Täglich werden 8.000 Mädchen beschnitten
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Mädchenbeschneidung am 6. Februar weist UNICEF darauf hin, dass jedes Jahr schätzungsweise drei Millionen Mädchen an ihren Genitalien beschnitten werden – das sind mehr als 8.000 Eingriffe pro Tag. Obwohl die Praxis fast überall verboten wurde, ist sie in mindestens 26 Ländern Afrikas und im Jemen nach wie vor verbreitet. Auch in Industrienationen werden in Einwandererfamilien zunehmend Fälle von Mädchenbeschneidung bekannt. In Ländern wie Ägypten werden Beschneidungen immer häufiger in Krankenhäusern oder Arztpraxen durchgeführt. Medizinisches Fachpersonal tritt an die Stelle traditioneller Beschneiderinnen, obwohl dies der ärztlichen Ethik widerspricht. Traditionell wird die grausame Prozedur oft unter unhygienischen Bedingungen ohne jede Betäubung vorgenommen. „Mädchenbeschneidung ist eine Menschenrechtsverletzung – auch wenn immer häufiger ein steriles Skalpell an die Stelle von schmutzigen Glasscherben oder Rasierklingen tritt“, sagte die stellvertretende Vorsitzende von UNICEF Deutschland, Maria von Welser. „Frauen brauchen Unterstützung und Aufklärung, damit die Verbote greifen. Der schreckliche Brauch sollte nicht modernisiert, sondern endlich abgeschafft werden.“

Massiver Eingriff auf Körper und Seele
Die Mädchenbeschneidung ist – anders als bei Jungen – ein massiver Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Er reicht von der Abtrennung der Vorhaut der Klitoris bis zu deren Entfernung gemeinsam mit den kleinen Schamlippen. Die schlimmsten Folgen hat die so genannte Pharaonische Beschneidung oder Infibulation. Dabei werden die großen Schamlippen beschnitten und anschließend mit Dornen, Nadeln und Fäden verschlossen, so dass nur eine sehr kleine Öffnung der Vagina bleibt. Die Eingriffe erfolgen meist im Alter zwischen vier Jahren und dem Beginn der Pubertät. Manchmal werden sogar Babys beschnitten. Oft wird die Prozedur noch von traditionellen Beschneiderinnen durchgeführt. Als Instrumente dienen dann häufig Rasierklingen, Messer oder Scherben. Beschnittene Mädchen und Frauen leiden häufig ihr Leben lang an körperlichen und seelischen Problemen. Viele beschnittene Frauen leiden an Depressionen, Angstzuständen oder sogar Psychosen. Immer wieder sterben Mädchen an den Folgen. Häufig kommt es zu Infektionen, die chronische Becken- und Harnwegsentzündungen nach sich ziehen. Wucherungen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und Komplikationen bei der Geburt eines Kindes kommen hinzu. Beschneidungen sind eine der Hauptursachen für die hohe Sterblichkeitsrate von Frauen bei der Geburt in den betroffenen Ländern.

Kein religiöses Gebot
Trotz der gravierenden Auswirkungen bringen die meisten betroffenen Frauen ihre Probleme nicht mit der Beschneidung in Verbindung. Der Eingriff wird auch nicht als ein Akt der Gewalt angesehen. Die Eltern sind vielmehr der Überzeugung, dass sie ihren Töchtern etwas Gutes tun. Der Ritus garantiert in den Augen der Eltern die Keuschheit und Jungfräulichkeit ihrer Töchter und verbessert die „Sauberkeit“ des Genitalbereichs. In vielen Gemeinschaften haben unbeschnittene Mädchen keine Chance zu heiraten. Beschneidungen werden von Christen, Moslems und Angehörigen anderer Religionen praktiziert, obwohl keine der Weltreligionen sie vorschreibt. Allerdings wenden sich immer wieder religiöse Führer – vor allem auf der lokalen Ebene – gegen Aufklärungskampagnen zur Abschaffung der Mädchenbeschneidung. Gleichzeitig wächst in vielen afrikanischen Ländern der Widerstand gegen die Beschneidung. Vor allem junge Frauen mit guter Ausbildung wollen ihre Töchter davor bewahren. UNICEF unterstützt Initiativen in Ländern wie Ägypten, Äthiopien, Guinea, im Senegal oder in Dschibuti mit dem Ziel, die Mädchenbeschneidung bis 2015 abzuschaffen.


Informationsbroschüre des Landes NRW
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Mädchenbeschneidung am 6. Februar fordert der Integrationsbeauftragte der Landesregierung Nordrhein-Westfalen Ächtung aller Formen der weiblichen Beschneidung, Wachsamkeit der Gesellschaft und Hilfe für die Betroffenen von weiblicher genitaler Beschneidung. Zu diesem Zwecke stellt der Integrationsbeauftragte Thomas Kufen eine 27-seitige Broschüre insbesondere zur Sensibilisierung zum Thema "Genitale Beschneidung bei Mädchen und Frauen" vor. Die Informationsschrift will vor allem diejenigen unterstützen und ihnen Grundinformationen an die Hand geben, die in ihrer ehrenamtlichen oder beruflichen Arbeit mit beschnittenen Frauen oder mit Mädchen, denen eine genitale Verstümmelung droht, konfrontiert sind. "Wichtig ist, dass wir nicht die betroffenen Mädchen und Frauen stigmatisieren, sondern dass wir die Beschneidungspraxis verurteilen und gleichzeitig die betroffenen Frauen unterstützen.

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