Das Bild zeigt den Geisterzug von 2020 nach seiner Startaufstellung.

Köln | aktualisiert | Weiberfastnacht findet heute in Köln statt, am Tag als im Osten Europas Russland einen Angriffskrieg führt. Der Geisterzug, der in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum feiern würde, wurde wegen der Corona-Auflagen abgesagt. Das Festkomitee äußert sich, warum Karneval nicht abgesagt wird. Aber wie war das eigentlich 1991 als der Karneval wegen des Golfkriegs ausfiel. Die Reaktionen zum russischen Angriffskrieg und dem heute beginnenden Straßenkarneval in Köln dokumentiert die Redaktion hier.

Saddam Hussein besetzt im August 1990 Kuwait. Die USA unter US-Präsident George Bush stellen dem Irakischen Diktator ein Ultimatum: Er soll seine Truppen bis zum 15. Januar 1991 zurückziehen. Der tut dies nicht und am 17. Januar beginnt die Operation „Desert Storm“. Die USA und ihre Verbündeten bombardieren die irakische Hauptstadt Bagdad. Der damalige Festkomitee-Präsident Gisbert Brovot sagt den Kölner Rosenmontagszug ab und auch die offizielle Eröffnung des Straßenkarnevals wird abgesagt. Aber die Karnevalsgesellschaften feiern weiter im Saal.

Am 7. Februar gehen trotzdem tausende Menschen auf den Alter Markt in Köln. Dort werden Flugblätter verteilt mit der Aufschrift: „Es ist 11 vor 12“ versammelt haben. Auf den Zetteln steht: „Jeck op et Lääve – uns kritt keiner klein! Aufruf zu einer jecken Demonstration für das Leben am Rosenmontag in Köln! Verlauf: Wie der geplante Zoch! Tragt mit Eurem Mut bei zu einer intelligenten, farbenprächtigen und escht kölschen Demonstration!“

Am 11. Februar 1991 trafen sich mehrere tausend alternative Friedensjecken am damaligen Startort des Rosenmontagszuges an Sankt Gereon. Es mischt sich die linke Kölner Szene und der traditionelle Karneval. Am Ende schätzt die Kölner Polizei, dass 100.000 Menschen sich an der kölschen Friedensdemonstration beteiligten. Die Kostüme: Skelette, Totenköpfe und ein alternativer Persiflagewagen: „Ein Autowrack“ als Sinnbild für den Krieg um Öl.

Tommy Engel wird am Ende in der Kölner Südstadt, wo früher der Zug endete singen: „M’r klääve am Lääve“. Das Motto des Zuges 1991: „Kamelle statt Bomben“

Heute postet das Festkomitee Kölner Karneval und ihr Präsident Christoph Kuckelkorn auf Facebook: „Heute beginnt der Straßenkarneval, auf den Ihr zwei Jahre sehnsüchtig gewartet habt. Aber jetzt noch unbeschwert feiern trotz der Ereignisse der letzten Nacht? Das muss und sollte jeder für sich selbst entscheiden. Sicherlich gehen die Geschehnisse in der Ukraine nicht spurlos an uns vorüber. Wir schunkeln nicht an den Sorgen der Menschen vorbei und die Gedanken vieler Jecken sind heute Morgen bei den Menschen dort, die mit Angst auf die nächsten Tage blicken. Aber wir haben gerade auch in der jüngeren Vergangenheit gelernt, dass der Karneval in Krisenzeiten eine wichtige Funktion für die Menschen hat. Sich die Grenzen des Frohsinns vom einem Despoten diktieren zu lassen, entspricht nicht dem Gedanken des Fastelovends, in dem Freiheit und Gleichheit an oberster Stelle stehen. In diesem Sinne von Herzen Kölle Alaaf!“

Bei ihrem Empfang im Rathaus in Köln sagte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, dass weder sie noch das Festkomitee den Kölner Karneval absagen können und wollen. Es gab eine Schweigeminute. Auf Twitter reagiert die Community entsetzt auf die Eröffnung des Straßenkarnevals in Köln und die nicht Absage des Fastelovend. Ein User spricht etwa von „Die Schande von Köln“ und mehrere andere erinnern an Weiberfastnacht nach dem Attentat von Hanau.

Aus dem LIVETICKER von report-K zur Ukraine-Krise am 24. Februar:

Forderung nach Stopp des Kölner Karnevals

11:22 Uhr > Walter Wortmann, Ratsmitglied DIE FRAKTION, zur aktuellen Sitzuation: „Ich bin zutiefst betroffen, traurig und voller Sorge. In der Ukraine ist der Kriegszustand ausgebrochen. Wir können als Kommune ein Zeichen setzen. Stopp sofort für alle Karnevals-Festivitäten. Frau Reker sollte den Kölner Karneval beenden und die Entscheidung nicht an das Festkomitee des Kölner Karnevals delegieren.“

Der 1. FC Köln will karnevalistische Inhalte stark einschränken

11:34 Uhr > Der 1. FC Köln twittert: „Wir sind fassungslos. Es herrscht Krieg auf europäischem Boden. Wir sind in Gedanken bei den Opfern und Betroffenen in der #Ukraine. Aus Respekt vor den Geschehnissen in der Ukraine schränken wir unsere karnevalistischen Inhalte stark ein.“

CDU NRW sagt politischen Aschermittwoch ab

11:43 Uhr > Die traditionelle Veranstaltung der CDU Nordrhein-Westfalen zum politischen Aschermittwoch fällt aus. Das teilte die Partei soeben mit. „In Europa herrscht Krieg. Es ist daher völlig unangebracht, in dieser Zeit eine solche Veranstaltung durchzuführen“, so CDU-Generalsekretär Josef Hovenjürgen.

Nach Kritik: WDR will Programm anpassen

12:20 Uhr > Es gab Kritik am WDR und seiner Sendung zum Karnevalsauftakt in NRW. So schreibt unter anderem eine Twitter-Userin: „Gehts noch @WDRaktuell ❓❓❓ Karnevalssendung im #WDR Hier Bilder aus Düsseldorf, Karneval im Krieg – UNFASSBAR“ Nach dem Countdown um 11:11 Uhr meldet der WDR eine Programmänderung aufgrund der aktuellen Lage in der Ukraine um 11:30 Uhr. So sei auf WDR 4 die Live-Strecke zum heute startenden Straßenkarneval eingestellt worden. Die im WDR um 11 Uhr gestartete Live-Strecke zum Karneaval werde in der Tonalität der aktuellen Situation angepaßt. Der Sender schreibt: „Die Sendung wird in ihrem Charakter die Ambivalenz der Ereignislage abbilden und über weitere Entwicklungen informieren.“ Zu diesem Zeitpunkt hatten private Radiosender wie Radio Köln schon reagiert und ihr Karnevalsprogramm eingestellt.