„In die IHK gehe ich nicht.“
Auf einer Infoveranstaltung zum Kulturwirtschaftsbericht im Kölner Mediapark eröffnete dem IHK Geschäftsführer Ulrich Soénius ein Student, dass er das IHK-Gebäude nicht betreten werde. Da dachte sich der umtriebige IHK-Mann: OK, kommt ihr nicht zu uns, gehen wir zu Euch und, dass dies eine gute Idee war, zeigte sich am Ansturm. Rund 60 Studenten kamen. Juliane Kuhn, Pressesprecherin der KHM freute sich und machte deutlich dass dies auch ein Wunsch der Studenten war. Petra Lohmann, die an der IHK für Existenzgründung zuständig ist, hatte über 40 Folien im Gepäck und referierte über Existenzgründung. Wie wichtig ist ein Businessplan, die richtige Rechtsform für das Unternehmen und wie man an Fördertöpfe kommt. Manch einem Studenten war all dies noch zu theoretisch und er fand sich zu nahe an Autowaschanlagen oder Fußpflegerinnen und vergaß dabei, dass auch Künstler gleich welcher Sparte Mehrwertsteuerpflichtig sind,  sich mit dem Finanzamt auseinandersetzen müssen und sich um ihre Märkte und Kunden kümmern müssen.

Benjamin Schindler ist im sechsten Semester und hat schon ein eigenes Projekt. Im Internet findet man es unter www.shortfilmlivemusic.de. Er ist auch im ASTA engagiert und der hatte diese Veranstaltung mitinitiiert. Er wünscht sich für die Zukunft im Vortrag der IHK noch ein wenig mehr Verständnis für die Mentalität der jungen Nachwuchskünstler und deren Fragestellungen, lobte aber die vielen  und vielfältigen Informationen. Den Teil  in dem es um das Präsentieren oder Schreiben eines Businessplans ging, sei für Jungkreative die immer ihre Arbeiten präsentieren müssten und auch Drehbücher schreiben, zu lange. Aber die Themen der Gesellschaftsform Gewerbe oder Freiberufler und auch die Anregungen zu Themen wie Mikrokrediten, das wäre guter Input. Benjamin Schindler wünscht sich auch, dass Themen wie Crossfinanzierung behandelt werden, denn künstlerische Projekte werden heute häufig durch mehrere Finanzierungsmodelle ermöglicht, wie Sponsoring und/oder Förderprogramme aus den Kulturtöpfen. Und hier sei für junge Kreative wichtig, wie etwa Gründerdarlehen des Staates oder der Banken hineinpasse.

Wie wichtig der Vortrag von Frau Lohmann war, machte aber auch der ein oder andere Zwischenruf deutlich. Eine Studentin meinte, sie müsse sich als Künstlerin doch keine Gedanken über Mitbewerber wie andere Gewerbe machen, da sie ja Unikate herstelle. Das mag ein wenig naiv sein und wenn sie mit einer solchen Einstellung bei einer Bank auftaucht um die Gründung zu finanzieren, wird sie sich eine Absage einfangen. Die IHK Dozentin forderte den Künstlernachwuchs auf „Best Case“ und „Worst Case“-Szenarien vor der Gründung aufzustellen und Geld fürs Marketing über die Eröffnung hinaus einzuplanen. Und mit viel Zeit bei der Planung und Konzeption des Unternehmens zu rechnen. Lohmann mahnte: „Manch einer plant länger an seinem Urlaub als an seinem Unternehmen und das ist falsch“. Auch die Selbsteinschätzung sei wichtig. Für einen Unternehmer auch als Künstler gelten die Kriterien Eigeninitiative, Durchhaltewille, Kontaktfreudigkeit und seelische Belastbarkeit. Denn eines bedeute die Selbstständigkeit: „Selbst und ständig zu arbeiten.“ Auch müsse sich der junge Künstler mit Kunden und Vertrieb auseinandersetzen.

Den breitesten Teil nahm allerdings die Finanzierung ein. 15 Prozent Eigenkapital seien nötig, den ich mir ersparen kann, oder Family und Friends als Sponsoren gewinnen muss. Finanziere ich mich mit einem Mikrokredit ohne Hausbank, über ein KFW Darlehen, oder über die Hausbank? Drei Monate muss man als kürzeste Zeit für die Bewilligung von Gründerdarlehen einplanen, in denen man auch noch nicht loslegen darf. Muss ich am Anfang meinen Lebensunterhalt noch durch Taxifahren oder in der Gastronomie bestreiten? Welche Kosten muss ich wie ansetzen und was steht als Erlöse dem gegenüber. Einer der Teilnehmer war erstaunt über die Höhe der Zinsen, selbst bei Förderdarlehen. Wer allerdings zunächst so startet, der riskiert womöglich Fördermöglichkeiten zu verlieren. Und Banken sehen es nicht so gerne, wenn ein Gründer nach vier Monaten auf der Matte steht und dann Kapitalbedarf anmeldet. Nicht selten zweifeln die Banker bei solchen Kunden an deren unternehmerischen Fähigkeiten. Hier scheinen auch die tradierten Modelle in der Künstlerfinanzierung nicht zu funktionieren. Denn viele Studenten wollen erst einmal klein und mit Bordmitteln anfangen und wünschen sich ein anpassungsfähiges Paket, das man aufstocken kann, wenn´s gut läuft und man expandieren muss. Man merkte deutlich, dass das Thema wichtig für die Studenten ist und hier noch viel Beratungsbedarf besteht.

Ulrich Soénius war dann auch ganz angetan und lobte das Interesse der Studenten. Eine Forderung nehme er als Anregung mit, so Soénius, dass die Kredit-Angebote passgenauer auf die Anforderungen der Kreativwirtschaft zugeschnitten werden müssen. Selbst die jetzt angebotenen Mittel, wie die Mikrokredite seien noch nicht passgenau genug. Für die öffentliche Hand sei dies gut investiertes Geld, da es die Zukunft sichere, so der IHK Geschäftsführer. Den Studenten rief Soénius zu: „Zögern Sie nicht uns als IHK zu aktivieren. Wir sind nicht nur für die Großunternehmen da, sondern gerade auch für die Kleineren und Mittleren.“

Die Veranstaltung war gespickt voll mit Information zum Thema Gründung. Sicher ist das Eine oder andere Standardinfo, den man auch an diversen anderen Stellen finden kann. Aber gerade in dieser komprimierten Form, bietet sie Basiswissen für angehende Unternehmer. Passt man die Veranstaltung jetzt noch ein wenig stärker auf die Fragestellungen der Künstlerinnen und Künstler an, wie etwa Künstlersozialkasse, ermäßigter Mehrwertsteuersatz und Crossfinanzierung, sollte die IHK dies in allen Kölner Kunsthochschulen anbieten. Denn Praxiswissen hat noch keinem geschadet.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung