Berühmter Treffer: Im Derby 2009 traf Helmes gegen den FC vom Elfmeterpunkt. Foto: Bopp

Köln | Er ist ein klassischer Grenzgänger. War Nationalspieler, der für beide rheinische Klubs auf Torejagd ging – und diverse Derbys auf dem Platz für den FC und Bayer Leverkusen mitprägte.

Unvergessen, als er 2009 einen Elfmeter unter dem gellenden Pfeifkonzert der Südkurve eiskalt versenkte.

Patrick Helmes (38) wohnt nicht weit vom RheinEnergieStadion entfernt und verfolgt auch nach der aktiven Karriere die Spiele des FC genau. Das Interview vor dem Derby am Sonntag!

Pat, wie ist die Ausgangslage fürs Derby diesmal?

Helmes: Eigentlich ist es wie immer: Leverkusen wird der Favorit sein, weil sie es schaffen seit Jahrzehnten auf dem internationalen Level zu spielen. Sie haben einen unglaublichen Kader zusammen. Für Köln läuft es dieses Jahr erfreulich, Steffen Baumgart hat es geschafft der Mannschaft den Glauben an die eigene Stärken zu vermitteln und demnach werden sie alles probieren, um dort zu punkten.

Wie hat er das geschafft?

Helmes: Der Kader ist ja nicht viel besser geworden. Mark Uth kam zurück, aber war ja schon da und er spielt ja auch nicht seine beste Saison. Aber das wird so werden wie bei Tony Modeste. Man muss den Spielern Zeit geben und vertrauen. Dann können die Spieler das auch mit Leistung zurückzahlen.. Gerade Stürmer sind sehr pflegeintensiv.

Ich hab fast alle Spiele gesehen, es war nicht so, dass alle Spiele, in denen auch gepunktet worden ist, maximal dominant waren, man hatte auch das nötige Spielglück.

Patrick Helmes: „Sebastian Andersson hat in wichtigen Spielen funktioniert“

Viele Spiele waren auf des Messers Schneide. Gegen Hoffenheim jetzt hattest du halt nicht das Glück. Es geht um Kleinigkeiten. Nehmen Sie Benno Schmitz.

Wieso?

Helmes: Sein Spiel hat sich nicht verändert, er macht vieles wie er es immer getan hat.
Er weiß jetzt einfach was von ihm verlangt wird. Hat er den Ball, such Tiefe. Ist der Flügel zu, pass ihn ins Sturmzentrum. Bist du nah an der Box, such Toni.

Das Prinzip auf Toni klappt dieses Jahr des Öfteren (lacht). Jetzt wurde sein Vertrag verlängert, da hätten sehr wenige dran geglaubt vor wenigen Wochen.

Mann der klaren Worte: Patrick Helmes. Foto: Bopp

Packt der FC Europa?

Helmes: Sie sind gut beraten, wenn sie jeden Punkt mitnehmen. Dafür sind alle Spiele des FC‘s einfach zu eng. Da wird sich nichts geschenkt. Aber ich würde mich freuen, wenn sie es schaffen.

Muss Sebastian Andersson nach der Saison weg?

Helmes: Erinnern Sie sich noch, wie Jörg Schmadtke an die Wand genagelt wurde, als Jhon Cordoba im ersten Jahr nicht funktionierte? Und dann? Am Ende hat er getroffen und war plötzlich Publikumsliebling. Andersson hat in Spielen wo es wichtig war, funktioniert, das hat dazu geführt, dass auch Baumgart mit dem FC heute in der ersten Liga ist und überraschen kann und nicht in der zweiten.

Und man darf auch andere Spieler in die Pflicht nehmen, z.B. einen Jan Thielmann, der mittlerweile in fast 60 Bundesligaspielen 3 Tore erzielt hat! Das ist eine Quote eines Abwehrspielers. Man wird nicht ein Torjäger vom normalen Trainingspensum einer Woche, man muss dafür sehr hart und vor allem oft an seinen Abschlüssen arbeiten.

Fakt ist: Tony ist aktuell der Spieler, der trifft. Die Jungen bekommen mir heute viel zu früh oft Profi-Verträge, aber der wirklich wichtige Weg kommt erst dann.

Liegt das daran, dass der FC Florian Wirtz verpennt hatte?

Helmes: Diese Wirtz-Nummer hat sehr viele Spuren hinterlassen beim FC: Es ist gefühlt seitdem einfacher einen Profi-Vertrag zu bekommen als zu meiner Zeit. Das Hochkommen ist immer noch ein steiniger Weg, das sich durchsetzen wird immer schwieriger.

Nehmen Sie Florian Wirtz: Ob dieser Junge an dieser Stelle stünde jetzt, wenn er beim FC geblieben wäre? Fakt ist: er spielt ein paar Meter weiter bei einem Klub, der seit 25 Jahren europäisch spielt. Der FC hat diese Saison eine richtig gute Saison, klar. Aber der Unterschied ist, dass Leverkusen jedes Jahr so spielt.

Da spielte er noch für den FC in der B-Jugend: Florian Wirtz. Foto: Bopp

Wie weit kann Wirtz kommen?

Helmes: Ich traue dem eine Weltkarriere zu, er ist das größte Talent in Deutschland. Er wird ein Jahr noch weiter da spielen, der nächste Schritt wird dann sicher kommen. Er hat eine Gabe, wie er sich bewegt, welche Entscheidungen er trifft, das ist außergewöhnlich.

Ist Wirtz eine Art Anti-Clemens?

Helmes: Beides sehr gute Fußballer, wobei Flo nochmal eine ganz andere Liga ist.
Das tut halt weh, weil Christian sehr viel Pech hatte, ähnlich wie bei Andersson in seiner bisherigen FC Zeit. Man will, aber er kann nicht so richtig. Er spielt ja jetzt in Polen und das freut mich.

Sie sind ein Freund klarer Worte. Wäre nicht der Job als TV-Experte was?

Helmes: Ich hab für Sport1 schon viel gemacht, da hätte ich schon Bock drauf. In Zukunft kann ich mir die TV Nummer sehr gut vorstellen. Ja, ich war immer Freund der klaren Worte. Und ich glaube, dass die Fans da draußen das heutzutage immer mehr vermissen. Vieles hört sich leider einfach nur noch gleich an.