"Illegale Menschen trauen sich nicht einmal, über eine rote Ampel zu gehen"
Eine von der Universität Osnabrück 2007 durchgeführte Studie zu Menschen ohne Papiere hat das Ausmaß der in Deutschland lebenden Flüchtlinge in die Öffentlichkeit gerückt. Nach Michael Schleicher, Leiter des Wohnungsversorgungsbetriebes der Stadt Köln, leben etwa 10.000 Menschen ohne Papiere in Köln, ohne dass sie gesellschaftspolitisch auffallen. Dabei seien sie sehr an das System angepasst, um im Verborgenen leben zu können: „Illegale Menschen trauen sich nicht einmal, über eine rote Ampel zu gehen“, skizzierte  Peter Krücker vom Caritasverband Köln die vorsichtige Angepasstheit der Flüchtlinge. Aus Angst sich bei Vergehen ausweisen zu müssen und infolge der fehlenden Papiere eine Abschiebung herbeizuführen, nähmen Menschen ohne Papiere Ausbeutung und Ausnutzung von Seiten des Arbeitgebers oder des Vermieters in Kauf.

Legal und würdevoll leben
„Der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen“ will sich mit einem Beratungsangebot der Ausbeutungsproblematik von illegalen Flüchtlingen annehmen. Mit 40.000 Euro will die Stadt Köln Beratungsträger, darunter das Diakonische Werk, das Kölner Flüchtlingswerk und den Caritas Verband, unterstützen. Zugleich will das Gremium Menschen ohne Papiere in die Legalität überführen. Krücker spricht diesbezüglich von einem Spannungsfeld: Illegale Flüchtlinge suchen Hilfe bei Ansprechpartnern, denen sie ihre Anonymität anvertrauen. Die Beratungsstellen versuchten in erster Linie bei der Lösung des Problems zu helfen. Um ein würdevolles Leben gewährleisten zu können, müsse der Weg jedoch schließlich in die Legalität führen, denn nur so ließe sich beispielsweise sicherstellen, dass der Flüchtling das ihm zustehende Gehalt und eine gesicherte Gesundheitsversorgung bekommt oder dass er sein Recht auf eine würdevolle Unterkunft und die Bildung seiner Kinder durchsetzt, so Schleicher und Krücker. Wenn eine Legalisierung in Deutschland nicht möglich sei, würde der Beratungsträger dem Flüchtling dabei helfen, in einem anderen Land legal unterzukommen, erklärt Krücker. Das sei zum Beispiel bei Flüchtlingen aus Südamerika vorgekommen.   

In gut der Häfte der Fälle gelingt eine Überführung in die Legalität
Der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen sei in erster Linie humanitär orientiert, allerdings sei Anonymität eine Gefahr für die Gesellschaft, erklärt Schleicher. Das Spannungsverhältnis von Anonymität und Legalität mache es den Behörden schwer, sich Menschen ohne Papiere anzunähern. Das Beratungsangebot karitativer Einrichtungen hingegen ermögliche es den Flüchtlingen, sich nicht nur helfen zu lassen, sondern zum Teil auch einzusehen, dass der Weg in die Legalität eine bessere Alternative darstellt. „In gut der Hälfte der Fälle gelingt die Überführung in die Legalität.“, so Krüger. Der Beratungsprozess bringe unter anderem auch ans Licht, dass die meisten Flüchtlinge sich nur wenig auskennen: so wüssten beispielsweise die wenigsten, welche Härtefallregelungen es gibt.

Medizinische Behandlungen für Flüchtlinge ermöglichen
Doch nicht nur für bessere Beratung und die hierfür speziell ausgebildete Fachkräfte will die Stadt Mittel aus der Kulturfördergabe einbringen. Ein wesentlicher Teil ist die gesundheitliche Versorgung von Menschen ohne Papiere, die sich aus rechtlichen Gründen keine Krankenkasse und somit keine ärztliche Behandlung leisten können. Der „Fonds Armenbetten“, eine Initiative der evangelischen Kirche, kümmert sich um die Finanzierung der medizinischen Behandlung von Flüchtlingen. Das Angebot, so Krücker, sei bisher intensiv genutzt worden, sodass die Mittel bald aufgebraucht waren. Aus diesem Grund beschloss der Finanzausschuss des Rates rund 20.000 Euro zur Verfügung zu stellen. Damit sollen auch aufwendigere medizinische Untersuchungen und Operationen möglich gemacht werden. Auch die Malteser im Hildegradis Krankenhaus nehmen sich der medizinischen Behandlung von bedürftigen Menschen ohne Papiere an. Weitere Krankenhäuser – zumal als Träger einer sozialen Verpflichtung, so Krücker – sollen zukünftig eingebunden werden.  

Der Runde Tisch für Flüchtlingsfragen ist ein vom Rat der Stadt Köln einberufenes Gremium, dem ging ein Ratsbeschluss aus dem Jahr 2003 voraus. Der Runde Tisch setzt sich aus Vertretern der Stadt Köln, der Ratsfraktionen, der Kirchen, der Wohlfahrtsverbände, der Polizei und der freien Träger zusammen. Unter Geschäftsführung von Sozialdezernentin Henriette Reker kommen die Mitglieder mehrmals im Jahr zusammen, um grundsätzliche Angelegenheiten zu diskutieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

[il]