Die Helfer versorgen die Bedürftigen mit Wasser. Foto: Knobloch

Köln | Am Dienstagnachmittag brütete die Hitzewelle über Köln. 38 Grad und kein einziges schattenspendendes Wölkchen am Himmel. Sommerenthusiast:Innen mögen sich wohl über die Höchsttemperaturen freuen. Andere Kölner:Innen haben sich in Schwimmbäder, Cafés oder die schattige Wohnung zurückgezogen, um sich abzuduschen oder vor dem Ventilator mit einem Kaltgetränk zu erfrischen. Schweift der Blick aber über den eigenen Mikrokosmos hinaus, fällt er auf genau die Menschen, für die Abkühlung in jeder Form ein Privileg bleibt. Denn für über 7.000 Wohnungslose in Köln ist die Realität im Sommer das harte und heiße Pflaster. 

Obdachlosenhilfe bei Hitzewelle in Köln
Besonders bei der Hitzewelle ruft die Initiative „Straßenwächter e.V.“ zur Hitzehilfe für Obdachlose auf. Denn nicht nur im Winter ist die Versorgung von Wohnungslosen wichtig, sondern auch im Sommer. „Hitzehilfe ist definitiv genauso wichtig wie Winterhilfe“, betont Dennis Bucek, Gründer und Leiter des Vereins. „Im Winter droht der Kältetod und im Sommer, dass die Wohnungslosen verdursten. Viele können die Hitze nicht einschätzen, deswegen dehydrieren sie auch.“ Darum seien Wohnungslose auf die Hilfe von anderen angewiesen, fährt Bucek fort. „Sei es aus Privatpersonenkreisen oder eben von uns Straßenwächtern.“ Für Kölner:Innen, die im Vorbeigehen helfen wollen, hat er ein paar Tipps: „Wohnungslose sitzen halt ziemlich oft in der Sonne. Da ist es wichtig ein Auge drauf zu haben, ob es ihnen noch gut geht. Als Passant kann man auch einfach Wasser und Essen vorbeibringen. Und wenn es nur ein Apfel oder ein Stück Obst ist. Das hilft ungemein!“ 

Foto: Knobloch

Die Obdachlosenhilfe der Straßenwächter in Köln

Vor über 15 Jahren hat Bucek die Initiative ins Leben gerufen. Anfänglich half er allein, mittlerweile zählt sein Verein an die 160 Helfer: Innen. Die Straßenwächter sind 365 Tage im Jahr im Einsatz. Jeden Tag ist ein Zweier- bis Dreier-Team zu Fuß auf Tour durch die Innenstadt, um die Wohnungslosen mit dem Nötigsten zu versorgen. Im Schlepptau große Bollerwagen, befüllt mit Wasser, Cola, selbst gekochtem Essen oder Restaurant- und Bäckerei-Spenden. Damit verteilen die Straßenwächter rund 200 Essen am Tag und 73.000 Mahlzeiten im Jahr. Anja läuft am Dienstagabend die Tour bei 37 Grad. Sie kommt aus der Medienbranche und wollte sich in ihrer Freizeit sozial engagieren. „Vor vier Jahren bin ich über einen Facebook-Post auf die Straßenwächter aufmerksam geworden. Bis heute laufe ich jede Woche eine Tour mit.“ Treffpunkt für sie und weitere Freiwillige ist das „ZoHUs by Straßenwächter e.V.“. Eine Sozialeinrichtung der Initiative in der Balduinstraße 18. Hier gibt es kostenlose Kleidung und Hygieneartikel für Wohnungslose und ein Café in modernem Ambiente lädt zum Austausch und als Begegnungsstätte ein. In unregelmäßigen Abständen veranstaltet der Verein auch kostenlose Haarschneide-Aktionen, oder verteilt kleine Geschenke zu Weihnachten. Die Initiative lebt dabei von dem ehrenamtlichen Engagement der Freiwilligen und von Geld-, Sach-, Lebensmittel- oder Kleiderspenden.

Wie sieht Obdachlosenhilfe bei der Hitzewelle aus?

Bereits einige Tage vor der Hitzewelle haben die Straßenwächter die nötigen Vorkehrungen getroffen und ihr „ZoHus“ mit Ventilatoren und einem Wassertank mit Schlauch ausgestattet, durch den sich die Obdachlosen abkühlen können. Zu der täglichen Abendtour verteilen Helfer auch in den schwelenden Mittagsstunden Wasser und Essen. „Getränke sind besonders wichtig“, betont Bucek. „Wir haben uns sogar noch einen extra Kühlschrank gekauft, um die Getränke für die Tour vorkühlen zu können. Aus Buceks Sicht könnte auch die Stadt bei der Hitze mehr für Wohnungslose tun.

„Man soll nicht erwarten, dass man einen Sonnenschirm aufgestellt bekommt und Sitzplätze darunter, aber es gibt einfach viel zu wenig Sitzgelegenheiten für Wohnungslose in der Innenstadt, um sich auszuruhen.“ Auch die Versorgung mit kostenlosem Wasser ist ein Problem. „Es gibt vereinzelt Brunnen in der Stadt. Diese werden zwar im Internet erwähnt, aber ein Wohnungsloser, der weder über Telefon noch über Internetzugang verfügt, hat natürlich keinen Zugriff darauf und kann es nicht wissen.“ Deshalb laufen die Helfenden auch bei Höchsttemperaturen die Strecke von der Balduinstraße über die Schaafenstraße, Ringe, Ehrenstraße, hin zur Hohe Straße und der Schildergasse zum Neumarkt ab. Auf dem Weg halten die sie bei Bäckereien und Restaurants. „Manche Läden haben uns angesprochen und kochen immer an einem Tag für uns“, erzählt Anja. „Das Al Salam jeden Donnerstag und das NeoBiota jeden Mittwoch. Das ist mega.“

An heißen Tagen wie am Dienstagabend verteilen die Helfer:Innen leichtes Essen, wie: Salat, Quark, Erdbeeren, Brot, belegte Brötchen, Gebäck sowie kaltes Wasser und Cola. Max (24) studiert Soziale Arbeit und absolviert sein sechswöchiges Praktikum bei den Straßenwächtern. Neben der Arbeit in der Küche und dem Café läuft er zwei bis dreimal die Woche mit und mag die direkte Arbeit und den Kontakt zu den Menschen. Nach seinem Praktikum will er auch privat bei den Straßenwächtern weiterhelfen. „Ich laufe gerne mit und unterhalte mich mit den Leuten. Nach einer Zeit kennt man auch schon viele. Manchmal machen mich Schicksale auf der Straße auch traurig, aber es zaubert mir sehr viel häufiger ein Lächeln auf die Lippen, wenn ich so direkt wie hier helfen kann.“