JP Weber in seinem Element. Foto: Bopp

Köln | Fastenzeit. Doch die kölschen Karnevalisten werden angesichts des Kriegs in der Ukraine noch immer an die Friedensdemo am Rosenmontag erinnert.

Im Interview mit report-k.de schildert mit JP Weber einer der angesagtesten Künstler des Kölschen Fasteleer, wie die jecke Seele jetzt fühlt. Und versetzt sich offen in die Rolle des leidgeprüften Dreigestirns.

Wenn Ihnen einer vor ein paar Wochen gesagt hätte, in der zweiten Corona-Session bricht auch noch der Krieg aus. Was hätten Sie da gedacht?

JP Weber: Nein, das hätte ich nicht nötig gehalten. Aber der Karneval hat grandios reagiert und es hat kaum Feinde gegeben.

Wie bewerten Sie die Rolle des Festkomitees in der schwierigen Zeit?

JP Weber: Das Festkomitee hat einen großartigen Job geleistet. Dafür, dass die manchmal aus der Hüfte geschossen haben, um schnellstmöglich reagieren zu können, haben sie grandios gearbeitet. Vergesst bitte nicht: Sie arbeiten ehrenamtlich. Und ich denke oft: Everybodys Darling is everybodys A…. Man muss in dieser Rolle den bestmöglichen Mittelweg finden.

Kölsche Größe: Marita Köllner im Thieboldseck. Foto: Bopp

Verstehen Sie Marita Köllner für Ihre Kritik am Komitee?

JP Weber: Ich find das gut, dass Marita das gesagt hat. Jeder, der so empfindet, darf das auch sagen. Ich weiß, dass Christoph Kuckelkorn sich sofort bei ihr gemeldet hat und das ist richtig und wichtig, das dann direkt im Gespräch zu klären und auszuräumen. Es gab doch jedes Mal einen anderen Vorstand, woher soll Chris Kuckelkorn wissen was vor zehn Jahren war? Er hat sofort darauf reagiert und das ist das Wichtigste.

JP Weber: „Ich hätte als Dreigestirn aufgegeben“

„Make Fastelovend, not war“ – ist dies das perfekte Motto für 2023?

JP Weber: Nein. Man sollte das Thema Krieg und Corona nochmal neu betrachten bei einer Schöpfung eines Mottos für 2023. Ich bin nicht der Meinung, dass eine „Verdenglischung“ dafür herhalten sollte. Die kölsche Sprache sollte eine Metapher finden, die das umrahmt was in den letzten zwei Jahren passiert ist. „Für Fridde un et Hätz“ zum Beispiel.

JP Weber und das Dreigestirn bei Loss mer schwade am 20.2.2022

Hätten Sie als Prinz, Bauer oder Jungfrau die Kraft gehabt, die Session durchzuziehen, als dann auch noch Wieverfastelovend die Nachricht vom Einmarsch kam?

JP Weber: Nein. Ich hätte nicht die Kraft gehabt und ich hätte jedes Recht gehabt, zu sagen: Ich schmeiße hin. Ich hätte mir gut vorstellen können, wäre ich in der Rolle gewesen, hätte ich mit dem Gedanken gespielt, aufzugeben. Die Berg und Talfahrten, die die Drei gehabt haben, inklusive der Familien und der Verantwortlichen um sie herum, die war mit absoluter Sicherheit eine Belastung für die Psyche.

JP Weber: 250 Aufträge durch Corona in der Tonne

Das Bild der Friedensdemo ging aus der Südstadt in die Welt. War das tatsächlich ein historischer Rosenmontag oder ist das Kölsch-Folklore?

JP Weber: Ich möchte um Gottes willen nicht dem Krieg einen positiven Gedanken geben. Dennoch hat diese unwirkliche Situation in der Ukraine und die Kriegsmachenschaft Putins dafür gesorgt, dass Köln einen unglaublichen schönen Rosenmontagszug gesehen hat, den schönsten seit Kriegsende. Er stand für Frieden, Zusammenhalt und Karneval. Es war der perfekte Rosenmontag für mich.

Auch als Moderator ist JP Weber gefragt. Hier mit Bernd Petelkau (CDU). Foto: Bopp

Seit zwei Jahren schleppen sich die Künstler durch die Pandemie. Können Sie uns Außenstehenden mal sagen, was das konkret wirtschaftlich bedeutet?

JP Weber: Ich hab 250 Verträge in zwei Jahren in die Mülltonne geworfen. Man hat nicht seinen Beruf verloren, sondern die Möglichkeit Geld zu verdienen. Was soll ich denn sonst anderes tun? Das ist das erste. Zweitens hat der Staat mir geholfen, aber auch, weil ich ehrlich war zum Staat, was ich verdient habe.

Ehrlichkeit spielt in einer Augenhöhe-Situation immer eine Rolle. Zum Dritten hatte ich großartige Freunde und Kollegen gehabt, die mich auch emotional und finanziell unterstützt haben. Überleben war nicht das Thema. Was gelitten hat, ist die Vorsorge fürs Alter. Das können Sie auch so schreiben.

Hätte es das Herrengedeck ohne Corona gegeben?

JP Weber: Es wäre zeitlich nicht möglich gewesen. Aber es war auch keine Geschäftsidee, sondern es ist passiert aus einer freundschaftlichen Situation heraus. Da treffen drei Freunde aufeinander, die sehr kreativ sind, die mit einer egofreien Zone absolut zurechtkommen. Dass das so gut angekommen ist, zeigt, wie groß das Herz des Karnevals ist.

Beim Köln-Talk Loss mer schwade hat Tim Toupet Sie zum Ballermann eingeladen und die Party mit dem Karneval verglichen. Was sagen Sie dazu?

JP Weber: Er behauptete, dass der Kölner Karneval der Mallorca Szenerie nicht weit entfernt ist. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich finde es gut, dass es die Zülpicher Straße gibt! Das ist klassischer Kneipenkarneval, der hat sich raus bewegt aus der Südstadt in die Zülpicher.

Was Toupet gesagt hat, kann ich aus seiner Sicht verstehen. Aber ich hab, wenn ich weiß, dass er ein kölscher Jung ist, doch kein Verständnis. Denn der Karneval hat eine politische, gemeinnützige Aussage, das hat Mallorca nicht.