Ob dies allerdings als Trendwende zu deuten ist, darin sind sich Postexperten nicht einig. Denn grundsätzlich stehen die Paketdienste wegen stetig steigender Kosten und Personalmangel unter Druck. Teilweise finden die Firmen schon gar keine neuen Fahrer mehr und müssen höhere Löhne zahlen. Aus diesen Gründen kündigt der Paketzusteller GLS schon jetzt eine Preiserhöhung für das kommende Frühjahr um gut vier Prozent an. Auch die Deutsche Post hat zuletzt Preisanhebungen im Durchschnitt von 3,5 Prozent ab Januar 2012 bekannt gegeben. In beiden Fällen gilt dies für Geschäftskunden.

Was Hermes mit der Neuheit an den Markt bringt, betrifft vor allem Privatkunden und kleine Gewerbetreibende: Sie können ab November Sendungen für 3,80 Euro verschicken. Dafür müssen sie den Paketschein im Internet kaufen. Wird die Paketsendung im Paketshop frankiert, kostet sie vier Euro. Als Gewicht sind bis zu 25 Kilogramm erlaubt. Hermes haftet zudem für jede Sendung mit bis zu 50 Euro. Der Paketbote kommt bis zu vier Mal an die Haustür, um das Päckchen zuzustellen. Um es abzuschicken, müssen Kunden allerdings in einen der bundesweit 14.000 Hermes Paket-Shops gehen. Da kleine Waren rund die Hälfte der von Privatkunden verschicken Paketmenge ausmachen, gilt dieses Geschäftsfeld als attraktiv.

Hermes strebt denn auch an, deutlich an Marktanteilen im Privatkundengeschäft hinzugewinnen zu können. "Ich bin davon überzeugt, dass wir uns damit im Wettbewerb gut behaupten werden", sagte Frank Iden, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hermes Gruppe, der "Welt". Dabei war es in den vergangenen Jahren eigentlich die Deutsche Post, die die Preisführerschaft in dem Geschäft für sich beanspruchte: Nach Portopreisen von über vier Euro hat sich die Post auf nunmehr 3,90 Euro für das Internet-Päckchen und 4,10 Euro bei Frankierung in der Postfiliale voran gearbeitet und damit Hermes unterboten. Allerdings sind die Sendungen nicht versichert und dürfen nur zwei Kilogramm wiegen.

Nun aber stellt die Otto-Tochter wieder einen Abstand von zehn Cent zu ihren Gunsten her. Doch Experten sehen darin auch eine Reaktion auf die Pläne der Deutsche Post im Paketversand: Der Konzern investiert eine dreiviertel Milliarde Euro in den Ausbau und schafft damit die Voraussetzungen, künftig doppelt so viele Pakete ein Deutschland ausliefern zu können. Dank der Erweiterung sollen 95 Prozent der Pakete am nächsten Tag beim Empfänger ankommen. Wenn zudem ein Onlinehändler wie Amazon gerade im Ausland damit begonnen hat, eigene Paketautomaten aufzustellen, zeigt das, wie intensiv der Konkurrenzkampf im Paketversand in den kommenden Jahren ausfallen wird.

 Die Deutsche Post betreibt die Paketzustellung im Verbund mit der Briefzustellung – und schöpft daraus Vorteile, die die anderen Paketdienste nicht haben. Daher beklagen Konkurrenten Nachteile im Wettbewerb. "Die Liberalisierung des deutschen Postmarktes ist insgesamt sehr schleppend verlaufen. Noch immer gelten nicht für alle Akteure auf dem Markt die gleichen Bedingungen", sagte Hermes-Chef Iden. Es sei nun Aufgabe der Politik und der Bundesnetzagentur, diesen Zustand zu ändern.

[dts]