Köln | Bei der letzten Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer zu Köln am 26. Juni wurde eine Resolution zur geschlechtersensiblen Personalpolitik verabschiedet, eingebracht vom neu gebildeten Arbeitskreis „Gender & Diversity“. Hauptforderung der Resolution ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für berufstätige Frauen. Außerdem sollen verstärkt Maßnahmen ergriffen werden, um älteren Arbeitgebern durch gezielte Fortbildung Aufstiegschancen jenseits der 50-Jahre-Grenze zu ermöglichen. Diese Maßnahmen seien nicht zuletzt deshalb notwendig, um einem künftigen Fachkräftemangel in der Region entgegenzuwirken, so die IHK.

Da der Bedarf an Fachkräften laut IHK in Zukunft noch weiter wachsen werde, sei die Nutzung aller Beschäftigungspotenziale für die Fachkräftesicherung entscheidend. Das größte Fachkräftepotenzial bildeten die Frauen. „Unter den Frauen sind viele Fachkräfte vorhanden, die man abgreifen muss“, so Gregor Berghausen, IHK-Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung. Dabei liege die Frauenquote in NRW (45 Prozent) im Ländervergleich an vorletzter Stelle, Schlusslicht: das Saarland. Die Kölner Quote liegt mit 45,9 Prozent (Angabe IHK) zwar über dem Landesschnitt, im Großstadtvergleich mit München (56 Prozent, Angabe IHK) gibt es jedoch noch einiges aufzuholen. Die Annahme, dass der prognostizierte Bevölkerungsanstieg für Köln auch weiterhin für genügen Fachkräfte sorge, ist für Berghausen ein Trugschluss. „Köln wird wachsen, aber das Umland schrumpfen“, so Berghausen. Und 50 Prozent der Einpendler nach Köln kämen momentan aus dem direkten Umland.

Deshalb möchte die Vollversammlung der IHK Köln Maßnahmen unterstützen, die zu einer größeren Frauenbeschäftigung in der Region Köln sowie mehr Aufstiegschancen für Frauen und einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf führen. So ist es in deren aktueller Resolution nachzulesen. „Die IHK Köln wird sich hier auch als Ratgeber für Familienfreundlichkeit in Unternehmen als Maßnahme der Personalbeschaffung und -entwicklung etablieren“, heißt es dort weiter.

Aus diesem Grund möchte die IHK Köln die Förderung von Frauenkarrieren als regionales Markenzeichen entwickeln. Konkret bedeutet dies, dass man vor allem bei kleinen und mittelständischen Betrieben Maßnahmen aufzeigen möchte, um gut ausgebildete Frauen an das Unternehmen zu binden. Diese Maßnahmen umfassen die Möglichkeit, für junge Mütter, ihre Arbeitszeiten flexibler zu gestalten, sowie bestimmte Aufgaben von Zuhause, im sogenannten „Home Office“ übernehmen zu können.  Auch über Betreuungsangebote für Kinder von Beschäftigten, wie etwa in einem Betriebskindergarten sollte nachgedacht werden.

Angebot an Kinderbetreuung wichtiger Standortfaktor

Ebenso wichtig ist nach Meinung von Dr. Sandra von Möller, Vorsitzende des Arbeitskreises „Gender & Diversity“, die Bemühung der Kommune, die Kinderbetreuung für alle Altersstufen auszubauen. Dies stelle in Zukunft auch einen wichtigen Faktor bei der Standortwahl des Berufes dar. Berufstätige mit Kindern würden jenen Kommunen den Vorzug geben, die über ein gutes Konzept für die Kinderbetreuung verfügten. Genau hier will die Kölner IHK ansetzen und die Förderung von Frauenkarrieren und Kinderfreundlichkeit als regionales Markenzeichen ausarbeiten. Für die kommenden Wochen hat sich der Arbeitskreis „Gender & Diversity“ schon einige konkrete Maßnahmen vorgenommen. Im September wird voraussichtlich ein Weiterbildungsprogramm zur Förderung von unternehmerischer Kompetenz von Frauen veröffentlicht. Für Oktober ist die Veranstaltung „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ geplant, bei der es in erster Linie um eine Bewertung der U3-Versorgung in der Region geht. Weiterhin soll im Herbst ein Ratgeber zu Betriebskindergärten erscheinen.

Die IHK Köln hat 2013 die Frauenförderung unter dem Motto „Frauen fördern – Fachkräfte sichern“ zu einem Top-Jahresthema gemacht. Hauptgeschäftsführer Ulf C. Reichardt: „Einerseits steigt der Anteil beruflich hoch qualifizierter Frauen, andererseits werden sie nur halbherzig in den Arbeitsmarkt eingebunden. Unternehmen jedoch, die konsequent Frauen fördern – von der Gewinnung weiblicher Auszubildender bis zur Unterstützung bei der Kinderbetreuung -, haben die Nase vorn, denn sie binden hoch motivierte und leistungsfähige Fachkräfte an sich.“

Fortbildung älterer Arbeitnehmer soll stärker in den Fokus rücken

 Bei den geplanten Maßnahmen zur Fachkräftesicherung beschränkt sich der Arbeitskreis „Gender & Diversity“ – wie der Name schon sagt – nicht ausschließlich auf die Frauenförderung und die Unabhängigkeit von Geschlechterrollen bei der Berufswahl, sondern setzt sich auch konkret für die Fort- und Weiterbildung älterer Arbeitnehmer ein.

Momentan liege der Altersschnitt der Teilnehmer an IHK-Fortbildungen bei 35 Jahren, so Berghausen. Man müsse für ein Bewusstsein sorgen, dass Mitarbeiter im Alter von 50 Jahren durchaus noch eine Fortbildung machen könnten, da sie in ihrem Alter dem Betrieb dann noch gut 15 Jahre zur Verfügung stünden. Und dies bei einer Schreibtischarbeit wahrscheinlich längerfristig produktiver, als in einer Position, in der körperlich anstrengende Tätigkeiten verrichtet würden. Und viele Arbeitnehmer scheiden später aus dem Berufsleben aus, als noch vor zehn Jahren: Waren es 1999 noch rund 16.000 Kölner, die im Alter zwischen 60 und 65 einer Beschäftigung nachgingen, so habe sich die Zahl dieser im Jahre 2011 um 186 Prozent auf über 30.700 gesteigert, so Berghausen. Für Oktober plant der Arbeitskreis deshalb einen Aktivierungsleitfaden zur Weiterbildung von älteren Beschäftigten.
 

Autor: Daniel Deininger
Foto: Die Kölner IHK will sich künftig stärker für die Förderung von Frauenkarriere und die Fortbildung älterer Berufstätiger einsetzen.