„Seite Eins“ und ihre Folgen

„Finden Sie mich schleimig?“, fragt Boulevardjournalist Marco zu Beginn das Publikum. Das ist sich einig: „Ja!“. Ursache dieses einhelligen Urteils ist ein blendend aufgelegter Ingolf Lück als Marco, der die medienkritische Realsatire „Seite Eins“ im Theater im Bauturm auf die Bühne bringt.

Es ist ein Lehrstück über die Arbeitsweise und Wirkung der Massenmedien, Kritik an den Konsumenten eingeschlossen. Marco will sich als Förderer der jungen Nachwuchssängerin Lea aufspielen – was schließlich auch seine Karriere befördert. Um sie auf die „Seite Eins“ zu bringen, braucht er eine Story aus deren Privatleben. Es gelingt ihm, Leas anfänglichen Widerstand auszutricksen.

Was zählt die Wahrheit, wenn sie die „ganze Wirklichkeit“ ist?

Doch nach dem Erscheinen der Titelstory hat nicht nur die Künstlerin ein Problem, sondern auch er selber. Hat er doch die Grundlagen der Recherche missachtet. Macht aber nichts, er windet sich aus dem Schlamassel und lehnt jede Verantwortung ab. „Auch wenn es nicht die ganze Wahrheit ist, so ist sie doch die ganze Wirklichkeit“, redet er sich heraus.

Das Ein-Mann-Stück von Johannes Kram, inszeniert von Christian Schäfer, bietet Lück eine Paraderolle. Ein Smartphone und ein Stuhl reichen ihm, um allen Facetten seines komödiantischen Talents freie Bahn zu lassen. Da stimmt jede Geste, jeder Gesichtszug, jeder Tonfall. Er redet sich besoffen, lästert, biedert sich dem Publikum an und belehrt es großtuerisch über die Mechanismen des Boulevard-Geschäfts. Er lügt und trickst. Er ist sarkastisch, skrupellos, weinerlich, grenzenlos zynisch. Und wenn’s hilft, auch kleinlaut.

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Marco ist widerlich. Ingo ist großartig.

„Seite Eins. Theaterstück für einen Mann und ein Smartphone“ – nächste Vorstellungen: 6. März, 1. April, jeweils 20 Uhr, Theater im Bauturm, Aachener Str. 24-26, 50674 Köln, www.theater-im-bauturm.de, Karten: Tel. 0221 / 52 42 42

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Autor: ehu | Foto: Volker Zimmermann / TiB
Foto: Ein blendend aufgelegter Ingolf Lück spielt einen skrupellosen Boulevardjournalisten.