Berlin | Nach den Lockerungen der Corona-Regeln rund um das Weihnachtsfest plant das Bundeskanzleramt, die Maßnahmen ab dem 27. Dezember erheblich zu verschärfen. Wie die „Bild“ berichtet, sollen mindestens bis zum 3. Januar sämtliche Geschäfte in Deutschland schließen – mit Ausnahme des Lebensmitteleinzelhandels. Um die Regeln durchzusetzen, will das Kanzleramt noch in dieser Woche eine Ministerpräsidentenkonferenz organisieren.

Gegen einen vorgezogenen Bund-Länder-Gipfel gibt es nach „Bild“-Informationen Widerstand aus den SPD-geführten Bundesländern, unter anderem ist der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), gegen ein früheres Treffen. Die nächste reguläre Ministerpräsidentenkonferenz ist für den 4. Januar terminiert.

Merkel drängt auf neuen Corona-Fahrplan noch vor Weihnachten

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drängt auf einen neuen Corona-Fahrplan noch vor Weihnachten. Wie RTL und ntv unter Berufung auf Unions-Bundestagsfraktions-Kreise berichten, soll die Kanzlerin den Vorstoß zur Verschärfung der Corona-Regeln von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in der Fraktion begrüßt haben und von „Schritten in die richtige Richtung“ gesprochen haben. Es sei eine sehr, sehr ernste Situation im Moment, mahnte sie.

„Wir reden zu viel über Glühwein-Stände und zu wenig über Krankenpfleger und Krankenschwestern“, soll Merkel außerdem im Rahmen der Fraktionssitzung gesagt haben. Deshalb müsse vor Weihnachten über einen neuen Fahrplan entschieden werden. „Wir werden den Winter nicht ohne zusätzliche Maßnahmen durchstehen können“, wird Angela Merkel zitiert.

Laut Robert-Koch-Institut steigt die Zahl der Neuinfektionen trotz des seit Anfang November geltenden Teil-Lockdowns sogar wieder. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Montag einen Anstieg der als positiv registrierten Personen um 12.332 auf mehr als 1,183 Millionen. Dies ist deutlich mehr als vergangenen Montag.

Am Wochenende melden nicht alle Gesundheitsämter ihre Zahlen. Die Zahl der Toten erhöhte sich um 147 auf 18.919. Die sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz stieg laut RKI auf einen neuen Höchstwert von 145,9. Der Wert gibt an, wie viele Menschen sich rechnerisch neu innerhalb sieben Tagen auf 100.000 Einwohner anstecken. Damit entfernt sich die Zahl immer weiter von dem von Bund und Ländern angestrebten Schwellenwert von 50, der eigentlich mit den beschlossenen Teil-Lockdown hatte erreicht werden sollen.

IW-Chef gegen Verschärfung der Corona-Maßnahmen

Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, hat sich gegen eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen ausgesprochen. „Die Forderung nach einem harten Lockdown ist schnell erhoben, aber wir haben einen anderen Verlauf als andere Länder“, sagte er n-tv. Zugleich lehnte Hüther die von der Ministerpräsidentenkonferenz geplanten Ausnahmen für die Feiertage ab.

„Ich denke, dass es in der Weihnachtszeit keine Lockerungen geben sollte, denn da sind ohnehin Ferien. Ökonomisch hätte ein Verzicht auf die Weihnachtslockerung weniger negative Effekte, könnte aber eine dritte Welle verhindern“, sagte Hüther. Er setze daher auf ein Beibehalten des Status quo.

„Ich würde also eher für eine Stabilität der Regelungen plädieren, um dann auch schneller wieder herauszukönnen.“ Hüther mahnte, immer wieder daran zu erinnern, „warum wir das eigentlich tun“. Seit Monaten versuche das Land zu verhindern, „was moralisch und ethisch herausfordernd ist, nämlich Triage-Entscheidungen im Krankenhaus“.

Das habe bisher ganz gut geklappt. „Mit den aktuellen Maßnahmen haben wir erreicht, dass die Infektionszahlen einigermaßen stabilisiert wurden“, bilanzierte Hüther.

Wirtschaftsweiser hält schärfere Corona-Maßnahmen für notwendig

Der Wirtschaftsweise Achim Truger hat sich für schärfere Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie ausgesprochen und hält diese für wirtschaftlich verkraftbar. „Die Wirtschaft wird sich erst wieder richtig erholen, wenn es gelingt, die Pandemie nachhaltig einzudämmen. Offensichtlich ist der bisherige Teillockdown hierzu nicht ausreichend gewesen, weshalb weitere Maßnahmen notwendig sind“, sagte Truger dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagausgaben).

„Nach unseren Schätzungen sind die wirtschaftlichen Folgen des bisherigen Lockdowns, so schmerzhaft sie für die Beteiligten sind, gesamtwirtschaftlich relativ eng begrenzt“, so der Wirtschaftswissenschaftler der Universität Duisburg-Essen weiter. „Härtere Maßnahmen würden sich natürlich stärker auswirken. Wenn sie möglichst effektiv ausgestaltet und wie bisher von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen begleitet werden, sind auch die kurzfristigen wirtschaftlichen Folgen beherrschbar“, so die Einschätzung des Ökonomen.

Truger plädierte dafür, die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Gesundheit seiner Bewohner in der Debatte nicht gegeneinander auszuspielen. „Wir haben als Sachverständigenrat immer darauf hingewiesen, dass es letztlich keinen Widerspruch zwischen Gesundheit und Wirtschaft gibt“, sagte er.

Autor: dts