Köln | aktualisieren | Mehrere Hundertschaften der Kölner Polizei, dazu Ordnungsamt, Rechtsamt, Presseamt und Mitarbeiter der städtischen Bauaufsicht, sowie Feuerwehr fuhren heute vor der Kolbhalle in der Helmholtzstraße vor. Ein Gerichtsvollzieher, sowie Bauaufsicht und Feuerwehr besichtigten das Gelände. Am Ende konnte der Räumungstitel, den die Stadt erwirkt hat, nicht umgesetzt werden, weil sechs Personen auf dem Gelände gemeldet sind und einen Mietvertrag haben, gegen die aber kein Räumungstitel vorliegt. Die Fraktion der Kölner Grünen haben ein Statement zur nicht durchgeführten Räumung der Kolbhallen abgegeben, das report-k.de im Wortlaut wiedergibt. Zudem hat report-k.de ein Interview mit NRW Urban geführt

Fotostrecke: Der Morgen an der Kolbhalle >

Die Stadt Köln, so deren Sprecher Gregor Timmer sagt, dass man seit 1999 keinen Mietvertrag mehr mit der NRW Urban, der Eigentümerin des Grundstückes, habe. Derzeit leiste die Stadt aufgrund der Vorenthaltung eine Nutzungsentschädigung. Daher habe die Stadt auch kein Untermietverhältnis mehr mit den Künstlern. Die Stadt muss aber aus dem gekündigten Mietvertrag mit der NRW Urban das Gelände an diese übergeben, sofern diese die Sache zurückhaben will. Hier genügt ein genereller Rückerlangungswille, der zur Annahme der Vorenthaltung führt. Timmer nennt den Zustand ungeklärt und dass die Stadt an die NRW Urban Geld zahle, da diese das Gelände nicht nutzen könne. Ein BGH Urteil aus dem Jahr 1984 stellt fest: „Der Mieter hat die Ursache für die Unmöglichkeit der Rückgabe gesetzt und muss deshalb auch das daraus folgende Risiko tragen“.

Allerdings sind laut Justiz auf dem Gelände Personen bei der Stadt Köln gemeldet die einen Mietvertrag mit dem Verein haben, der aber anscheinend weder mit der NRW Urban, noch mit der Stadt Köln, nach deren Rechtsauffassung, einen Mietvertrag hat, da die Stadt sagt es gebe keinen Vertrag. Die Stadt will aber auch nicht von einer „Besetzung“ sprechen. Den Räumungstitel hat allerdings die Stadt Köln als Mieter beantragt, dem die Rückgabe der Mietsache durch den Untermieter vorenthalten wird, und erwirkt.

Die Justiz hatte die Amtshilfe der Polizei angefordert, so deren Sprecher Dr. Marcus Strunk. Die Stadt Köln hat das Gebäude von der Bauaufsicht und der Feuerwehr begehen lassen. Auf dem Gelände befanden sich rund 100 Personen, die Lieder gesungen haben und die Aktion friedlich begleitet haben. Weder Polizei, noch Justiz, Bauaufsicht oder Feuerwehr wurden am Zutritt des Geländes gehindert. Das auf dem Gelände etwas passieren muss und dass die Parteien dringend zum Dialog finden müssen, müsste nach dieser Aktion heute jedem klar sein.

Der Eigentümer des Geländes NRW Urban zur Situation:

NRW.URBAN GmbH & CO KG ist für das Grundstück an der Helmholtzstraße in Köln Eigentümerin als Treuhänderin des Landes NRW für den Grundstücksfonds NRW, so Meinolf Bertelt-Glöß, mit dem report-k.de heute ein schriftliches Interview führte.

Meinolf Bertelt-Glöß schickt dem Interview voran: Die Stadt Köln hatte mit NRW.URBAN bis 1999 einen zehnjährigen Pachtvertrag abgeschlossen. Dieser ist im Jahr 2000 ausgelaufen. Die Rückgabeanforderung von
NRW.URBAN besteht seit dem Auslaufen dieses Pachtvertrages. Seitdem bemüht sich die Stadt Köln um die Rückgabe des Objektes.

report-k.de: Die Künstler möchten das Gelände kaufen, so haben Sie es gestern auf einer Pressekonferenz kund getan. Haben Sie mit den Künstlern über einen Verkauf gesprochen
oder sind dies an Sie herangetreten?
Meinolf Bertelt-Glöß: Tatsächlich hat es in der Vergangenheit immer wieder Anfragen für den Erwerb des
Geländes auch aus dem Umfeld des Vereines gegeben. Ein prüfbares Angebot mit Konzept und belastbarem Finanzierungshintergrund ist jedoch nie vorgelegt worden. Auch ein per E-Mail am späten Freitagabend (31.05.2013, 21:01 h) eingegangenes Schreiben eines nach eigener Auskunft „Sprechers der Bewohner“, deklariert als Erklärung einer Kaufabsicht, enthält dazu keine Aussagen.

Können die Künstler das Gelände überhaupt von Ihnen erwerben?
Im Grunde kann jede natürliche oder juristische Person die angesprochene Liegenschaft erwerben Der Verkauf einer Liegenschaft des Grundstücksfonds NRW richtet sich nach den gültigen Richtlinien. Dabei muss gewährleistet sein, dass der Bewerber einem möglichen Nutzungskonzept der Kommune entspricht und diese
dem Verkauf zustimmt. Zu den Bedingungen des Verkaufs gehört u.a., dass der Verkehrswert der Liegenschaft dem Kaufpreis zu Grunde gelegt wird. In der Regel wird im Kaufvertrag auch eine Vereinbarung von Nutzung und architektonischer Gestaltung festgehalten.

