Köln |  Köln ist ein wichtiger Logistikstandort und Verkehrsknotenpunkt in Europa. Für zahlreiche Infrastrukturbereiche ist dabei der Bund verantwortlich.  Report-k.de befragte CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke und die Piraten in Interviews zu ihren Verkehrs-Plänen nach der Bundestagswahl 2013. Nicht alle haben sich dazu bis heute geäußert, diese Interviews werden nachgeliefert. Christof Rasche, Parlamentarischer Geschäftsführer und verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion NRW, erklärt im Interview, warum eine bloße bauliche Erhaltung der Infrastruktur nicht zukunftfähig ist und warum im Westen zu wenig in die Infrastruktur investiert wird.

Report-k.de: Köln ist ein wichtiger Logistikstandort und Verkehrsknotenpunkt in Europa. Wie soll die Region in den nächsten Jahren gefördert werden? Und wie viel Geld soll der Bund für die Region Köln in die Hand nehmen?

Christof Rasche: Der Aufstieg Kölns zu einem bedeutenden europäischen Wirtschafts- und Logistikstandort war schon immer mit der Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung verbunden. Der Rhein als internationale Wasserstraße, der internationale Flughafen und gute Fernverkehrsverbindungen auf Schiene und Straße in alle Richtungen haben Köln zu einer zentralen Verkehrsdrehscheibe gemacht. Nach allen Prognosen wird die Mobilität mit deutlich wachsenden Verkehrsmengen im Raum Köln wichtiger Schlüsselfaktor für Wohlstand, Lebensqualität und Wettbewerb bleiben. Die Modernisierung der Infrastruktur muss deshalb zwingend mit der Weiterentwicklung der Mobilität Schritt halten. Aufgabe der Verkehrspolitik ist es, die Infrastruktur für wachsende Wirtschaftsleistungen bedarfsgerecht nach den Ausbauplänen von Bund und Land zu ertüchtigen und zu finanzieren.

Wenn Köln täglich in den Verkehrsnachrichten erwähnt wird, ist dies nicht nur Ausdruck von Defiziten, sondern auch von zahlreichen Baustellen zur Beseitigung wichtiger Engpässe in und um Köln. Eine Beschleunigung der Problemlösung ist hier in erster Linie trotz knapper Kassen keine Frage des Geldes, sondern der abschließenden planerischen Vorbereitung. Inzwischen sind zum Beispiel mehr als zwei Drittel des Kölner Ringes sechs- bis achtstreifig ausgebaut und modernisiert worden. Bis zur Fertigstellung werden mehr als 1,3 Mrd. Euro investiert sein.

Was ist Ihrer Meinung nach wichtiger: Die vorhandene Infrastruktur, insbesondere die Rheinbrücken zu sanieren, sie auszubauen oder beides parallel?

Defizite in der Straßenerhaltung von Bund und Land sind nicht entstanden, weil Ausbaumaßnahmen beschleunigt wurden, sondern weil auf Kosten der Erhaltung oft andere Haushaltsziele priorisiert wurden. Die Finanzierung des aufgelaufenen Erhaltungsbedarfes kann deshalb nicht mit der Beendigung der Netzertüchtigung und -modernisierung beantwortet werden.

Wer den Ausbau des Kölner Ringes auf sechs bis acht Fahrstreifen in den letzten Jahrzehnten beobachtet hat, weiß, dass eine bloße bauliche Erhaltung des bestehenden Zustandes nicht zukunftsfähig gewesen wäre. Dies zeigt, dass ein zukunftsfähiges Straßennetz bundesweit bedarfsgerecht ergänzt und modernisiert werden muss. Wenn dadurch gleichzeitig ohnehin notwendige Erhaltungsmaßnahmen eingespart werden, gibt es finanzielle Synergieeffekte.

Auch im Falle der Rheinbrücke Leverkusen geht es trotz Erhaltungsmängel um einen notwendigen und jetzt aus wirtschaftlichen Gründen vorzuziehenden Ausbau. So ist im Zusammenhang mit der leistungsgerechten Neugestaltung der Autobahnknoten Leverkusen und Leverkusen-West die Rheinbrücke um mehrere Fahrspuren zu verbreitern und die Tragkraft zu erhöhen. Notwendig ist also ein umfassender Ausbau des nördlichen Abschnittes des Kölner Autobahnringes zwischen dem Kreuz Leverkusen auf der Ostseite des Rheins und Köln-Niehl auf der Westseite, der das Thema Erhaltung gleichzeitig löst.

Der Bund hält derzeit finanzielle Mittel für die Infrastruktur in NRW zurück. Wie stehen Sie dazu?

