Düsseldorf | In gestochen scharfen Bildern ist der „Hobbit“ derzeit in den Kinos auf seiner „unerwarteten Reise“ unterwegs. Und auch die Verfilmung des Erfolgsromans „Life of Pi“ sorgt aktuell mit ihren fulminanten dreidimensionalen Effekten bei den Zuschauern für Verblüffung. Keine Frage: Die digitale Projektion hat im Medium Film eine Zeitenwende eingeläutet. Doch in der Kinobranche wachsen inzwischen Sorgen um hohe Folgekosten für den neuen technischen Standard.

Steigende Ausgaben

Vor allem die Programmkinos, die im Gegensatz zu den Multiplexen kleiner und weniger finanzstark sind, erwarten wirtschaftliche Schwierigkeiten: „Wir haben deutlich höhere Ausgaben als früher“, sagt etwa Jens Schneiderheinze von der Cinema Filmtheater GmbH in Münster, die dort drei Kinosäle betreibt. Allein der Stromverbrauch sei seit der Digitalisierung um rund zehn Prozent gestiegen. Auch müssten die Lampen der Projektoren häufiger getauscht werden, weil eine digitale Vorführung mehr Lichtleistung benötige.

Mit den gestiegenen Betriebskosten für die digitale Ausstattung sehen sich viele Programmkinos alleine gelassen. Zwar konnten die meisten Filmkunsthäuser bei der inzwischen weitgehend abgeschlossenen Umrüstung auf öffentliche Hilfe setzen: Bei einem Jahresumsatz von mindestens 40.000 Euro bis höchstens 260.000 Euro gibt es Zuschüsse vom Bund und der Filmförderungsanstalt (FFA), die dazu zusammen ein Paket von rund 35 Millionen Euro geschnürt haben.

Bis zu 80 Prozent der Kosten für die Umrüstung von analog zu digital wurden so im Einzelfall über Fördergelder bewältigt. Und auch die Länder sind aktiv: Nordrhein-Westfalen, wo nach Schätzung der Film- und Medienstiftung NRW bis Ende 2013 alle 267 Kinos digitalisiert sein werden, legte zuletzt eine Schippe drauf und stellt den Kinos zusätzliche drei Millionen Euro aus dem europäischen Fonds für regionale Entwicklung zur Verfügung.

Doch ohne diese Hilfen wäre für die meisten Programmkinos bei zumeist nur sechsstelligen Jahresumsätzen die teure Umrüstung kaum zu stemmen gewesen: Rund 80.000 Euro kostet eine digitale Projektionsanlage. Hinzu kommen Ausgaben für ein neues Tonsystem und eine bessere Klimatisierung der Vorführräume. Denn digitale Projektoren und der Server, auf dem die digitale Filmkopie gespeichert ist, verbrauchen mehr Energie als die klassischen analogen Vorführgeräte – und produzieren deshalb auch mehr Wärme.

Sorge macht den Programmkinos auch die begrenzte Lebensdauer der digitalen Vorführgeräte: „Die Digitalisierung ist mit der Erstausrüstung nicht zu Ende“, merkt der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft (AG) Kino-Gilde, Felix Bruder, an. Sie vertritt die Interessen der Filmkunsttheater. „Ein Digitalprojektor ist letztendlich ein Computer, der immer wieder Updates benötigt und nicht länger als zehn Jahre hält. Dann muss er erneuert werden – und das müsste dann ebenfalls wieder gefördert werden.“ Dagegen seien analoge Filmprojektoren Jahrzehnte funktionsfähig.

Hinzu kommt der immer schnellere Wandel bei den digitalen Projektionsstandards. Ist bislang noch eine Bildauflösung von rund 2.000 Pixeln (2K) die Regel, steht das ultrascharfe 4K mit 4.000 Pixeln schon in den Startlöchern. Und in „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“ setzten die Filmemacher erstmals auf die sogenannte High Frame Rate (HFR) mit 48 statt 24 digitalen Bildern pro Sekunde für mehr Bildschärfe. Um diesen Effekt zu zeigen, mussten Multiplexe, wo der „Hobbit“ in erster Linie gezeigt wird, ihre Projektionstechnik entsprechend nachrüsten.

Verleiher sollen sich stärker beteiligen

Bei diesem ständigen, von der Filmindustrie angetriebenen Wandel mitzuhalten, ist somit für die Programmkinos Pflicht und Schrecken zugleich: „Wir dürfen bei der Bildqualität gegenüber den Multiplexen nicht zurückstehen, wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen. Und nicht zuletzt auch, wenn wir ebenfalls die größeren Filme zeigen wollen“, macht Schneiderheinze das Problem deutlich. „Doch auf Dauer werden diese Kosten für uns nicht alleine zu tragen sein und zu einer existenziellen Frage werden.“

Höhere Eintrittspreise sind für die Kinobetreiber kaum eine Lösung, da der Löwenanteil der Ticketerlöse ohnehin an die Filmverleiher geht. Von diesen wünschen sich deshalb nicht nur die Programmkino-Betreiber stärkere Unterstützung, sondern auch die Multiplex-Kinoketten, die zu groß sind, um Fördergelder zu erhalten und die Digitalisierung deshalb weitgehend alleine stemmen müssen. Denn die Verleiher profitieren am stärksten von der Digitalisierung: Während eine analoge Kopie etwa 1.200 bis 1.500 Euro kostet, sind es bei der digitalen Version nur noch gut 200 Euro. Viele Kinos befürworten deshalb eine höhere Beteiligung an den Ticketerlösen.

Eine erste Entlastung der Lichtspielhäuser soll nun eine Abgabe auf digitale Filmkopien, die sogenannte Virtual Print Fee (VPF), bringen. Sie ist seit Herbst 2012 Bestandteil der Förderrichtlinien für die digitale Umrüstung. Pro digitale Kopie zahlen die Verleiher 500 Euro an jene Kinos, die auch Anspruch auf Fördergelder haben. „Das ist ein Schritt, den wir sehr begrüßen“, sagt Bruder.

Autor: Frank Bretschneider, dapd | Foto: Aerogondo/fotolia