Gibt es andere Interessenten an dem Grundstück?
Ja, es gab und gibt laufend Interessenten, jedoch zurzeit keine konkreten Verkaufsverhandlungen.

Haben Sie von der Stadt Köln eine Rückgabe gefordert?
Die Rückgabeanforderung von NRW.URBAN besteht seit dem Auslaufen des Pachtvertrages. Seitdem bemüht sich die Stadt Köln um die Rückgabe des Objektes. Tatsächlich ist die Stadt Köln aber an der Rückgabe der Mietsache wegen der realen Nutzung durch den Verein „wir selbst“ e.V gehindert.

Zahlt die Stadt Köln wegen Vorenthaltung derzeit den Mietzins in voller Höhe an die NRW Urban? Oder ist eine Mietminderung geltend gemacht?
Die Stadt Köln erfüllt ihre vertraglichen Verpflichtungen.

Prüfen Sie den baulichen Zustand des Gebäudes in regelmäßigen Abständen, hinsichtlich Brandschutz und Standsicherheit, oder ist dies Aufgabe ihres ehemaligen Mieters der Stadt Köln?
Es gibt für NRW.URBAN keinen Anlass, ohne Vorliegen einer Mängelanzeige unseres Mieters, Stadt Köln, oder offensichtlicher Mängel eine wiederkehrende Prüfung vorzunehmen. Beides lag und liegt nicht vor.

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Die Grüne Fraktion äußert sich zum Rechtstreit um die Kolbhallen(Kursiv gesetzter Text im Wortlaut)

„Bärendienst für die Förderung von Zwischennutzungen“
Seit 14 Jahren besteht zwischen dem Verein „Wir selbst e.V.“ und der Stadt Köln ein längerer Rechtsstreit, der mit der Entscheidung des Landgerichts Köln vom 16. Januar 2013 abschließend entschieden wurde. Das Landgericht bestätigte die Räumungsvollstreckung  aus dem Urteil des Amtsgerichts Köln und erklärte, eine Berufung des beklagten Vereins zurückzuweisen. Aber der Verein, der die Halle für Kunstevents und Partys gewerblich nutzte, weigert sich die sanierungsbedürftige Halle zurückzugeben.
1989 hat der Eigentümer LEG das Kolbgelände für 10 Jahre an die Stadt Köln vermietet. Die Stadt Köln hat 1989 einen ebenfalls auf 10 Jahre befristeten Mietvertrag mit dem Verein über die Kolbhalle und eine Freifläche auf dem Gelände geschlossen. 1999 hat die LEG vertragsgemäß gekündigt und einer Verlängerung des Mietverhältnisses abgelehnt. Folglich hat die Stadt Köln das Untermietverhältnis mit dem Verein ebenfalls gekündigt. Der Verein hat aber bis heute die Halle nicht geräumt und sie übergeben. Somit sah sich die Stadt Köln gezwungen vor Gericht zu gehen, da sie wiederum verpflichtet ist, das Gelände an LEG bzw. NRW Urban zu herauszugeben. Von 1989 bis heute zahlt die Stadt Köln Miete bzw. später Nutzungsentschädigungen an LEG bzw. NRW Urban, während der Verein keine oder zuweilen eine gekürzte Miete zahlte. Inzwischen belaufen sich die städtischen Zahlungen auf insgesamt über 1 Mio. Euro. Die Mittel werden aus dem Stadthaushalt aufgebracht.
Die grüne Ratsfraktion steht grundsätzlich positiv zu Zwischennutzungsverhältnissen auf Industriebrachen und fördert sie. Sie bieten beruflich Selbständigen, Firmengründern und Kleinfirmen wirtschaftliche Entwicklungschancen. Insbesondere für die Kreativwirtschaft und Kulturschaffende  sind solche Zwischennutzungen von großer Bedeutung. Dies setzt aber voraus, dass Zwischennutzer auch vertragstreu sind.
„Die Rechtslage im Falle Kolbhallen ist eindeutig. Mit ihrem rechtswidrigen Verhalten schaden die Leute vom Verein „Wir selbst“ dem Image von Zwischennutzern erheblich. Es ist nach wie vor nicht so einfach, Eigentümer von Industriebrachen oder nicht mehr marktgängigen Objekten für Zwischennutzungen zu gewinnen. Die Weigerung des besagten Vereins wird die Vorbehalte verstärken und damit Anstrengungen auch von unserer Seite mehr Zwischennutzungen zu ermöglichen, erschweren.“, erklärt Jörg Frank, Vorsitzender des Liegenschaftsausschusses und wirtschaftspolitischer Sprecher der grünen Fraktion.
„Wir brauchen in Köln viel mehr kreative Räume. Jede dafür geeignete Fläche, die nicht genutzt werden kann, ist ein Verlust.“, erklärt Brigitta von Bülow, kulturpolitische Sprecherin der grünen Ratsfraktion abschließend.

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Autor: Andi Goral
Foto: Die Stadt Köln ließ die Halle auch vom Bauaufsichtsamt und der Feuerwehr prüfen