Köln | Ein Brief der Krankenkasse erklärt den Bauer Henner plötzlich für tot. Statt den Fehler richtigzustellen, wittert die Familie das große Los: Die Lebensversicherung könnte alle finanziellen Probleme lösen… Die Uraufführung des kriminellen Schwanks kommt beim Premierenpublikum sehr gut an.

Es braucht keine lange Exposition, bis klar ist, worum es geht: „Henner, du bist tot!“, erklärt ihm seine Frau, die sympathisch-spitzzüngige Irene (Astrid Rempel) unmissverständlich. Henner Voss (Martin-Maria Vogel) will den Irrtum zwar eigentlich aufdecken, doch so lässt er sich überzeugen und sieht die versehentliche Todesbenachrichtigung der Krankenkasse als Chance. Die Risikolebensversicherung würde immerhin 150.000 Euro einbringen.

Weil Henner jedoch nicht wie das Phantom der Oper für immer auf dem Dachboden leben möchte, kommt seine Frau und sein kauziger Vater (Volker Hein) auf eine Idee. Er soll einfach als seine eigene Tante weiterleben, die vor 40 Jahren nach Kanada ausgewandert ist, und von der seitdem niemand mehr etwas gehört hat.

Der kauzige Vater lässt keine Spitze gegen Sohn und Schwiegertochter aus

Dass Henner sich dann in einen roten, viel zu tief ausgeschnittenen Fummel steckt und seine ersten Gehversuche in Pumps macht, kann nur einen Teil des Publikums überzeugen. Alle anderen haben sich an Travestie-Darbietungen, die sich aller Klischees bedienen, wohl sattgesehen.

Seine Komik erhält die Uraufführung, inszeniert durch den Autor Thomas Bleidiek selbst, vielmehr durch die scharfen Dialoge. Dabei überzeugt insbesondere „Vatter Hein“, wie ihn alle nennen, der sich für keine Spitze gegen seinen Sohn und seine Schwiegertochter zu schade ist. Doch auch der Kontrast zwischen Irene und ihrer besten Freundin, der Unternehmersgattin Marga Endlich (Christine Wolff), die pausenlos gegeneinander sticheln und doch füreinander da sind, wird von den Schauspielerinnen hervorragend ausgetragen. Christine Wolff übernimmt auch die Rolle der übereifrigen Immobilienverwalterin Dr. Rizabeck-Schnabel, „die nichts auf die lange Bank schiebt“ und durch ihr hochnäsiges Auftreten einen Gegenpart zum bäuerlichen Miteinander darstellt.

„Endlich mal wieder unbekümmert lachen können.“

Julian Rohde zeichnet für die Bühne verantwortlich und beweist, dass mit wenigen Mitteln viel erreicht werden kann: Ein paar schwarze Holzlatten verwandeln die weiße Wand in ein Fachwerkhaus, dazu eine geschnitzte Bank und ein Fenster mit Spitzenvorhang. Herbstliches Laub komplettiert das Bühnenbild.

Bedauerlicherweise werden die in der Inszenierung angedeuteten Konflikte nicht weiter verfolgt und finden stattdessen eine wenig überzeugende Lösung. So endet Henners Verwandlung in die Tante über Nacht, Margas Streit mit ihrem Ehemann ist auch plötzlich vergessen.

Dennoch ist es eine kurzweilige Inszenierung im Horizont Theater, wenn auch mit leichten Schwächen. Das Ensemble erntet vom Premierenpublikum langen, verdienten Applaus. Eine Zuschauerin fasst es so zusammen: „Endlich mal wieder unbekümmert lachen können.“

[infobox]Wie Kraut und Rüben – die nächsten Vorstellungen: 4. und 18. November, 16. und 17. Februar 2018, 3., 4. und 10. März 2018, jeweils 20 Uhr. Horizont-Theater, Thürmchenswall 25, 50668 Köln.

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Autor: Fabian Schäfer | Foto: Bernd Trumpp
Foto: Irene Voss, Marga Endlich und Henner Voss als Tante Helma (v.l.) im Hinterhof des Bauernhauses.