Köln | aktualisiert | Im Rhein befindet sich Pyrazol. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) erhielt aus den Niederlanden am 18. August 2015 eine Warnmeldung. Die internationale Messstation Bimmen/Lobith, Rheinkilometer 836,2 fand Pyrazol im Rheinwasser von maximal 7 μg/l. Mittlerweile fand man auch höhere Werte. Heute verschickte das Unternehmen INEOS eine Meldung für die Nachbarschaft in der es die Einleitung des Stoffes erläutert und erklärt, dass man die Bezirksregierung Köln sofort informiert habe.

Das LANUV wurde nach dem Fund in Bimmen/Lobith sofort aktiv und suchte nach dem Verursacher im Rheinumfeld. Am 19.8.2015 wurde in Bimmen/Lobith eine Konzentration von 8,2  μg/l Pyrazol gemessen. Das LANUV entsandte sein Laborschiff „Max Prüss“ und lokalisierte den Einleiter des Pyrazols zwischen Rheinkilometer 710 bis 720 im linksrheinischen Bereich. Um den 31.8. seien Bezirksregierung Düsseldorf und die Wasserschutzpolizei informiert worden. Die Einträge so das LANUV hielten unvermindert an:  Zwischen dem 1.9.2015 und 4.9.2015 wurden bei Kleve-Bimmen und Lobith ca. 3,2 – 8,3 μg/l und in Orsoy im Querprofil am 02./04.09.2015 zwischen 6,4 μg/l und 13 μg/l Pyrazol gemessen. Auch bei weiteren Untersuchungen hielten die Einträge an Pyrazol in den Rhein unvermindert an, wie die Zahlen des LANUV zeigen:

Datum  |  Uhrzeit  |  Pyrazol [μg/l]

Bimmen
14.09.2015  |  06:00 – 18:00  |  11
14.09.2015  |  18:00 – 06:00  |  10
15.09.2015  |  06:00 – 18:00  |  9
15.09.2015  |  18:00 – 06:00  |  9
16.09.2015  |  06:00 – 18:00  |  9
16.09.2015  |  18:00 – 06:00  |  9

Lobith
14.09.2015  |  06:00 – 18:00  |  8
14.09.2015  |  18:00 – 06:00  |  8
15.09.2015  |  06:00 – 18:00  |  6
15.09.2015  |  18:00 – 06:00  |  8
16.09.2015  |  06:00 – 18:00  |  8
16.09.2015  |  18:00 – 06:00  |  8

Das Labor spricht von einer Messunsicherheit von 50 Prozent, da keine vollständig validierte Methode vorliege. Das LANUV bewertet den Stoff nach der Stoffdatenbank „Rigoletto“ in der Wassergefährdungsklasse 3 als stark wassergefährdend. Der Stoff sei gut wasserlöslich aber schwer biologisch abbaubar. Eine Bioakkumulation sei nicht zu erwarten. Zudem schreibt das LANUV:  „Eine Gefährdung für die Biozönose des Rheins ist bei der gemessenen
Pyrazol-Konzentration nicht zu erwarten.“

Beim Trinkwasser orientiert sich das LANUV an der Empfehlung des Umweltbundesamtes. Das sagt in seiner Bewertung, dem so genannten GOW-Konzept, dass die Konzentration von Stoffen über einem Wert von  3 μg/l dann möglich sei, wenn mindestens in einer chronisch-oralen Studie deren Gefährlichkeit überprüft wurde. Sollte diese Studie nicht vorliegen und das ist der Fall bei Pyrazol, dann sollte der Grenzwert von 3 μg/l  eingehalten werden.

Das LANUV hat die Wasserschutzpolizei informiert und die Bezirksregierung Düsseldorf gebeten eine Meldung über den Warn- und Alarmdienst Rhein (WAP) zu verbreiten. Auch die Betreiber von Trinkwassergewinnungsanlagen seien informiert. Bei INEOS legt man Wert auf die Feststellung: „Alle Prozessabwässer werden nach entsprechender Vorbehandlung in einer Kläranlage in den Rhein eingeleitet. Dies erfolgt im Rahmen einer bestehenden Einleiterlaubnis, deren festgelegte Parameter zu keinem Zeitpunkt überschritten wurden.“

INEOS hat zur Pyrazol-Problematik Stellung genommen

Für Pyrazol in Gewässern gibt es aktuell keine gesetzlich geregelten Grenzwerte. Das Umweltbundesamt (UBA) hat Pyrazol als stark wassergefährdend (WGK 3) eingestuft. Hierbei weicht das UBA von der Selbsteinstufung durch Chemieunternehmen, die diesen Stoff als Reinsubstanz vertreiben, ab (WGK 1). Da entlang des Rheins Trinkwasser aus Rheinuferfiltrat gewonnen wird, hält das UBA aus Vorsorgegründen derzeit einen Richtwert von maximal drei Mikrogramm Pyrazol pro Liter (das sind drei Millionstel Gramm) im Rhein für angemessen. Das entsprechende Konzept dazu wird gesundheitlicher Orientierungswert (GOW) genannt.
Dieser Richtwert wird durch die genehmigungskonforme Einleitung von pyrazolhaltigem Abwasser von INEOS in Köln aktuell überschritten. Daraus ergaben sich Werte von sechs bis zehn Mikrogramm Pyrazol pro Liter in Höhe der Messstation Bimmen (vgl. Messberichte LANUV). Zitat Messbericht LANUV: „Eine Gefährdung der Biozönose des Rheins ist bei der gemessenen Pyrazol-Konzentration nicht zu erwarten.“ Ebenso erfolgt keine Bioakkumulation in der Umwelt.
INEOS hat bereits vor Bekanntwerden der Thematik mit Pyrazol ein Verfahren entwickelt, schwer abbaubare Substanzen im Abwasser weiter zu vermindern. Dies ist mit großen Umbauten der biologischen Abwasserbehandlungsanlage verbunden. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird bis zum vierten Quartal 2017 abgeschlossen sein. In der Zwischenzeit arbeitet INEOS in Köln intensiv an einer schnellen Verringerung der eingeleiteten Pyrazol-Menge. Zu den Maßnahmen gehören in Abstimmung mit der zuständigen Behörde, der Bezirksregierung Köln, sowohl temporäre Anpassungen im Produktionsprozess als auch provisorische Umbauten in der Abwasserbehandlungsanlage. Die bislang umgesetzten Maßnahmen haben bereits zu einer ersten Verringerung von Pyrazol im Abwasserstrom um etwa ein Drittel geführt. Weitere Verringerungen sind in Vorbereitung, die voraussichtlich nach sechs Wochen eine Einhaltung von maximal drei Mikrogramm Pyrazol pro Liter im Rhein sicherstellen sollen.
Die Bezirksregierung Köln wird die bestehende Einleitgenehmigung überarbeiten. Mittelfristig rechnet INEOS in Köln mit einer Grenzwertfestsetzung speziell für Pyrazol.

Autor: Andi Goral
Foto: Symbolfoto