Berlin | Der Islamverband Ditib hat angekündigt, auf lange Sicht von der Türkei finanziell unabhängig werden zu wollen. „Die Frage ist, wie lange die Türkei die Unterstützung der Ditib-Imame noch leisten wird“, sagte Ditib-Sprecher Zekeriya Altug der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (F.A.S.). „Wir müssen uns langfristig nach Alternativen in der Finanzierung umschauen.“

Dem Dachverband deutsch-türkischer Moscheegemeinden war vorgeworfen worden, er ließe sich von der Türkei aus lenken und betreibe politische Agitation für den türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die niedersächsische Landesregierung stoppte diese Woche Verhandlungen mit dem Islamverband über einen Staatsvertrag. In Nordrhein-Westfalen meldete Ministerpräsidentin Kraft Zweifel an, ob Ditib als Religionsgemeinschaft eingestuft werden könne.

Sie brachte das in Zusammenhang mit „Ereignissen“ nach dem Putschversuch in der Türkei. Ditib-Sprecher Altug zeigte sich überrascht von der Kritik: Dass der Verband mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet kooperiere, sei nicht neu. Die Zusammenarbeit sei wissenschaftlich begutachtet und die Unabhängigkeit der Ditib bestätigt worden.

„Ditib ist und bleibt politisch neutral“, sagte Altug der F.A.S. „Es gibt keine finanzielle Unterstützung durch den türkischen Staat oder die Diyanet, bis auf die Imame, welche die Diyanet bereitstellt, für die wir kein Gehalt zahlen müssen.“ Bisher ist es so, dass die türkische Religionsbehörde ihre Beamten für bis zu fünf Jahre in deutsche Ditib-Gemeinden entsendet. Künftig „sollen und werden“ die Imame in den mehr als 900 Ditib-Gemeinden laut Altug in Deutschland beheimatet sein, die deutsche Sprache als Muttersprache beherrschen.

Die Ditib fördert seit zehn Jahren ein Ausbildungsprogramm in der Türkei, das bisher etwa 150 Absolventen hervorgebracht hat, von denen 60 als Ditib-Imame tätig sind. Die Auszubildenden müssen deutsche Staatsangehörige sein. Altug sagte, er gehe davon aus, „dass in zehn Jahren mindestens die Hälfte unserer Imame in Deutschland sozialisiert sein wird“. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Aydan Özoguz sagte der F.A.S.: „Wenn wir genügend Ausbildungsmöglichkeiten in Deutschland anbieten können, dann wird auch die Forderung glaubwürdiger, dass Imame hier ausgebildet sein sollten.“ Die Islam-Verbände sollten stärker zusammenarbeiten, damit tatsächlich die Religion an vorderste Stelle rücke, und nicht mehr nationalstaatliche Interessen. Im Bundesinnenministerium wurde darauf hingewiesen, dass Imame nicht nur aus Deutschland stammen, sondern auch hierzulande ausgebildet werden sollten. An den Universitäten werden derzeit 1.800 Studenten im Fach Islamische Theologie unterrichtet, die dafür geeignet seien.

Autor: dts