Köln | Jochen Ott, SPD will im September Kölner Oberbürgermeister werden. Heute stellte er vor, wie er sich in Zukunft die Sozialraumkoordination für Köln denkt. Geht es nach Ott und der SPD sollen in Köln 45 Sozialräume entstehen. Dies, so Ott, sei besser um in Zukunft von Bund, Land oder Europa Fördergelder zu erhalten, weil diese Förderung speziell auf diese Form abgestimmt werde und man nur so Hilfe erwarten könne.

Aufgehängt im OB-Büro

Die Koordination werde er nach seiner Wahl beim OB-Büro aufhängen. Darunter falle auch Wohnraumförderung, Städtebau und auch Verbraucherschutz. In den Stadtteilen selbst sollen unterschiedliche Akteure und Träger wirken. Derzeit seien dies vor allem kirchliche Träger wie die Caritas, AWO oder die Stadt Köln, wie in Chorweiler. Für Lövenich-Weiden soll dies der Sportverein Lövenich-Weiden werden. Gestern hatte der Finanzausschuss des Kölner Rates dem Pilotprojekt im Kölner Westen zugestimmt, der Rat folgt kommende Woche. Susanne Beetz, die Geschäftsführerin freut sich auf das Projekt und machte auch die Kompetenz des Vereines sichtbar: Man habe in sechs Schulen die Betreuung im OGTS übernommen oder eine Kita-Fit-Gruppe unter den Fittichen. Insgesamt sind 70 Kölner Sportvereine im OGTS engagiert, dies erläuterte Peter Pfeifer von der Kölner Sportjugend. Der ist auch fest davon überzeugt, dass gerade Sportvereine gut seien in der Netzwerkarbeit, wie es Sozialraumkoordinatoren mitbringen müssten. Auch Lövenich-Widdersdorf sei gut geeignet, weil hier aktuell die alten Strukturen des gewachsenen Ortskerns mit rund 4.000 Bürgern mit dem Neubaugebiet zusammenwüchsen. Denn Widdersdorf zählt heute über 10.000 Bürgerinnen und Bürger.

Veedelskommunikatoren

Andreas Hildebrand, Sozialraumkoordinator für Höhenberg und Vingst, berichtete von seinen Erfahrungen und sieht sich vor allem in der Rolle des Kommunikators, der etwa Bürgerbeteiligung organisieren könne. Die Sozialraumkoordination müsse alle Menschen überparteilich erreichen und mache die Ressourcen, die in einem Stadtteil vorhanden seien sichtbar. Meint Vereine und Initiativen, von der Kleinkindgruppe über die offiziellen Player wie Schulen, Sportverein, Jugendgruppe oder Seniorenstammtisch. Der Sozialraumprofi machte aber auch deutlich, dass der Job ohne zeitliche Ressourcen nicht zu stemmen sei.

45 Sozialräume bis 2020 in der Stadt Köln

Ott will sich als künftiger Oberbürgermeister die Sozialraumkoordinatoren zu Nutze machen, indem die Verwaltung schneller erfahre, wo die wirklichen Probleme lägen und welche Projekte priorisiert werden müssen und so schneller handeln könne. Er sieht die Sozialraumkoordinatoren in einer Art Funktion als Veedelsmanager überall in Köln und nicht nur in den Brennpunkten mit mannigfaltigen sozialen Problemen. Diese neue Struktur, die Ott schaffen will, läge unterhalb der Bezirksvertretungen, also unter der politischen Struktur. Die Bezirksvertretungen haben für Ott eine andere, eine politische Funktion. Ott will die 45 Sozialraumkoordinatoren bis 2020 eingerichtet wissen. Wie diese finanziert werden sollten gab es heute im Clubhaus der Lövenicher und Widdersdorfer Sportler noch keine Antwort.

Kritik von Bezirksbürgermeisterin Blömer-Freker

Für seinen Vorschlag erntet Ott herbe Kritik von Lindenthals Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Frerker.

Schriftlich erklärt Blömer-Frerker: „Die Bezirksvertretung Lindenthal hat im letzten Jahrzehnt dazu beigetragen, dass die Entwicklung in Widdersdorf und Lövenich positiv verlaufen ist. Und zwar deshalb, weil die Bezirksvertretung in engem Kontakt mit dem Sportverein Lövenich, der Dorfgemeinschaft Widdersdorf und Lövenich im Brennpunkt sowie zahlreichen Bürgern strukturelle Weiterentwicklungen voran gebracht hat.

Deswegen ist es befremdlich und der Sachlage nicht angemessen, wenn Herr Ott die Beteiligung der Bezirksvertretung Lindenthal an der bisherigen Entwicklung in den Stadtteilen in reinen Bezirksangelegenheiten nicht nur nicht würdigt, sondern eine Zuständigkeit der Bezirksvertretung Lindenthal generell ablehnt.

Zudem stellt sich die Frage, wie angesichts der dramatischen Haushaltslage in den nächsten Jahren ein Betrag von jährlich mehreren Millionen Euro für 45 Stadtteilmanager bereitgestellt werden kann, wenn die Stadt Köln bereits jetzt ihren gesetzlichen Aufgaben finanziell nur noch eingeschränkt nachkommen kann.

Dieses Thema ist zu komplex, um es auf einer Wahlkampfveranstaltung in die Welt zu setzen.“

Autor: Andi Goral
Foto: Peter Pfeifer, Kölner Sportjugend, OB-Kandidat Jochen Ott und Susanne Beetz, die Geschäftsführerin des SV Lövenich-Weiden