Der Kölner Sozialdezernent Harald Rau zeigt sich kulturell unsensibel bei der Vorstellung der "Kojen-Räume" für Geflüchtete in der Messehalle. | Foto: Bopp

Köln | Kölns Sozialdezernent Harald Rau steht in der Kölner Messehalle 3. Er stellt die Unterbringung von 800 Menschen in einer von der Stadt Köln angemieteten Halle vor. Dort hat die Stadt, wie sie es nennt „Kojen-Räume“ geschaffen. Die Stadt Köln agiert dabei völlig instinktlos und stellt einen Weihnachtsbaum ab, obwohl dieser in der Ukraine keine Rolle spielt.

Die Kojen sind aus Stellwänden gebaut, wie sie aus dem Messebau bekannt sind. Darüber pechschwarz, die Hallendecke. Die ist schwarz gestrichen, wegen der Art Cologne. Darunter pechschwarzer Boden und die grüne Messehallen-Beschriftung. Eine Mülltonne steht neben der Rolltreppe. Ein unwirtlicher Raum. 800 Menschen werden hier mit der Rolltreppe herunterfahren und zum ersten Mal sehen, wo sie die nächsten Tage oder Wochen verbringen werden.

Es wird sie aber auch ein Weihnachtsbaum, der überbordend geschmückt ist, empfangen. Neben diesem hielt Kölns Sozialdezernent Harald Rau seine Rede, um auf die schwierige Situation der Stadt Köln hinzuweisen, alle Geflüchteten unterzubringen, denn die Stadt rechnet mit mehr als 15.000.

Was für ein Bild. Der adrett gekleidete Sozialdezernent neben dem güldenen Kitsch-Weihnachtsbaum mit orangenen Kugeln, dem Messe-Stehtisch und der Messe-Palme im Hintergrund. Trostloser geht es nicht mehr. Wer denkt sich bei der Stadt Köln solche Inszenierungen aus? Warum gibt es bei der Stadt Köln nicht einen einzigen Menschen in einer Stadtverwaltung mit mehr als 20.000 Mitarbeitenden, der einmal googelt? Oder die Stadtbibiliothek aufsucht?

Wie kulturell intolerant muss man sein, sich vor einem solchen Bild als Sozialdezernent zu präsentieren?

Als konstruktives Medium ist report-K aber gerne bereit für die Stadt Köln zu googeln. 800 Menschen vorrangig aus der Ukraine, die vor Krieg und Kälte fliehen werden wahrscheinlich in der Messehalle untergebracht.

Warum werden sie nicht, zur richtigen Zeit von einer „Didukh“, der traditionellen Weizengarbe, empfangen? Diese stellt das symbolische Opfer der Herbsternte dar. Ukrainer:innen schätzen und lieben ihre Weihnachtstraditionen, die sich von den europäischen Traditionen deutlich unterscheiden. Die Ukrainer:innen feiern, je nach Abstammung, Weihnachten nach dem gregorianischen und julianischen Kalender. Also entweder am 25. Dezember oder 7. Januar. Zwar gibt es eine Debatte in der ukrainischen Gesellschaft, ob der Termin auf den 25. Dezember vereinheitlicht werden soll, aber im Kriegsjahr wird dies nicht erfolgen.

Die ukrainischen Weihnachtstraditionen haben heidnischen Ursprung und gehen nicht so sehr auf die christliche Kultur zurück. Sie sind mit der Landwirtschaft eng verbunden. Statt Adventskranz und Weihnachtsbaum gibt es den „Didukh“. Das ist eine kunstvoll gebundene Weizengarbe, die mit Blumen und Bändern geschmückt ist.

Die Familie kommt zusammen. Das geht in diesem Kriegswinter nicht. Am Heiligen Abend versammelt sich die ukrainische Familie dann am Tisch, wenn der erste Stern am Himmel erschienen ist. Der Tisch ist mit 12 Tellern eingedeckt, die die 12 Apostel und die 12 Monate symbolisieren. Auch hier mischt sich christliche und heidnische Tradition. Da Ukrainer:innen 40 Tage vorher fasten, sollen die Gerichte mager sein. Fleisch kommt etwa erst wieder am ersten Feiertag auf den Tisch.

Vielleicht fällt der Stadtverwaltung ja noch ein wenig mehr ein für die geflüchteten Ukrainer:innen in der Messehalle, um sie nicht nur kulturell richtig zu begrüßen, sondern ihnen die schwere Kriegs- und Weihnachtszeit ein wenig leichter zu machen.