Halle | Die Hochwasserlage in mehreren Bundesländern bleibt angespannt. In Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt waren am Mittwoch 30.000 Bewohner der Plattenbausiedlung Neustadt aufgerufen worden, in Notunterkünfte zu kommen. Das haben nach Angaben der Stadt nur 500 gemacht, die Behörden gehen davon aus, dass viele woanders untergekommen sind.

Der Gimritzer Damm, der die Saale von dem Stadtteil trennt, ist nur auf einen Pegel von 6,40 Meter ausgelegt, am frühen Donnerstagmorgen stand der Fluss immer noch fast acht Meter hoch. In Bitterfeld hatte es am Mittwoch um 20 Uhr eine Sprengung am Seelhausener Sees gegeben. Die hat nach offiziellen Angaben nicht den gewünschten Effekt erzielt: Der Wasserstand des Sees sinke zwar, aber zu langsam.

In Dessau-Roßlau war Lage nach offiziellen Angaben hingegen entspannt und vollkommen unter Kontrolle. In Sachsen soll der Scheitelpunkt des Elbe-Hochwassers am Donnerstag Dresden erreichen. Dort wurden in der Nacht französische Soldaten erwartet, um die Helfer zu unterstützen.

In Meißen waren zuvor die Elbtalbrücke und der Schottenbergtunnel komplett gesperrt worden. Die Altstadt von Meißen war ebenfalls überflutet. Von rund 28.000 Einwohnern hatten aber nur knapp 200 Menschen ihre Häuser verlassen.

In Thüringen fielen die Pegelstände auf breiter Front. Angespannt war die Lage nur noch in Gera, Saalfeld und Jena, der Katastrophenfall galt in Thüringen nur noch im Saale-Holzland-Kreis. In den meisten Landesteilen haben dagegen die Aufräumarbeiten begonnen. In den Hochwassergebieten Niederbayerns kämpften die Menschen weiter gegen die Fluten. Mehrere Ortschaften an der Donau wurden überschwemmt, teilweise ragten nur noch die Dächer der Anwesen aus der riesigen Wasserfläche. Die Kreisstadt Deggendorf war fast völlig vom Umland abgeschnitten. Auch Niedersachsen erwartet ein Rekordhochwasser. Vielerorts flohen Menschen vor der Flut aus ihren Häusern.

Städtetags-Präsident: Weitere Bundeshilfen für Hochwasser-Regionen unumgänglich

Angesichts der enormen Schäden in den Hochwasser-Regionen hält der Präsident des Deutschen Städtetags, Ulrich Maly, weitere Hilfen des Bundes für unumgänglich. „Die 100 Millionen Euro des Bundes sind als Soforthilfe angekündigt und als solche wichtig zur kurzfristigen Unterstützung“, sagte Maly der „Saarbrücker Zeitung“ (Donnerstagausgabe). Die Hochwasserschäden dürften aber deutlich höher sein.

„Deshalb wird sicher, wenn das ganze Ausmaß sichtbar wird, über weitere Hilfen gesprochen“, so Maly. Zugleich forderte der Verbands-Präsident Bund und Länder zur raschen Verständigung im Interesse der Flutopfer auf. „Der Bund muss umgehend mit den Ländern und Kommunen klären, wie die Bürgerinnen und Bürger unbürokratisch gezielte Unterstützung und Finanzmittel erhalten“, forderte Maly.

Vor dem Hintergrund des im August in Kraft tretenden Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren rechnet Maly mit Schadenersatzforderungen unzufriedener Eltern. „Ich sehe das mit gemischten Gefühlen“. Einerseits hätten die Kommunen stark in den Betreuungsausbau investiert.
Dennoch werde der individuelle Rechtsanspruch auch dazu führen, dass Kommunen nicht alle Eltern zufriedenstellen könnten, erklärte Maly. „Bei Schadenersatzforderungen sehen wir auch die Urheber des Rechtsanspruchs, also Bund und Länder, in der politischen Mitverantwortung“, sagte der Städtetags-Präsident.

Hochwasser: 500 Schiffe warten auf Weiterfahrt

500 Schiffe müssen aufgrund des Hochwassers derzeit auf ihre Weiterfahrt warten. Das geht aus einem ersten Zwischenbericht von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) an den Verkehrsausschuss hervor, wie die „Rheinische Post“ (Donnerstagausgabe) unter Berufung auf das ihr vorliegende Papier berichtet. Demnach muss der Schiffsverkehr auf den Wasserstraßen Donau, auf Teilen der Elbe und des Rheins sowie auf den Flüssen Neckar, Main und Weser eingestellt werden.

Außerdem sind laut Bericht derzeit elf Eisenbahnstrecken im Süden und Südosten der Republik gesperrt. Minister Ramsauer rechnet zunächst nicht mit einer Entspannung. In den nächsten Tagen werde „mit sehr großem Hochwasser“ im Verlauf der Elbe gerechnet, vor allem in Sachsen, heißt es.

Die Autobahn A4 am Autobahnkreuz Erfurt muss demnach in Richtung Sömmerda wegen Hangrutsch noch bis Freitag gesperrt bleiben.

Autor: dts