöhung des Kinderzuschlags oder Einschränkungen bei der Kohle habe das Grünen-Sondierungsteam wichtige Verhandlungserfolge erzielt. „Wir hätten nicht zugestimmt, ohne dass der Familiennachzug im Gesamtpaket ist“, so Özdemir. Gleichwohl habe man den anderen Verhandlungspartnern Zugeständnisse machen müssen, auch wenn das Vielen schwergefallen sei.

Der Ausstieg der FDP aus den Verhandlungen sei nicht inhaltlich, sondern taktisch begründet gewesen. Deutschland sei nun in einer schwierigen Situation, „aber wir haben keine Staatskrise“, so der Grünen-Chef. Das Land habe ein kluges Grundgesetz, das für Situationen wie diese Vorsorge getroffen habe.

Auf dem Grünen-Sonderparteitag in Berlin ist eine Aussprache und die Verabschiedung eines Leitantrags geplant. Die Grüne Jugend hat mehrere Änderungsanträge eingereicht, die auf ein geschärftes linkes Profil der Partei hinauslaufen.

Autor: dts