Berlin | Die Zahl rechtsextremer Musikveranstaltungen nimmt weiter zu. Im ersten Halbjahr 2016 gab es bundesweit bereits 98 Rechtsrock-Konzerte, Liederabende und Parteiveranstaltungen mit Auftritten von Musikern der rechtsextremen Szene. Das geht aus Antworten des Bundesinnenministeriums auf Anfragen der Linke-Fraktion im Bundestag hervor, die die „Welt“ ausgewertet hat.

Nach vorläufigen Zahlen registrierten die Sicherheitsbehörden im ersten Halbjahr 40 Rechtsrock-Konzerte. Außerdem gab es 49 sogenannte Liederabende – in kleinerem Rahmen treten dabei rechtsextreme Sänger und Liedermacher auf, häufig mit Gitarrenbegleitung. Hinzu kamen neun Auftritte bei Versammlungen und Festen der NPD und anderer rechtsextremer Parteien.

Die Zahlen aus dem ersten Halbjahr deuten darauf hin, dass ein Trend anhält, den das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im Juni in einer Mitteilung attestiert hatte. Die Zahl rechtsextremer Musikveranstaltungen hatte demnach im vergangenen Jahr mit insgesamt 199 Auftritten ein Vier-Jahres-Hoch erreicht. Insbesondere in Thüringen häufen sich derartige Veranstaltungen.

Neben zahlreichen abendlichen Konzerten gab es in dem ostdeutschen Bundesland in diesem Jahr vier größere Open-Air-Festivals der rechten Szene. Die fünfte Veranstaltung dieser Art findet an diesem Samstag in Kirchheim bei Erfurt statt. Mit 800 angemeldeten Besuchern wird es das zweitgrößte Neonazi-Festival des Jahres.

Anwohner und Initiativen haben eine Gegenkundgebung angekündigt. Die CDU befürchtet, dass das Bundesland zu einem Rückzugsraum für Extremisten werden könnte. Der thüringische CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Bühl sagte der „Welt“: „Nach jahrelangem Rückgang des Personenpotenzials der rechtsextremen Szene scheint es nun wieder einen Anstieg zu geben.“ Ihn sorge vor allem, dass die rot-rot-grüne Landesregierung staatliche Organe zum Schutz des Rechtsstaates, wie den Verfassungsschutz, „am liebsten abschaffen würde und schwächt“. Bühl kritisiert insbesondere den Personalmangel bei den Sicherheitsbehörden und die Abschaffung der V-Personen in Thüringen. „Damit besteht die Gefahr, dass Thüringen zum Rückzugsraum für Extremisten jeder Art wird, da sie hier das Gefühl haben müssen, weniger Verfolgung ausgesetzt zu sein.“

Grünen-Landessprecherin Stephanie Erben hingegen fordert insbesondere mehr Initiativen im kommunalen Bereich. „Wir müssen Aufklärung betreiben und dafür sorgen, dass sich Jugendliche nicht radikalisieren“, sagte Erben der „Welt“. Kinder und Jugendliche bräuchten Räume, in denen sie sich mit demokratischen Werten wie Vielfalt, Offenheit und Toleranz auseinandersetzen können. Dazu seien erlässliche Strukturen und Konzepte notwendig, „gerade auch in ländlichen Regionen“.

Autor: dts