Köln | Das politische Engagement in der Kunst von Käthe Kollwitz (1867-1945) wirkt noch heute auf die Betrachter. Wie es auch die Künstlerinnen und Künstler nach ihr beeinflusst hat, zeigt die Ausstellung „Kollwitz neu denken“ im Käthe-Kollwitz-Museum. Präsentiert werden über 70 Arbeiten von 21 Künstlern, die seit 1960 den Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste erhalten haben.

Es war von Anfang an – also seit 1967 – ein politischer Preis, wenn anfangs auch nur innerhalb der Regeln, die die DDR-Kulturverwaltung aufstellte. Freier wurde es erst nach der Wende. Jeweils drei Akademie-Mitglieder bestimmen in einer Jury den Preisträger, die nicht der Akademie angehören. Für die Kölner Ausstellung wurden die Exponate gemeinsam mit den Künstlerinnen und Künstlern ausgesucht. Alles Arbeiten, die das Erbe der Preis-Namensträgerin aufgreifen.

Katharina Sieverding greift mit Selbstporträts eine Thema der Kollwitz auf

Wie die Fotografin Katharina Sieverding, die diesjährige Preisträgerin. Sie zeigt vier große, verfremdete Selbstporträts und bezieht sich damit, so erklärt sie, ausdrücklich auf Käthe Kollwitz. Die habe sich „wie keine andere Künstlerin“ immer wieder durch Selbstporträts selbst hinterfragt. Und eine weitere Parallele: Als Frau musste sich Kollwitz erst in einer von Männern beherrschten Kunstszene durchsetzen – eine Situation ähnlich den 1970er Jahren, als Sieverding ihre Karriere im „Kunstsystem“ begann. Ob heute das Selfie-Selbstporträt ähnlich reflektiert werde, sei eine andere Frage.

Krieg, Vertreibung, Auflehnung, Not und Tod, aber auch Mutterglück sind weitere zentrale Themen im Werk von Käthe Kollwitz – und bis heute aktuell. Auch sie werden von den Preisträgern aufgegriffen. Wobei diese Ausstellung allerdings nicht den Zeitgeist widerspiegeln soll, betont Anke Hervol von der Akademie.

Willi Sitte und Werner Tübke gehörten zu den ersten Preisträgern

So sieht man von Willi Sitte (Preisträger 1968) ein Historienbild vom Rache-Massaker, das deutsche Truppen 1942 in der tschechischen Stadt Lidice verübten. Werner Tübke (1980) zeigt sich mit seinen Lithographien zum „Bauernkrieg“ in direkter Traditionslinie von Kollwitz. An den „Dschungel von Calais“ erinnert ein Bild von Horst Münch (2003): In dem Zeltlager warteten vor allem Flüchtlinge aus Afrika auf eine illegale Überfahrt nach England, 2016 wurde es gegen heftige der Bewohner Proteste aufgelöst. Martin Kippenberger (1996) nahm in „Das Floß der Medusa“ – zu sehen sind hier zahlreiche Vorstudien – das Drama der Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer vorweg. Geradezu idyllisch ist dagegen das Bild einer „Schwangeren Bäuerin“ von Curt Querner (1971).

Mit „Kollwitz neu denken“ beendet das Kölner Museum, finanziert von der Kreissparkasse Köln, den Ausstellungsreigen zum 150. Geburtstag seiner Namensgeberin in diesem Jahr. Mit einer kleinen Zusatz-Ausstellung wird gleichzeitig die 25-jährige Zusammenarbeit der Sparkasse mit der Berliner Akademie, genauer die Unterstützung des Käthe-Kollwitz-Preises gefeiert. In drei Vitrinen zeigen historische Fotos, Briefen und anderen Textdokumente die Bedeutung der Kollwitz für die Akademie – mit Thomas Mann gehörte sie zu den ersten, die 1933 von den neuen Machthabern aus der Akademie ausgeschlossen wurden.

[infobox]„Kollwitz neu denken: Käthe-Kollwitz-Preisträgerd er Akademie der Künste, Berlin“: bis 10. Dezember 2017, Käthe Kollwitz-Museum, Neumarkt 18-24, 50667 Köln, Tel. 0221 / 227-28 99 / 26 02, Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18 Uhr, Sa, So und feiertags 11-18 Uhr, Eintritt: 5/2 Euro, Katalog: 14 Euro. Begleitprogramm: www.kollwitz.de

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Autor: ehu
Foto: Katharina Sieverding erhielt in diesem Jahr den Käthe-Kollwitz-Preis. In der Kölner Ausstellung zeigt sie großformatige Selbstporträts.