Für alle Bauprojekte gilt, dass vor Aufstellung des Bauprogrammes und damit der Bereitstellung von Haushaltsmitteln die Baureife gegeben sein muss. In der Regel müssen am Ende des dem Baubeginn vorausgehenden Jahres ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss und ausreichender Grunderwerb belegt sein. Bisher ist nicht bekannt, dass in Nordrhein-Westfalen im Bereich des Fernstraßennetzes ein baureifer Planungsüberhang besteht. Es ist lediglich bekanntgeworden, dass der Bund bei einigen Projekten eine abschließende haushaltsrechtliche Baureife nicht rechtzeitig feststellen konnte. Auch gelten die dem Land zugesagten Baumittel für laufende Straßenbauprojekte bislang als auskömmlich. Damit gibt es keine Anhaltspunkte für die Vermutung, dass der Bund Mittel für NRW zurückhalten würde.

Am Kölner Hauptbahnhof und an der Steinstraße staut sich der Eisenbahnverkehr. In welchem Zeitfenster sehen Sie den Ausbau des Eisenbahnverkehrs in Köln, sowohl im Personen-, als auch Güterverkehr, Stichwort Eiserner Rhein, Anbindung Antwerpen an?

Der bedeutende und äußerst sensible Eisenbahnknoten Köln ist ein prioritäres Ziel bei der Ertüchtigung des NRW-Eisenbahnnetzes. Leider ist der Ausbau nicht – wie ursprünglich angestrebt – im Zusammenhang mit der ICE-Strecke Köln-Frankfurt realisiert worden. Die seinerzeitigen Pläne zum Metrorapid haben die dringend notwendige Ertüchtigung des Schienennetzes zwischen Köln und dem Ruhrgebiet verzögert. Erfreulicherweise hat nun der Bund zugesagt, den Rhein-Ruhr-Express (RRX) zwischen Dortmund und Köln zügig zu realisieren und die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Für den dreigleisigen Ausbau der Schienenstrecke von Emmerich nach Oberhausen (BETUWE-Linie) hat der Bund bereits seine Zusage eingelöst und eine Finanzierungsvereinbarung unterzeichnet. Von ebenso großer Bedeutung für den Erhalt und die Schaffung neuer Arbeitsplätze am Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen ist der Eiserne Rhein zum Seehafen Antwerpen. Hier ist das Land gefordert, alle Möglichkeiten zum Ausbau der Infrastruktur zu nutzen. Mit der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes muss es gelingen, die formalen Voraussetzungen für eine neue leistungsfähige Trasse entlang der A 52 zu schaffen.

Nicht nur in Köln fließt der Rhein mitten durch die Umweltzone. Während für Autos und Lkws strenge Auflagen gelten, gibt es für Rheinschiffe nur eine freiwillige Verpflichtung. Sollte es auch für Rheinschiffe eine gesetzliche Regelung geben?

Das Verkehrssystem Binnenschiff/Wasserstraße ist außerordentlich umweltfreundlich. Kein anderer Verkehrsträger ist in der Lage, die gleiche Verkehrsleistung so umweltfreundlich zu erbringen. Unter allen Verkehrsmitteln hat das Binnenschiff den niedrigsten spezifischen Energieverbrauch. Dementsprechend gering ist sein Anteil an den Schadstoffemissionen des gesamten Güterverkehrs.

Für neue Motoren gelten inzwischen auch Grenzwerte für Emissionen, aber nicht für die alten. Hierfür werden derzeit technische Möglichkeiten zur Nachrüstung von Abgasreinigungsanlagen erprobt. Da der Rhein eine internationale Wasserstraße ist, wäre es Sache der EU, die Nachrüstung für alle Schiffe zur Pflicht zu machen. Allerdings würden die Kosten dafür nicht von den Binnenschiffern aufgebracht werden können. Ohne finanzielle Unterstützung des Staates wäre eine Nachrüstung der Motoren nicht zu bewerkstelligen.

Provokant gefragt: Im Osten wird mit Hilfe des Solidaritäts-Beitrages die Infrastruktur saniert, während im Westen das Geld dafür fehlt. Ist der Solidaritätsbeitrag heute noch gerecht?

Für den sogenannten Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer gibt es keine Zweckbindung, das heißt, die Einnahmen fließen in den allgemeinen Bundeshaushalt und nicht speziell in die ostdeutsche Infrastruktur. Allerdings wurde die Einführung des Solidaritätszuschlages 1991 mit der Finanzierung der finanziellen Lasten der Deutschen Einheit begründet. Zugleich wurde den Steuerzahlern versprochen, dass der Solidaritätszuschlag nur vorübergehend erhoben wird. Wer ihn jetzt dauerhaft in eine Art zusätzliche Einkommensteuer umwidmen will, begeht Wortbruch und muss klar sagen, dass er die Steuern erhöhen will.

Zweifellos wird im Westen zu wenig in die Modernisierung und den Ausbau der Infrastruktur investiert. In Zeiten von Rekordeinnahmen des Staates und prognostizierten Mehreinnahmen von 100 Milliarden Euro bis 2017 sind aber auch ohne den Soli ausreichende Mittel für Straßen und Schienen im Westen vorhanden. Spätestens 2019, wenn der Solidarpakt Ost ausläuft, muss auch der Solidaritätszuschlag entfallen.

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Autor: Frida Baumgarten | Foto: PR
Foto: Parlamentarischer Geschäftsführer und verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion NRW